Hamburg. Der Milliardär spricht er über neue Ideen für die Stadt, seine Ansichten zum Elbtower und zu Steuergeschenken.

Klaus-Michael Kühne hat Hamburg in den vergangenen Jahren wieder lieb gewonnen: Hunderte von Millionen Euro investierte er in seine Heimatstadt: Er gründet die Kühne Logistics University, förderte die Elbphilharmonie wie das UKE, investierte in den HSV und baute das Luxushotel The Fontenay.

Oftmals aber zieht er Kritik auf sich – etwa beim Literaturpreis oder seiner Idee, die Oper neu zu bauen. Diese konkretisierte er im Abendblatt: „Ich könnte mir eine Kombination aus Oper und einem Wissenschaftszentrum sehr gut vorstellen“, sagte der 85-Jährige.

Kühne hat neue Pläne für Oper in Hamburg

So wolle seine Kühne Logistics University expandieren. „Das Thema Wissenschaft ist für Hamburg noch wichtiger als die Kultur“, so Kühne. Er stellte klar: „Meiner Stiftung geht es sehr gut, wir können dazu einen großen Beitrag leisten.“

Von seinem Vorschlag, die Staatsoper an der Dammtorstraße abzureißen, hat er inzwischen Abstand genommen. „Sie muss nicht abgerissen werden, das war eine Idee, um über eine Immobilienentwicklung die neue Oper gleich mitfinanzieren zu können. Der Abriss war aber nie eine Voraussetzung.“

Was Kühne zum HSV sagt:

Eine neue Oper an einem neuen Platz zusammen mit anderen Einrichtungen wäre ein großer Wurf für Hamburg, sagte Kühne. „Ich bin Opern-Fan, und die Stadt als Metropole hätte eine bessere Oper verdient. Hamburg ist eine Musikstadt.“ Ein Gespräch über neue Ideen für die Hansestadt, absurde Steuerrabatte und Olaf Scholz.

Kühne über Energiekrise: Regierung macht viel Blödsinn

Hamburger Abendblatt: Wir leben in Zeiten einer Multikrise – haben Sie eine solche Situation jemals erlebt?

Klaus-Michael Kühne: Die Finanzkrise 2008 war auch dramatisch – wir hatten in einem Hamburger Konsortium damals kurz nach der Lehman-Pleite Hapag-Lloyd gekauft und gingen danach durch zwei dramatische Jahre. Ich erinnere mich auch an ein paar hausgemachte Krisen in den Siebziger- und Achtzigerjahren. Aber das Zusammentreffen von Pandemie und Ukraine-Krieg ist eine besondere Herausforderung. Wir stehen vor mageren Jahren. Ich glaube aber an die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft; die Energiepreise werden nicht immer so hoch bleiben. Wenn die Regierung nicht allzu viel Blödsinn macht, sollte es nicht schlimmer werden.

Macht sie denn Ihrer Ansicht nach viel Blödsinn?

Kühne: Ja, der Zickzackkurs bei Gasumlage und Gaspreisdeckel und die deutschen Alleingänge in Europa sind nicht hilfreich. Die Regierung wirft mit Hunderten von Milliarden Euro nur so um sich. Sie müsste der Not leidenden Bevölkerung helfen, aber nicht das Geld mit der großen Gießkanne verteilen.

Sie kennen Olaf Scholz recht gut. Sind Sie enttäuscht?

Kühne: Er war ein guter Hamburger Bürgermeister und verstand viel von wirtschaftlichen Zusammenhängen. Die Kanzlerschaft in diesen schwierigen Zeiten scheint ihn etwas zu überfordern, er ist zu zögerlich, führt zu wenig. Ich empfinde die Ampel schon jetzt als matt.

Neue Oper in Hamburg? Kühne nennt großen Wurf

Kommen wir nach Hamburg. Hier gab es für Sie zuletzt viel Gegenwind ...

Kühne: Das bin ich gewohnt, ich bin ein Kämpfer. Wenn meine gut gemeinten Anregungen nicht aufgenommen werden, kann ich das vertragen.

Ihre Idee, die Oper abzureißen und eine neue zu bauen, kam schlecht an. Wie ist der aktuelle Stand?

Kühne: Wir verhandeln mit der Stadt, aber es ist kompliziert und langwierig. Die Erkenntnis, dass die Oper nicht mehr zeitgemäß ist, beginnt sich durchzusetzen. In das Gebäude würde meines Erachtens gut ein Musical-Theater passen. Sie muss nicht abgerissen werden, das war eine Idee, um über eine Immobilienentwicklung die neue Oper gleich mitfinanzieren zu können. Der Abriss war aber nie eine Voraussetzung. Eine neue Oper an einem neuen Platz zusammen mit anderen Einrichtungen wäre ein großer Wurf für Hamburg.

