Hamburg. CDU will den Kanzler ein drittes Mal zu widersprüchlichen Erinnerungen befragen. SPD sieht Unschuld von Scholz und Tschentscher.
Die Staatsanwälte in Hamburg und Köln wollen nicht gegen ihn ermitteln, aber die CDU-Fraktion der Bürgerschaft will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dennoch ein drittes Mal als Zeuge in den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Cum-ex-Skandal vorladen.
„Das endlich freigegebene Protokoll des Bundestag-Finanzausschusses zeigt eindeutig, dass Olaf Scholz gelogen hat“, sagte Richard Seelmaecker, CDU-Obmann im PUA, dem Abendblatt. „Entgegen seiner Behauptung im Hamburger PUA konnte er sich laut Protokoll sehr wohl an mindestens eines der Treffen mit dem Warburg-Banker Olearius erinnern. Wir werden daher auch noch einmal Scholz vorladen und zu seiner Falschaussage befragen.“
Cum-ex-Skandal: Auch Linkspartei kritisiert Erinnerungslücken von Scholz
Auch für Norbert Hackbusch, PUA-Obmann der Linkspartei, ist das Thema noch nicht erledigt: „Vieles bleibt unklar, da sich Olaf Scholz an nichts erinnern kann“, sagte er dem Abendblatt. „Das mag glauben wer will. Aber er konnte sich in den Finanzausschuss-Sitzungen an einiges mehr erinnern als bei seiner Aussage im PUA. Hier gilt es beurteilen ob das eine Falschaussage ist oder die Amnesie des Bundeskanzlers zugenommen hat.“
Im Untersuchungsausschuss geht es um Aktien-Deals der Warburg-Bank zu Lasten des Staates und die Frage, ob Politiker wie der damalige Bürgermeister Scholz oder sein Nachfolger Peter Tschentscher (beide SPD) Einfluss auf die Entscheidung des Finanzamtes genommen haben, Steuern nicht zurückzufordern. Beide bestreiten das.
Staatsanwaltschaften Hamburg und Köln weisen Strafanzeigen zurück
Scholz hatte bei zwei Vernehmungen im PUA betont, dass er sich an drei Treffen mit Warburg-Vertretern in den Jahren 2016 und 2017 nicht mehr erinnere. Aus den erst kürzlich veröffentlichten Protokollen zweier Befragungen vor dem Bundestags-Finanzausschuss geht jedoch hervor, dass Scholz 2020, damals als Bundesfinanzminister, offenbar doch noch Erinnerungen an eines der Treffen hatte. Die Unions-Fraktion im Bundestag will den Kanzler daher erneut im Finanzausschuss befragen.
Eine Strafanzeige des Anwalts Gerhard Strate wegen Falschaussage vor dem PUA hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft jedoch zurückgewiesen. Auch die bundesweit in Sachen Cum ex führende Staatsanwaltschaft Köln lehnt Ermittlungen gegen Scholz und Tschentscher wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung mangels Anfangsverdachts ab.
SPD: Olaf Scholz und Peter Tschentscher sind unschuldig
„Die Ermittlungen im Rahmen von Cum-Ex haben allesamt ergeben, dass Olaf Scholz und Peter Tschentscher unschuldig sind“, sagt Milan Pein, SPD-Obmann im PUA. „Juristisch steht endgültig fest, dass es keine politische Einflussnahme gab.“ Dies hätten mehr als 50 Zeugen und zwei unabhängig voneinander agierende Staatsanwaltschaften bestätigt.
Für Pein geht aus den Protokollen des Finanzausschusses auch keineswegs hervor, dass Scholz Erinnerungen an die Treffen hatte, sondern er habe „lediglich Veröffentlichungen aus den Tagebüchern und der Presse“ wiedergegeben. „Wer etwas anderes behauptet, missachtet den Tatsachenbestand und lässt entscheidende Informationen weg.“
Warum CDU und Linkspartei weiter ermitteln wollen
Für CDU und Linke, die die Einrichtung des Untersuchungsausschusses beantragt hatten, ist dagegen auch die Frage der Einflussnahme auf das Steuerverfahren nicht abschließend beantwortet. „Der PUA Cum-Ex hat bereits sehr viele Indizien für eine Einflussnahme von Scholz und Tschentscher im Fall der Warburg-Bank zusammengetragen“, sagte der CDU-Abgeordnete Seelmaecker. Es sei daher richtig, dass der PUA seine Arbeit fortsetze und auch auf die Cum-ex-Geschäfte der früheren HSH Nordbank ausweite, denn bei diesen sei „eine noch größere politische Einflussnahme von Scholz und Tschentscher zu erwarten“, so Seelmaecker.
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Auch Norbert Hackbusch will die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaften in Hamburg und Köln nicht gegen Scholz und Tschentscher ermitteln, nicht als Freispruch werten: „Das ist Unsinn. Es bleiben die Fakten, dass es Treffen gegeben hat zwischen Olearius und dem damaligen Bürgermeister.“ Und das Ergebnis sei gewesen, dass die Finanzbehörden ihre Haltung „zu Gunsten von Warburg verändert“ haben, so Hackbusch. „Die genauen Umstände hat der Untersuchungsausschuss zu beurteilen.“