Neu Wulmstorf. Seit 50 Jahren in der Planung, seit 25 Jahren im Bau – und immer noch nicht fertig. „Hanebüchene Fehlplanung“ und verwirrende Umstände.
Am Freitag wird ein weiteres Teilstück der A 26 eröffnet – Anlass für einen Blick auf die Entstehungsgeschichte dieses umstrittenen Großprojekts, das ab 2026 – endlich – Stade mit Hamburg verbinden soll. Für manche Wegbegleiter lief bei der Umsetzung von Anfang an alles in die falsche Richtung. Und damit sind noch nicht einmal die Anwohner und Naturschützer gemeint, die den Bau der neuen Autobahn von vornherein kritisch begleiteten und beklagten.
„Der größte Fehler bei der Planung der A 26 war, dass die Politik es zugelassen hat, dass die neue Autobahn von Stade aus in Richtung Hamburg gebaut wird. Wäre anders herum angefangen und von Hamburg aus in Richtung Stade gebaut worden, wäre jeder fertiggestellte Abschnitt eine Entlastung für die Menschen gewesen“, sagt der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke. Mit der Eröffnung des Teilstücks zwischen Jork und Neu Wulmstorf werde Neu Wulmstorf und Umgebung aber nun „die volle Breitseite“ abbekommen, prognostiziert der Elstorfer.
A26: Seit mehr als 50 Jahren in der Planung, seit 25 Jahren im Bau
Denn am vorläufigen Ende in Rübke wird der Verkehr nach Hamburg aus Richtung Stade über die B 3 neu weiterhin zur B 73 nach Neu Wulmstorf gelenkt. Und weil die fertige Anschlussstelle in Buxtehudes Mitte wegen einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht genutzt werden kann, dürften auch viele Buxtehuder Pendler nach wie vor über die B 73 nach Hamburg fahren.
Damit bleibt das große Ziel der A 26 auch nach der Öffnung des nächsten Teilstücks unerreicht, denn durch ihren Bau sollte eben diese überlastete, sehr unfallträchtige und die anliegenden Ortschaften durchschneidende Bundesstraße ersetzt werden. Die A 26 habe ihn sein „ganzes politisches Leben“ begleitet, sagt Schönecke, der Anfang November in den politischen Ruhestand ging – nach 30 Jahren Gemeinderat Neu Wulmstorf, 40 Jahren Kreistag und fast 20 Jahren Landtag. „Das erste Mal hörte ich in den 1960er Jahre von der Idee einer Autobahn zwischen Cuxhaven und Hamburg, da war ich noch Vorsitzender der Kreisjugend“, sagt Schönecke.
Der damalige Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm soll der Ideengeber gewesen sein. Die Autobahn wurde erstmals 1970 in den Bedarfsplan für Bundesfernstraßen aufgenommen, der erste Spatenstich keck für 1979 angekündigt – was ein wenig zu optimistisch war, denn dieser erfolgte in der Realität erst knappe 20 Jahre später. 1990 beschloss die Bundesregierung den Bau, den symbolischen ersten Spatenstich übernahm im Jahr 1998 der damalige Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann.
A26: Kürzeste Autobahn mit der längsten Planungszeit
„Ich war gerade geboren, als der erste Spatenstich angekündigt wurde“, sagt Stades Landrat Kai Seefried. Der 45-Jährige ist allerdings froh darüber, dass es im Jahr 2002 dann endlich bei Stade losging: „Die A 26 ist für mich ein Beispiel dafür, dass man auch mal falsch herum bauen muss. Hätten wir auf Hamburg gewartet, hätten wir heute noch keinen Meter Autobahn auf Stader Gebiet“, sagt Seefried. Der erste, 11,3 Kilometer lange Abschnitt zwischen Stade und Horneburg ist seit Oktober 2008 für den Verkehr freigegeben.
„Die A 26 ist wohl eine der kürzesten Autobahnen Deutschlands mit der längsten Planungszeit“, sagt Heiner Schönecke. Von Anfang an habe es ein großes Gezerre um das Projekt gegeben. „Zunächst ging es darum, wo die Trasse verlaufen soll: Auf der Geest oder auf der heutigen Strecke.“ Über Jahre begleitete und kommentierte der ehemalige CDU-Politiker das Planungsverfahren und die Verzögerungen. Oft mit spitzer Zunge – vor allem dann, wenn rote oder grüne Minister in der Verantwortung standen.
Vielleicht ist Schönecke deshalb nicht zur Eröffnung des nächsten Teilstücks am 3. Februar eingeladen. Für Erheiterung sorgte bei ihm jedenfalls der Standort für den offiziellen Akt, bei dem Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies und Stephan Krenz, Vorstand der Autobahn GmbH, das obligatorische Band durchschneiden werden: Die Pressekonferenz erfolgt ausgerechnet auf Höhe der Anschlussstelle Buxtehude, die nicht als Zu- und Abfahrt benutzt werden kann.
"Hanebüchene Fehlplanung" und verwirrende Umstände
„Es ist ja nicht das erste mal, dass die A 26 für Negativschlagzeilen sorgt“, sagt Seefried und nennt als Beispiel die zwischenzeitliche einspurige Streckenführung, die der Autobahn 2014 die Spitznamen „A 26 light“ und „Nutzlos-Trasse“ einbrachte, weil die Landesregierung entschieden hatte, die A 26 von Horneburg bis Jork nur für Autos und Motorräder in Richtung Stade freizugeben. Nicht nur Schönecke nannte das damals „eine hanebüchene Fehlplanung“.
