Hamburg. Die Stadt bekommt 1,5 Milliarden Euro Dividende von der Reederei. Gleichzeitig verschenke sie noch höhere Steuereinnahmen, so die Linke.

Es ist eine immense Zahl: Vier Milliarden Euro mehr, so will es David Stoop, haushaltspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, errechnet haben, könnte die Stadt Hamburg eingenommen haben – wenn die sogenannte Tonnagesteuer für Reedereien wie Hapag-Lloyd abgeschafft worden wäre.

Hapag-Lloyd: Vier Milliarden mehr für Hamburg ohne Tonnagesteuer?

Bei der Tonnagesteuer handelt es nicht um eine Abgabe, sondern um einen Weg zur Gewinnermittlung bei Reedereien: Statt der tatsächlichen Gewinne wird ein pauschal anhand des Ladevolumens der Schiffe einer Reederei berechneter fiktiver Betrag besteuert. Eingeführt wurde diese Regelung in Deutschland Ende der 1990er-Jahre, um die deutsche Schifffahrtsbranche zu stärken.

Inzwischen führt die Tonnagesteuer aber dazu, dass "dem Bund und Hamburg über sechs Milliarden Euro an Steuern, mehr als vier Milliarden alleine der Stadt Hamburg" entgehen, so Die Linke – und das nur bei Hapag-Lloyd. Die immensen Gewinne, die Hapag-Lloyd in den vergangenen Jahren eingefahren hat, bereiten sogar Vorstandschef Rolf Habben Jansen leichtes Unbehagen. Der sprach im November davon, dass man etwas an der Besteuerung ändern müsse, sollte der Gewinn nicht wieder auf ein Normalmaß zurückgehen: "Das wäre fair."

Hapag-Lloyd zahlt 1,5 Milliarden Euro Dividende an Hamburg

Hapag-Lloyd hatte angekündigt, eine Rekorddividende von 63 Euro pro Aktie auszuschütten. Für die Stadt Hamburg, die knapp 14 Prozent der Anteile der Reederei hält, entspricht das einer Gesamtsumme von 1,534 Milliarden Euro.

Noch mehr erhält der größte Einzelaktionär, der in der Schweiz lebende Milliardär Klaus Michael Kühne. Für seine 30 Prozent bekommt er mehr als drei Milliarden Euro Dividende ausgeschüttet. Und selbst Kühne hatte sich im Herbst vorsichtig kritisch zur Tonnagesteuer geäußert: In der derzeitigen Situation wirke es "absurd, dass die Reedereien so viel verdienen und fast keine Steuern zahlen. Aber es kommen auch wieder andere Zeiten".

Linke spricht von "unfassbarer Ungerechtigkeit"

David Stoop spricht in diesem Zusammenhang von einer "unfassbaren Ungerechtigkeit", mit der "die öffentliche Hand arm gehalten" würde. Die Linke hatte bereits im vergangen September einen Antrag zur Abschaffung der Tonnagesteuer in der Bürgerschaft gestellt. Der Antrag wurde – genau wie ein konkurrierender Antrag zur Umgestaltung der Tonnagesteuer auf EU-Ebene der CDU – mit den Stimmen von SPD und Grünen abgelehnt.

In der vorangegangenen Diskussion hatte die SPD darauf verwiesen, dass diverse weitere Staaten ebenfalls mit dem System der Tonnagesteuer operierten: Sollte Deutschland diese abschaffen, würden "die Reedereien ihre Geschäftssitze einfach ins Ausland verlegen", so Markus Schreiber. Auch die Grünen nannten die Tonnagesteuer ein "relevantes Steuerelement" für die gesamte Branche, unabhängig davon, ob es "noch zeitgemäß ist oder nicht", so Miriam Putz: Um das zu verändern bräuchte es "einen großen Aufschlag und nicht einfach nur einen Impuls aus einem Landesparlament".

Hapag-Lloyd: Was die Linke mit Steuermehreinnahmen machen würde

Mit den von Stoop projizierten vier Milliarden Euro Steuermehreinnahmen könnte "Hamburg seine Stadt sozial gestalten, den Nahverkehr kostenlos machen, günstigen Wohnraum schaffen, die Energiepreise deckeln, die Löhne oberhalb der Inflation anheben und würde trotzdem noch Schulden tilgen". Bei einer Steuerberechnung anhand der tatsächlich erwirtschafteten Gewinne fielen aber voraussichtlich die exorbitant hohen Einnahmen aus der Dividende deutlich geringer aus.

Zudem zeigt sich bereits, dass es viele Interessenten an zusätzlichen Einnahmen gibt: Was mit den 1,5 Milliarden Euro geschehen soll, die Hamburg tatsächlich zusätzlich eingenommen hat, dazu gibt es konkurrierende und einander teils widersprechende Ansichten.