An welche anderen Einrichtungen denken Sie da?

Kühne: Ich könnte mir eine Kombination aus Oper und einem Wissenschaftszentrum sehr gut vorstellen. Unsere Kühne Logistics University benötigt mehr Raum. Wir haben große Ausbaupläne, wollen expandieren, mehr Studenten, mehr Professoren. In den kommenden Jahren braucht die KLU einen neuen Campus. Den könnte man beispielsweise kombinieren mit einem Kulturzentrum, bestehend aus Oper als Kern und einer Opernakademie. Das alles sind Ideen, die man prüfen muss. Das Thema Wissenschaft ist für Hamburg noch wichtiger als die Kultur. Meiner Stiftung geht es sehr gut, wir können dazu einen großen Beitrag leisten.

Kühne: Neue Oper in Hamburger HafenCity

Die Oper lässt Sie nicht los ...

Kühne: Ich bin Opern-Fan, und die Stadt als Me­tropole hätte eine bessere Oper verdient. Hamburg ist eine Musikstadt, aber leider war die Qualität der Oper in den Sechzigern und Siebzigern schon besser, sie hat sich zurückentwickelt.

Wie laufen die Gespräche mit der Stadt?

Kühne: Wir haben mit dem früheren Senator Jörg Dräger einen geschäftsführenden Stiftungsrat, der sich stark engagiert. Beide Seiten sind gesprächsbereit, aber es läuft etwas zähflüssig. Ich bringe mich da auch gern persönlich ein.

Das Düsseldorfer Modell, wonach die Stadt das Gebäude später mietet, lehnt die Hamburger Politik ab.

Kühne: Dieses Konzept wird nicht angenommen. Die Kombination mit Bauten von Allgemeininteresse sind vielleicht der bessere Weg. Wir denken da an einen Ort in der HafenCity oder auf dem Grasbrook.

Die Politik favorisiert die Innenstadt ...

Kühne: Das Vorhaben scheint mir zu groß für die City. Zunächst aber müssen wir einen gemeinsamen Weg finden. Wir könnten das Haus errichten, einen beträchtlichen Teil der laufenden Kosten müsste dann wohl die Stadt tragen.

Gibt es schon einen Entwurf, der vielleicht ähnlich begeistert wie damals die Skizze der Elbphilharmonie?

Kühne: Es gibt einen Architekten, der das machen würde. Aber dafür benötigen wir ein paar grundlegende Daten von der Stadt – erst dann könnten wir ihn mit einem Konzept beauftragen. Die Bereitschaft der Stadt muss vorhanden sein.

Was Kühne persönlich getroffen hat

Bislang fördert Ihre Stiftung die Bereiche Logistik, Wissenschaft, Kultur. Soll es dabei bleiben?

Kühne: Es soll eine vierte Säule geben – die Klimaforschung. Da sind wir in der Vorbereitungsphase. Wir denken zum Beispiel an Aufklärungsprogramme in bestimmten Ländern Afrikas. Ich könnte mir ein Internationales Institut für Klimaforschung in Hamburg gut vorstellen, vielleicht auch als Teil des neuen Zentrums.

Ihr Literaturpreis heißt nicht mehr Klaus-Michael Kühne-Preis, junge Literaten verzichteten auf eine Nominierung, weil Sie die NS-Geschichte Ihres Unternehmens intensiver aufarbeiten sollen ...

Kühne: Das hat mich persönlich getroffen. Wir wollten uns zwar aus dem Harbourfront-Literaturfestival zurückziehen, das wir maßgeblich gefördert hatten, den Nachwuchspreis aber weiter finanzieren. Das machen wir jetzt nicht mehr. Den Organisatoren habe ich verübelt, dass sie diese einseitigen Vorwürfe so übernommen und das Thema einseitig betrachtet haben.

Sie könnten ja eine Untersuchung durch Historiker beauftragen ...

Kühne: Die Archive sind zerstört, die Fakten sind bekannt. Es wird vieles hineininterpretiert. Warum sollten wir die alten Wunden nach so langer Zeit wieder aufreißen? Das hätte man viel früher machen müssen. 2015 kam das Thema zum 125. Jubiläum zum ersten Mal hoch, das beim 100. Geburtstag keinen interessiert hatte. Wir haben die unschönen Dinge in unserer Jubiläumsschrift dargestellt und unser Bedauern darüber mehrmals öffentlich geäußert.

Kühne über Dividende bei Hapag Lloyd: Ungesund!

