Hamburg. Prominenter Architekt entwirft Skizze mit drei gebogenen Stahlträgern. Was Anwohner-Initiative und Deutsche Bahn sagen.

Mit einem späten, aber aufsehenerregenden Vorschlag hat sich ein prominenter Hamburger Architekt in die Debatte um einen Neubau der Sternbrücke in Altona eingeschaltet. Prof. Karsten Brauer, der lange Jahre für Gerkan, Marg und Partner und danach mit eigenem Büro große Projekte realisierte, hat einen neuen Entwurf gezeichnet. Er zeigt, wie drei bogenförmig gebogene Stützen mit rund 25 Metern Höhe den Tragbock stabilisieren, auf dem die Elemente für die beiden Schienenwege liegen: zwei Gleise für ICE, Intercity und Regionalbahnen zwischen Dammtor und Altona, zwei für die S-Bahn.

Diese drei Stützen haben 23 Meter über dem Boden einen sogenannten Knoten, der sie verbindet. Zum einen sorgt er für die nötige Statik. Das hat nach Brauers Angaben das Hamburger Büro für Tragwerksplanung und Prüfstatik WP Ingenieure durchgerechnet. Zum anderen symbolisieren die drei Träger die Kreuzung von Stresemannstraße, Max-Brauer-Allee und Schienenstrang der Deutschen Bahn.

Sternbrücke: Entwurf der Bahn ein "Ungetüm"?

So soll die Sternbrücke über die Stresemannstraße und die Max-Brauer-Allee in Altona nach dem Neubau aussehen.
So soll die Sternbrücke über die Stresemannstraße und die Max-Brauer-Allee in Altona nach dem Neubau aussehen. © DB Netz AG/TUO LI | VIRTUAL ESTATE

Er sagte dem Abendblatt, er habe den Vorschlag der Bahn mit dem halbrunden Bogen als „Ungetüm“ empfunden und wollte etwas dagegensetzen. „Es muss eine andere Lösung geben“, so Brauer. Er nennt seinen Gegenvorschlag „solide“. Er wolle die Bahn „aufrütteln“.

Eine Bahn-Sprecherin sagte auf Abendblatt-Anfrage, an der Entscheidung zur „Vorzugsvariante“ mit dem Halbrund seien „über mehrere Jahre die Vertreter der Senatsbehörden und namhafte Ingenieur- und Architekturbüros beteiligt“ gewesen. Man habe alle Rahmenbedingungen berücksichtigt und Vor- und Nachteile abgewogen: „Die Variantendiskussion ist abgeschlossen.“

Architekt Brauer sagte, sein Vorschlag könne helfen, „erheblich“ Kosten zu sparen. Außerdem sei die Bauzeit kürzer, die Montage einfacher. Die beiden Brückenteile für Fernbahn- und S-Bahn-Gleise könnten unabhängig voneinander eingehängt werden. Trifft das zu, wären die Einschränkungen für Anwohner wie Bahnkunden während der Bauzeit vermutlich geringer.

Initiative Sternbrücke begrüßt Debatte

Die Sternbrücke ist nach Auskunft der Bahn so marode, dass sie durch einen Neubau ersetzt werden müsse. Der Stahl dieser Konstruktion von 1926 (1893 wurde hier die erste Brückenversion errichtet) ist offenbar spröde. Die Brücke ist 75 Meter lang und 17 Meter breit. Sie ruht auf sechs Stahlstützen, die zum Teil mitten auf der Straße platziert sind. Der Bahn-Vorschlag sieht eine 108 Meter lange Brücke vor, die von einer Stabbogen-Konstruktion getragen wird. Die Stützen auf der Straße fielen damit weg.

Architekten, der Denkmalverein und eine Initiative vor Ort, die prominente Unterstützer finden konnte, haben sich gegen einen Neubau ausgesprochen, der überdimensioniert wirke. Die Bahn-Idee lehnen sie ab. Eine Sprecherin der Initiative sagte dem Abendblatt, es sei spannend, dass jetzt ein völlig neuer Vorschlag aufkomme. Dass der Bahnentwurf erneut in Frage gestellt werde, sei erfreulich.

Künstler sollen neues Konzept mitgestalten

Anfang 2023 könnte das Planrecht erteilt werden. Zuletzt hat es eine von der Bahn organisierte „Kreativwerkstatt Sternbrücke“ gegeben. Ideen daraus sollen in die Planung einfließen. Neben Bürgerinnen und Bürgern war auch der Licht- und Konzeptkünstler Michael Batz daran beteiligt. Ideen aus einem Workshop waren unter anderem: Die neue Sternbrücke solle das Umfeld auch architektonisch miteinbeziehen. Alte Materialien sollten wiederverwendet, lokale Graffiti-Künstler in die Gestaltung einbezogen werden. Die Unterseite der Brücke solle erleuchtet sein. Zusätzlich müsse die neue Konstruktion von Grün eingerahmt sein. Das könne das Mikroklima verbessern und zum Lärmschutz beitragen.

Bis dahin dürfte die Planung für die Sternbrücke noch für Diskussionsstoff sorgen. Wie berichtet, hatte ein Vermieter angrenzender und vom Abriss bedrohter Gebäude bereits Mietern zum 30. Mai 2022 gekündigt. Außerdem gibt es Pläne, die S-Bahn vom Hauptbahnhof Richtung Altona oder Diebsteich in einen neuen Tunnel zu verlagern. Nach derzeitigem Zeitplan soll die neue Sternbrücke 2026 vormontiert und 2027 eingebaut werden.