Sternschanze. Mit dem Central Park verliert Hamburg einen beliebten Beachclub. Der Protest gegen die neue Sternbrücke geht weiter.

Sie sind überwiegend mit dem Fahrrad unterwegs, lieben elektronische Musik und engagieren sich politisch. Jetzt mischt sich die Initiative EcoPolis auch in den Streit um Abriss und Neubau der Sternbrücke ein. Begleitet von Technobeats und vielen Redebeiträgen trafen sie sich ab Sonnabendmittag zum „Brücken-Rave“. Auf der zwischen Sternbrücke und Johanniskirche für den Autoverkehr gesperrten Max-Brauer-Allee kamen zum Abend insgesamt mehrere Hundert Menschen zusammen.

„Wir wollen lautstark, friedlich und mit harmonischen Klängen auf die Problematik des durch die Deutsche Bahn und die Stadt Hamburg geplanten Umbaus der Sternbrücke aufmerksam machen“, sagt der Mediziner Timo Baum, der die Initiative mitbegründet hat. Denn außer für ein nachhaltiges Verkehrskonzept setze sich EcoPolis ab sofort auch für den Erhalt der „einzigartigen Subkultur rund um die Sternbrücke“ ein.

Sternbrücke: Beachclub Central Park muss für Neubau weichen

Initialzündung sei die Pressekonferenz in der vergangenen Woche gewesen, auf der die Deutsche Bahn und die Verkehrsbehörde ihre neuesten, aber nur geringfügig veränderten Planungen präsentiert hatten. „Es sollte eine offene Veranstaltung sein, aber auf Nachfragen ist niemand eingegangen“, so Baum, der als Zuhörer teilgenommen hatte. Mit dem Anrücken der Bagger auf dem Gelände des Beachclubs Central Park würden die umstrittenen Planungen jetzt so konkret, dass man sich jetzt dagegen habe positionieren wollen. Auch die Bars und Kioske im Bereich der Demo engagierten sich. Viele machten früher auf, verkauften Glühwein und kalte Getränke und boten den Tanzenden damit die Chance, sich aufzuwärmen oder abzukühlen.

Max Unverricht (l.) und Gavin Gadesmann müssen nach 18 Jahren ihren Beachclub Central Park räumen. Auf der Fläche soll die neue Brücke zusammengebaut werden.
Max Unverricht (l.) und Gavin Gadesmann müssen nach 18 Jahren ihren Beachclub Central Park räumen. Auf der Fläche soll die neue Brücke zusammengebaut werden. © Martin Brinckmann

Central Park: Hamburg verliert einen beliebten Beachclub

Mit dem Central Park verliert Hamburg nach 18 Jahren einen beliebten Beachclub mitten im trubeligen Schanzenviertel. Mit Ende der Saison musste der bei Gästen aus unterschiedlichsten Milieus beliebte Treffpunkt schließen. „Das Gelände wird als Baustelle für den Zusammenbau der neuen Brücke benötigt und soll anschließend bebaut werden“, sagt Max Unverricht, der den Beachclub mit seinem Kompagnon Gavin Gadesmann gegründet und betrieben hat. Mitte November hatten sie beim Central Park Sale bereits Teile ihres Inventars versteigert und an die Gäste Tütchen mit Sand verteilt, dann fingen sie an, das Gelände zu räumen.

„Weil ein Abbruchunternehmen zu teuer gewesen wäre, sitzen wir jetzt selber am Bagger. 250 Kubikmeter Sand müssen raus“, so der Gastronom. Zuvor hatten sie die Beleuchtung abgebaut. Die Container, in denen sich Bar und Küche befunden haben, sowie das Dach der „Schanzenphilharmonie“, wie das ganze Konstrukt genannt wurde, hatten zuvor Mitarbeiter vom Dockville-Festival abgeholt. Es soll auf dem Gelände in Wilhelmsburg wieder aufgebaut werden.

Neubau der Sternbrücke „zerstört wichtigen Ort der Stadt“

Sie hätten nie Partei gegen die neue Sternbrücke ergriffen, betont Unverricht, und sähen auch ein, dass an der alten Brücke etwas getan werden müsse. Dennoch hält er das geplante 24 Meter breite und 21 Meter hohe Bauwerk mit einer Spannweite von 108 Metern für deutlich überdimensioniert. Dass das ehemalige Beachclubgelände für den Zusammenbau benötigt wird, nimmt er fast ohne Hadern hin. „Wir wussten ja, dass wir eines Tages hier wieder verschwinden müssen.“

Doch dass dafür so viel anderes vernichtet wird, dafür hat er kein Verständnis. „Warum hat die Stadt kein Interesse an diesem Umfeld? Hier wird ein wichtiger Ort der Stadt zerstört“, sagt Unverricht und spielt damit nicht nur auf den Central Park, sondern auch auf die zahlreichen Musikclubs zu Füßen der jetzigen Sternbrücke an, die allesamt umziehen müssen.

Nur für den Transport müssen Häuser und Bäume weichen

„Es geht hier um den Abriss von sieben Häusern, die Zerstörung der Subkultur und um 90 Bäume, die gefällt werden sollen – an einer Straße, die Max-Brauer-Allee heißt und damit von Bäumen gesäumt sein sollte“, gibt auch Timo Baum zu bedenken. Axel Bühler, Sprecher der Initiative Sternbrücke, ergänzt, dass ausschließlich für den Brückentransport von der sogenannten Brammerfläche (die Fläche des Beachclubs) über die Max-Brauer-Allee sogar das Dach der benachbarten Shell-Tankstelle sowie deren Preissäule abgebaut werden müsse.

Auch Häuser müssten für den Transport der „Monsterbrücke“ abgerissen werden, und weitere, um sie dann diagonal einzusetzen. „Das ist technisch möglich, aber städtebaulich ein Desaster.“ Man hoffe, dass die Verkehrsbehörde ihr Verlangen, den Straßenraum unter der Brücke ohne Stützen „aufzuweiten“, noch zurückziehe – und dem Entwurf von Architekt Karsten Brauer den Vorzug gebe: eine aufgehängte Brücke mit Stützen außerhalb der Straße.

Da die Bahn bereits betont hat, dass die „Variantendiskussion abgeschlossen“ sei, bereitet die Initiative wie berichtet eine Klage gegen den von Stadt und Bahn geplanten Neubau vor. Einreichen will sie diese, sobald der Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Dafür hat sie vier Wochen Zeit, weitere zehn für die Begründung der Klage.

Sternbrücke: Petition bekommt an einem Tag 400 neue Unterschriften

Vor dem „Brücken-Rave“ hatten Brücken-Gegner bereits zahlreiche Protestaktionen initiiert. Unterstützt kam von Prominenten wie Jan Delay, Fatih Akin und Nina Petri. Die Petition „Sternbrücke erhalten – Klimaschutz jetzt!“ wurde mittlerweile (Stand Sonntag) von 18.984 Personen unterzeichnet. „Das sind 400 mehr als noch am Freitag,“ freut sich Bühler und schiebt das auf das Tanzereignis.

Auch Unverricht und Gadesmann haben eine Petition ins Leben gerufen. Sie wollen nicht, dass der Central Park dauerhaft aus dem Stadtteil verschwindet – und fordern, bei der geplanten späteren Bebauung der ehemaligen Beachclubfläche berücksichtigt zu werden. „Wir wollen den lokalen Politikern zeigen, dass offene gastronomische Begegnungsstätten, wie der Central Park, zur Lebensqualität einer urbanen Großstadt gehören.“