Schöner ist für Sie das Engagement bei Hapag-Lloyd. Sollte die Dividende auf 50 Euro steigen, bekämen Sie mehr als 2,5 Milliarden Euro ausgeschüttet. Wird Ihnen da schwindelig?

Kühne: Ja, das sage ich ganz offen. Und es ist ungesund, was passiert. Hapag-Lloyd ist ein sehr gut geführtes Unternehmen und hat sich gut entwickelt. Aber die Explosionen der Frachtraten sind Exzesse, die die Wirtschaft nur schwer verkraften kann. Diese Sonderkonjunktur ist nun vorbei. Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass ein Verdrängungswettbewerb zum erneuten Verfall der Frachtraten führt. Konstante Preise wären besser.

Der Finanzsenator verplant schon die Dividende. Raten Sie, mehr Geld im Unternehmen zu belassen?

Kühne: Ja, diese Empfehlung habe ich abgegeben. Wir sollten Reserven bilden für die kommenden Jahre. Die Gespräche haben noch nicht begonnen, aber diese Diskussion wird geführt werden.

Die exorbitanten Gewinne der Reeder haben mit der Tonnagesteuer zu tun, kaum eine Branche zahlt so wenige Steuern.

Kühne: In schlechten Zeiten wollte die europäische Politik mit der Tonnagesteuer die Schifffahrt stützen. Momentan wirkt es absurd, dass die Reedereien so viel verdienen und fast keine Steuern zahlen. Aber es kommen auch wieder andere Zeiten.

Kühne sorgt sich um Hamburger Hafen

Sie hatten angeboten, bei einem möglichen Bündnis der HHLA und Eurogate als dritter Partner einzusteigen. Daraus wurde nichts. Warum?

Kühne: Weder die Senate von Hamburg und Bremen noch die HHLA und Eurogate konnten sich auf ein gemeinsames Konzept einigen, in das wir uns gern eingebracht hätten. Ich halte das für eine verpasste Chance: Der Hamburger Hafen ist nicht in bester Verfassung, die Perspektiven sind wenig rosig. Wir benötigen dringend eine Struktur für den Umschlag an der gesamten Küste. Das sage ich als Hamburger, weil wir derzeit den größten Standortnachteil haben.

Was halten Sie vom Einstieg der Chinesen am Terminal Tollerort?

Kühne: Bei aller berechtigten Kritik ist China aus dem Welthandel nicht auszublenden. Es hat auch Vorteile, das Land langfristig an Hamburg zu binden und die Beziehung zu pflegen. Ich bin froh, dass die Beteiligung unterhalb der Sperrminorität bleibt. Denn China ist ein ambivalentes Thema.

Kühne ist beim Elbtower in Hamburg gespalten

Stichwort zwiespältig – sehen Sie Ihren Einstieg bei René Benkos Signa Prime inzwischen mit gemischten Gefühlen? In dem Immobilienportfolio stecken viele Karstadt-Warenhäuser ...

Kühne: An Karstadt Kaufhof sind wir nicht unmittelbar beteiligt, nur an einer Reihe von Immobilien, welche an die Kaufhäuser vermietet sind. Hochwertig sind z. B. Alsterhaus, KaDeWe und Oberpollinger, die gute Erträge erwirtschaften. Sicher gibt es ein Risiko bei manchen Mietobjekten. Ob Karstadt Kaufhof allein überlebensfähig ist, wage ich zu bezweifeln. Da wird es eine Bereinigung geben müssen, die am Signa-Image kratzen könnte. Die Korruptionsvorwürfe in Österreich setzen Benko zusätzlich unter Druck. Wir müssen das beobachten und sind in Gesprächen.

War es ein Fehler, dort einzusteigen?

Kühne: Nein, wir haben uns lange ausgetauscht und das Investment gut geprüft. Wir glauben, dass es seriös und fundiert ist. Natürlich gibt es risikolosere Geschäfte als Immobilien. Bislang zahlt Signa eine gute Dividende. Wir sind nicht besorgt, aber schauen genau hin. Eine Kapitalerhöhung würden wir derzeit nicht zeichnen.

An den Elbtower glauben Sie auch?

Kühne: Herr Benko ist sehr geschickt in der Vermietung, aber es wird eine enorme Herausforderung, das alles in trockene Tücher zu bringen. Durchfinanziert ist der Wolkenkratzer, ob er aber nach Hamburg passt, ist eine andere Frage. Das habe ich lange Zeit verneint, da entsteht ein einsamer Riese in der Peripherie, ein ziemliches Wagnis. Aber die Architektur ist sehr gelungen und für Hamburg bleibt das Projekt interessant. Sie sehen: Ich bin gespalten.