Hamburg. Linke übt Kritik. Kleine Anfrage zeigt, dass es weder Kostenprognose noch Verkehrsplan gibt. Unterlagen liegen jetzt öffentlich aus.

Die Sternbrücke an der Kreuzung von Stresemannstraße und Max-Brauer-Allee bleibt eines der meistdiskutierten Sanierungsprojekte in Hamburg. Dabei hat eine Antwort des Senates auf eine kleine Anfrage von Heike Sudmann (Linke) jetzt ergeben, dass offenbar weder eine seriöse Kostenprognose existiert noch ein Verkehrskonzept für Autos, Fahrräder und Fußgänger.

Der im Abendblatt vom renommierten Architekten Prof. Karsten Brauer vorgelegte Alternativvorschlag, der eine durchgeplante „luftige Konstruktion“ einer neuen Brücke mit geringerem Materialeinsatz, kürzerer Bauzeit und weniger Umwelteingriffen verbindet, wird registriert – und abgelehnt.

Verkehr Hamburg: Brauers Vorschlag würde Kosten einsparen

Auch wenn offenbar die Behörde für Stadtentwicklung Kontakt zu Brauer aufnahm, schreibt der Senat: „Aufgrund des großen Interesses an der neuen Sternbrücke werden viele alternative Ideen und Vorschläge zur Gestaltung an die DB AG (Deutsche Bahn, die Red.) herangetragen. Bislang liegt kein realisierbarer Vorschlag vor, der die gestellten Anforderungen in vergleichbarer Weise erfüllen könnte und eine signifikante Kosteneinsparung erwarten ließe.“

Der Entwurf von Prof. Brauer ist deutlich luftiger.
Der Entwurf von Prof. Brauer ist deutlich luftiger. © WP Ingenieure Partnerschaft

Das verwundert etwas, denn Brauer legte alle Details offen. So weist er nach, dass eine schlanke Trägervariante (gut 50 Meter Spannweite) per se 25 bis 30 Prozent günstiger sei als die von der Bahn vorgestellte Stahlbogenkonstruktion mit 110 Metern Spannweite. Zudem kennt er aus jahrzehntelanger Bau-Erfahrung die Bedingungen des Eisenbahnbundesamtes.

Senat sieht in Stahlbogen-Brücke die beste Variante

Der Senat jedoch schreibt, Brückenexpertinnen und -experten hätten ermittelt, dass die Stahlbogen-Brücke „unter den gegebenen Rahmenbedingungen die beste Variante darstellt“, auch wenn sie „Optimierungspotenzial im Detail“ habe. Die Skizzen von Brauer könnten die „Behauptungen“ nicht untermauern und seien nicht nachprüfbar.

Die Kritik an der Situation rund um die extrem belastete Verkehrsachse Stresemannstraße haben die Behörden offenbar aufgenommen. So heißt es in der Senatsantwort: „Momentan wird für den gesamten Straßenzug eine Verkehrsuntersuchung erstellt, aus der die Möglichkeiten zur Optimierung des Verkehrsraumes identifiziert und abgeleitet werden können. Darauf aufbauend werden die entsprechenden Abschnitte des komplexen Straßenraumes zur Verbesserung im Sinne der Mobilitätswende und vor allem der Verkehrssicherheit überplant.“

Abgeänderte Pläne öffentlich einsehbar

Die „Vorhabenträgerin“, also die Bahn, hat zusätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung in Auftrag gegeben. Das ganze Planungsverfahren wurde abgeändert und deshalb öffentlich ausgelegt. Man kann die leicht abgeänderten Pläne für das Gesamtprojekt Sternbrücke seit einigen Tagen in den Bezirksämtern Mitte und Altona sowie im Internet einsehen.

Da für den Neubau auch Häuser abgerissen werden müssen, hat die Bahn bereits Kontakt mit den Eigentümern aufgenommen. Wie das Abendblatt berichtete, hatten Vermieter schon zum Halbjahr 2022 Mietern gekündigt. Dabei wird mit dem Planfeststellungsbeschluss, gegen den auch noch geklagt werden könnte, frühestens Anfang 2023 gerechnet. Der Senat schreibt: „Die DB Netz AG steht seit Längerem regelmäßig mit den Eigentümerinnen und Eigentümern der betroffenen Gebäude in Kontakt. Ziel ist es, gemeinsam frühzeitig eine Lösung zu finden, die beiden Seiten gerecht wird. So können sich alle Beteiligten rechtzeitig auf die neue Situation einstellen. Wie die Eigentümerinnen und Eigentümer gegenüber ihren Mieterinnen und Mietern kommunizieren, entzieht sich der Kenntnis der DB AG.“

Verkehr Hamburg: Linke kritisiert "Sturheit" des Senats

Für die Linken-Stadtentwicklungsexpertin Sudmann ist die Senatshaltung empörend. „Die Sturheit von DB und Senat bestätigt den Verdacht, dass Argumente und Tatsachen ausgeblendet werden, um die teuerste und schlechteste Variante umzusetzen. Kein Mensch versteht, wie eine solche Monsterbrücke das Ergebnis einer guten Planung sein soll. Herr Prof. Brauer präsentiert eine Alternative, die bis zu 30 Prozent kostengünstiger ist, die weniger Sperrzeiten für Bahn und Autoverkehr mit sich bringt und die die 44 Bäume stehen lässt.“

Die in dieser Form knapp 100 Jahre alte Sternbrücke halte noch etliche Jahre. Deshalb sei es möglich, jetzt noch Alternativen zur Stahlbogenkonstruktion zu prüfen. Sudmann sagte: „Senat und Bahn bekommen hier einen wunderbare Vorlage geliefert, über die neu nachgedacht werden kann und muss.“