Hamburg. Die Preise für den traditionellen Braten steigen in Restaurants um mehr als 30 Prozent. Das liegt aber nicht nur an der Energiekrise.
Ein knuspriger Gänsebraten mit Rotkohl, Klößen und viel dunkler Sauce gehört vom Martinstag an bis zu den Weihnachtsfeiertagen für viele norddeutsche Familien traditionell mindestens so sehr zum Herbst dazu wie Laternenumzüge und Waldspaziergänge. Doch in diesem Jahr wird bekanntlich nahezu alles teurer – auch der beliebte Gänsebraten.
Gans schön teuer – Tradition wird in Hamburg zum Luxusessen
Zum einen fällt das Angebot nach Angaben der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein wegen der grassierenden Geflügelpest und dem Mangel an Küken deutlich geringer aus als in den Vorjahren, zum anderen schlagen sich auch die explodierenden Energiekosten und die gestiegenen Gehälter der Gastronomie-Mitarbeiter im Preis nieder. Erste Restaurants haben das Festessen deshalb schon von ihren Karten gestrichen.
„Das kam für uns nicht infrage, wir sind ja berühmt für unsere Gänse und Enten“, sagt Leslie Himmelheber vom Restaurant Lenz in Duvenstedt, das am Martinstag „komplett ausgebucht“ sei. Doch gute Qualität sei in großen Mengen in diesem Jahr wegen der Vogelgrippe eben schwieriger zu bekommen als früher, sagt der Gastronom, der seine Gänse vom Hof Hellfritz in Alveslohe bezieht.
Deshalb hat Himmelheber in diesem Jahr zwischen dem 11. November und dem 26. Dezember statt etwa 400 nur rund 200 Gänse im Angebot, die im Restaurant oder für zu Hause bestellt werden können. Und der Preis ist gestiegen: Kostete der Gänsebraten mit Beilagen im Vorjahr 192 Euro, sind es in diesem Jahr 248 Euro. „Was soll ich machen? Die Gans kostet mich im Einkauf schon sehr viel mehr als früher, dann ist sie vier Stunden im Ofen und auch Rotkohl und Sauce kochen lange. Und das bei den Energiepreisen.“
Preis für Gänsebraten steigt um 30 Prozent
Um rund 30 Prozent sei der Preis für den Gänsebraten auch in seinem Restaurant gestiegen, sagt Claas Henrik Anklam vom Henriks in Rotherbaum, wo der Braten in diesem Jahr 280 Euro statt 220 Euro kostet. „In den kommenden drei Wochen können wir jeden Gänse-Fan glücklich machen, aber wie es Weihnachten aussieht, weiß ich noch nicht. Wir hangeln uns von Woche zu Woche, die Qualität muss ja auch stimmen“, sagt der Gastronom. „Wenn mir jemand erzählt, er biete eine Gans für unter 100 Euro an, dann möchte ich nicht wissen, aus welcher Massentierhaltung in Polen die kommt.“
Qualität habe eben ihren Preis, sagt auch Hannes Schröder von den Küchenfreunden. „Wenn es Tiere aus gesunder Freilandhaltung sind, dann haben sie einen Wert und ihren Preis.“ Dass der Braten jetzt etwa 220 Euro statt 165 Euro koste, liege aber nicht nur daran, dass der Einkaufspreis durch die Verknappung gestiegen sei.
„Da spielen die Strom- und Gaspreise und die zu Recht nach den Pandemiejahren gestiegenen Gehälter der Mitarbeiter auch eine Rolle. Wir sind ja froh, wenn wir in der Gastronomie gute Leute finden.“ Die 500 Tiere, rund 200 Gänse und 300 Enten, die Hannes Schröder allein für Weihnachten vorhält, seien bereits alle reserviert. „Wir bieten diesen Außerhaus-Service seit zehn Jahren an und haben eben sehr treue Gäste.“
Gans in Hamburg teurer: Nur eine „übliche Preisanpassung“?
Auch im Landhaus Scherrer, berühmt für seinen Gänsebraten, sind bereits mehr als 30 Bestellungen allein für die Weihnachtstage eingegangen. Die Gänse seien „nicht extra teurer“ geworden, es handele sich um eine „übliche Preisanpassung“, heißt es. Eine halbe Gans (für zwei Personen) kostet inklusive Beilagen in diesem Jahr 164 Euro. Man arbeite seit Jahren mit Landwirten des Vertrauens zusammen, damit die Qualität im Haus von Sternekoch Heinz Wehmann garantiert sei.
Das Steigenberger Hotel Treudelberg hat an allen drei Weihnachtsfeiertagen Gänsebraten mit Beilagen im Angebot – für 260 Euro statt im Vorjahr 189 Euro. „Die Preise, übrigens auch für Rotkohl und Kartoffeln, sind in diesem Jahr enorm gestiegen“, sagt Küchenchef Tim Woitaske. „Und so eine Gans ist bei uns fünf Stunden im Ofen, das kostet Strom.“
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Grundsätzlich haben sich die Bedingungen für die Erzeuger, die Gänse auf ihren Höfen „rentabel aufzuziehen“ laut Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein merklich verschlechtert, auch durch die Weltlage. So sei allein die Fütterung der Tiere deutlich kostspieliger gewesen, bedingt durch hohe Marktpreise für Getreide und Ölschrote.
Dieser Preisanstieg beim Futter sei spürbar, sagt Matthias Gfrörer von der Gutsküche Wulksfelde, wo Bio-Qualität „erste Priorität“ sei: „Natürlich ist Biofutter dann auch noch mal teuer. Ich schätze, die Preise sind beim Hersteller allein dadurch um rund 20 Prozent gestiegen“, sagt der Küchenchef, der wie im Vorjahr rund 80 Gänse bereithält.