Hamburg. Podiumsdiskussion über wichtiges Hamburger Bauprojekt mit überraschendem Ausgang. Grünen-Fraktionschef gießt Öl ins Feuer.
Der geplante Bau der Autobahn A26-Ost in Hamburg scheint ins Wanken zu geraten. Erstmals hat eine hochrangige Vertreterin der Ampel-Koalition in Berlin die Finanzierung des knapp zehn Kilometer langen Autobahnstücks, das die A7 mit der A1 verbinden soll, infrage gestellt.
Bei einer Podiumsdiskussion auf Einladung der Patriotischen Gesellschaft am Dienstagabend sagte die stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, die SPD-Abgeordnete Bettina Hagedorn, dass die Haushaltsmittel des Bundes nicht reichen würden, um alle geplanten Straßenbauprojekte zu realisieren. Man müsse den Rotstift ansetzen.
A26-Ost: Hagedorn kritisiert Bundesverkehrsminister Wissing
Zu den in Hamburg geplanten Bauprojekten A26-Ost sowie dem Neubau einer Köhlbrandquerung sagte Hagedorn: „Wer glaubt, zwei so große Projekte so nah beieinander realisieren zu können, hat den Schuss nicht gehört.“
Zwar ist die A26-Ost im alten Bundesverkehrswegeplan von 2016 verankert und mit 1,9 Milliarden Euro beziffert. Doch nach der Bundestagswahl 2021 hatten SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die geplanten großen Verkehrsinfrastrukturprojekte neu zu priorisieren. Der Schwerpunkt im Straßenbau wurde dabei auf Sanierung und Instandhaltung gelegt.
Bereits bei seinem Beschluss 2016 sei der Bundesverkehrswegeplan finanziell überzeichnet gewesen, so Hagedorn. „Dabei waren die Teuerungsrate und die in jüngster Zeit stark gestiegenen Baupreise noch gar nicht berücksichtigt.“ Der Bundesverkehrsminister Volker Wissing zeige sich bei solchen Fragen „nur begrenzt lernfähig“.
A26-Ost ist ein Streitpunkt für Rot-Grün in Hamburg
Obgleich Hagedorn betonte, sie wolle sich in die Hamburger Verkehrspolitik nicht einmischen, so schürt sie dennoch mit ihrer Äußerung den Dissens, der in der Hamburger Koalition zwischen SPD und Grünen in dieser Frage besteht.
Obgleich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, den Bund beim Bau der A26-Ost zu unterstützen, wollte der Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bürgerschaft, Dominik Lorenzen, diese Vereinbarung vor einigen Wochen wieder auf den Tisch bringen. „Wenn der Bund nun seinerseits Autobahnprojekte auf den Prüfstand stellt, dann müssen wir auch über die A26-Ost sprechen“, sagte er damals. Die Reaktion der SPD kam prompt. Ihr Fraktionsvorsitzender Dirk Kienscherf warf den Grünen vor, eine „Phantomdebatte“ anzustoßen.
Lorenzen, der der Podiumsdiskussion als Gast gefolgt war, goss nach der Veranstaltung erneut Öl ins Feuer: „Wir müssen eine ehrliche Bestandsaufnahme machen, was der Hafen braucht. Wir brauchen keine weitere Pendlerautobahn. Ohne Berlin könne Hamburg die beiden Projekte A26-Ost und neue Köhlbranddquerung nicht stemmen. „Frau Hagedorn hat die richtigen Fragen aufgeworfen, da kann man sich nicht wegducken“, sagte er.
Gefährdet die A26-Ost den Wandel zum Energiehafen?
Flankiert wurde die Debatte in der Patriotischen Gesellschaft an der Trostbrücke von der Frage, ob man angesichts des Klimawandels und der CO2-Einsparziele überhaupt noch weitere Straßen bauen soll. „Neue Verkehrsangebote werden genutzt und erhöhen auch die Nachfrage“, sagte Philine Gaffron vom Institut für Verkehr und Logistik der TU Hamburg.
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Der Landesvorsitzende des Naturschutzbunds, Malte Siegert, der seit längerem gegen die A26-Ost eintritt, verwies erneut auf die ökologischen Folgen des Baus. Zudem sieht er den Wandel des Hamburger Hafens zum Energiehafen in Gefahr: Denn die Querung der A26-Ost ist ausgerechnet auf der Hohen Schar geplant, wo eigentlich künftig die Wasserstoffherstellung und Lagerung erfolgen soll. „Da muss man schon komplett vom Affen gebissen sein, wenn wir ausgerechnet die Flächen, die wir dafür benötigen, durch eine aufgeständerte Autobahn verbauen.“
A26-Ost hat einen Fürsprecher
Der einzige Fürsprecher des Projekts an diesem Abend, der Präsident des Unternehmensverbands Hafen Hamburg, Gunther Bonz, ließ dieses Argument nicht gelten: „Die Hohe Schar umfasst 56 Hektar. Die neue Autobahn würde weniger als zehn Prozent der Fläche beanspruchen.“
Bonz betonte, dass die A26-Ost für den Hafenbetrieb kaum eine Rolle spiele, aber zu 50 Prozent zur Entlastung der Verkehre auf den umliegenden Straßen führe. Bonz erinnerte daran, dass es ja eigentlich die Grünen gewesen waren, die ursprünglich den Bau der A26-Ost gefordert hätten. Es war eine muntere Diskussion. Die Debatte geht aber erst richtig los.
CDU stellt sich hinter Bau der A26-Ost
Die CDU in der Bürgerschaft votierte nur wenige Stunden nach den Aussagen der SPD-Politikerin Hagedorn klar für den Bau der Autobahnverlängerung. „Die A26-Ost ist ein schon lange geplanter Lückenschluss der Bundesautobahnen A7 im Westen und der A1 im Osten. Damit soll die Anbindung des Hafens verbessert, der Hafenverkehr gebündelt und Verkehrs-, Lärm- und Schadstoffbelastungen in innerstädtischen Wohnquartieren entlang der B73 maßgeblich reduziert werden. Die A26-Ost muss endlich umgesetzt werden“, sagte der Vorsitzende der CDU-Fraktion der Bürgerschaft, Dennis Thering.
Letzte Generation will Hamburg lahmlegen: "maximale Störung"
Während Bürgermeister Peter Tschentscher die Wichtigkeit der A26-Ost weiter betone, werde das Infrastrukturprojekt von anderen Seiten seit Monaten gezielt bekämpft. „Zuerst haben die Grünen in Hamburg den Bau der A26-Ost öffentlich angezweifelt. Jetzt hat mit der SPD-Bundestagsabgeordneten Bettina Hagedorn ausgerechnet eine Parteifreundin von Peter Tschentscher auch noch die Finanzierung der A26-Ost parallel zur Köhlbrandquerung durch den Bund infrage gestellt“, so Thering.
Tschentscher scheine weder bei seinem Hamburger Koalitionspartner noch bei der SPD im Bund durchzudringen, lautet Therings Vorwurf. „Ich fordere Bürgermeister Tschentscher auf, umgehend für Klarheit zu sorgen, wie es mit der A26-Ost und der Köhlbrandquerung weitergeht. Hamburg braucht gerade jetzt einen Bürgermeister, der wichtige Infrastrukturprojekte für unsere Stadt und unseren Hafen durchsetzt. Dieses Zögern und Zaudern muss ein Ende haben.“