Beim ersten Spatenstich für den Bauabschnitt der A 26 zwischen Buxtehude und Neu Wulmstorf vor zehn Jahren durfte der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete noch dabei sein. Es war der Start zum dritten, 4,1 Kilometer langen Teil der neuen Schnellstrecke, die mitten durchs Moor führt und bei der wegen des Untergrunds einige bauliche Schwierigkeiten zu lösen waren. Nun soll die Strecke am 3. Februar sowohl für den Auto- als auch für den Schwerlastverkehr freigegeben werden. Unter – von außen betrachtet – verwirrenden Umständen und Verkehrsführungen.
Am vorläufigen Ende der Autobahn steht eine Ampel
Denn zum Schutz der Ortschaften Rübke und Neuenfelde wird eine Verkehrsfreigabe der Anschlussstelle Rübke nach Norden nicht erfolgen, bevor die für 2026 geplante Anbindung der A 26 an die A 7 nicht vollzogen ist. Zudem regelt eine Ampelanlage am vorläufigen Ende der Autobahn den Verkehr zur Autobahn und zu den anliegenden Ortschaften. Denn die Rampe, über die die Verbindungsstraße zwischen dem südlich der Trasse gelegenen Neu Wulmstorf und dem nördlich gelegenen Rübke später verlaufen soll, ist abgesackt und wird noch mindestens ein Jahr lang nicht befahrbar sein.
Die Gemeinde Neu Wulmstorf und die Polizei haben Kontrollen am Kreisel zur B 3 in Neu Wulmstorf angekündigt, um Wendemanöver in Richtung Rübke und Neuenfelde, mit denen unter anderem die Pendler und Zulieferer zu Airbus und zu den Betrieben in Finkenwerder Zeit und Kilometer einsparen könnten, möglichst einzuschränken.
Sorge vor einem Verkehrskollaps ist auch in Hamburg groß
Die Sorgen vor einem Verkehrskollaps sind nicht nur im niedersächsischen Rübke, sondern auch im Hamburger Stadtteil Neuenfelde groß. „Besonders bei den Anwohnern des Marschkamper und des Nincoper Deiches“, sagt Manfred Hoffmann, Sprecher der Bürgervertretung Neuenfelde-Francop-Cranz. Dort herrscht ohnehin schon viel Verkehr, bedingt auch durch Airbus. Deshalb sei auch die Nincoper Straße mit einzubeziehen, so Hoffmann.
„Die Verkehrsbelastung im Hamburger Alten Land ist genauso groß wie in Rübke, wenn nicht gar größer“, so Hoffmann. Es müsse endlich die Einsicht erfolgen, dass die derzeitige Nord-Süd-Verbindung über den Marschkamper Deich und den Nincoper Deich für den überörtlichen Schwerlastverkehr ungeeignet sei. Allein für den Nincoper Deich prognostizieren Verkehrsexperten, dass sich der Verkehr mit der Freigabe der A 26 dort von 6000 auf 12.000 Fahrzeuge verdoppeln werde.
A26: Grüne stellen Weiterbau als Verbindung zwischen A7 und A1 wieder in Frage
Auch für die B 73 erwartet Kai Seefried mit der Freigabe des Teilstücks bis Neu Wulmstorf keine wesentliche Entlastung. „Bis jetzt fahren die Leute in Jork ab und stehen auf der B 73 im Stau. Nach der Freigabe fahren sie in Neu Wulmstorf ab und stehen auf der B 73 im Stau.“ Deshalb gehen die Beschwörungen des Stader Landrats in Richtung Hamburg: „Im Anschluss an das nun fertiggestellte Teilstück muss auf Hamburger Gebiet so schnell wie möglich an der A 26-West weitergebaut werden“, fordert Seefried.
Die nächsten Diskussionen werden aber bereits geführt: Trotz einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag mit der SPD stellen die Hamburger Grünen den Bau der A 26-Ost als Verbindung zwischen der A 7 und der A 1 wieder in Frage.
Der Streckenabschnitt zwischen Jork und Neu Wulmstorf soll am Freitag, 3. Februar, in Richtung Stade um 15 Uhr freigegeben werden, wie die Autobahn GmbH mitteilte. Die Freigabe in Richtung Hamburg erfolgt erst gegen 18 Uhr. Für die Inbetriebnahme des Streckenabschnittes sei es erforderlich, letzte Arbeiten kurz vor der Freigabe durchzuführen. Dafür müsse die A 26 von Horneburg in Richtung Hamburg zwischen 9 und 18 Uhr gesperrt werden. Autofahrer werden gebeten, auf Beschilderungen zu achten. Wie die Autobahn GmbH mitteilt, werden Bautätigkeiten zur Fertigstellung der A 26 zwischen Jork und Rübke auch nach der Freigabe fortgesetzt. Unter anderem soll weiter an der Rampe zur Überführung der L 235 zwischen Neu Wulmstorf und Rübke gearbeitet werden. In Neu Wulmstorf wird die Baustelleneinfahrt für die A 26-West auf Hamburger Gebiet eingerichtet.