Hamburg. Matthias Gförer, Cornelia Poletto und andere befürchten Restaurantsterben. Preiserhöhung betrachten sie unterschiedlich.
Das Schreiben, das Matthias Gfrörer vor Kurzem erreichte, hat den Koch geschockt, wie er sagt. In dem Umschlag seines Stromlieferanten lag nämlich nicht nur eine Kündigung des Vertrages zum Ende dieses Monats, sondern auch ein Angebot für einen neuen Vertrag. Und das hat es in sich. Den fünffachen Preis soll der Koch, der auf dem Gut Wulksfelde gemeinsam mit seiner Frau Rebecca die Gutsküche betreibt, künftig monatlich bezahlen. Für Gfrörer unmöglich.
„Als ich das sah, dachte ich, ich bin im falschen Film. Das kann und will ich nicht aufbringen.“ Nur wenn er einen Kredit aufnehme, ließe sich die Summe über Monate hinweg zahlen. „Dazu bin ich ehrlich gesagt nicht bereit.“ Gfrörer ist empört. Der Betrieb seines Restaurants ist wie bei allen Gastronomen energieintensiv. „Ich kann dabei nur schwer nennenswerte Mengen einsparen“, sagt er. „Ich kann ja nicht zurück an die Feuerstelle.“
Restaurant Hamburg: Gförer will Gerichte nicht teurer machen
Dabei habe das Gebäude, in dem sich sein Restaurant befinde, bereits Solarpanele auf dem Dach. Trotzdem sei die Summe, die er künftig monatlich zahlen solle, quasi nicht zu stemmen. „Wir Handwerksbetriebe mit hohem Energiebedarf werden im Moment komplett alleingelassen“, so Gfrörer. Große Unternehmen hätten die Möglichkeiten, Sonderkonditionen herauszuhandeln. Er nicht.
Zudem treffe ihn die Erhöhung zu einer Zeit, in der er besonders hohe Kosten habe. Ab November, wenn es dunkel und kalt sei und das Restaurant besonders gut gebucht. „Es kann doch nicht sein, dass Betriebe wie der unsrige voll ausgelastet sind und wir dennoch solche Schwierigkeiten haben.“ Eine Preiserhöhung bei den Gerichten sei für ihn kein Thema: „Wir können unsere Gäste doch nicht dieses Problem ausbaden lassen. Da übernehme ich die Mehrkosten eher, als dass ich noch meine treuen Gäste verliere.“
Gförer appelliert an Zusammenhalt: "Müssen gemeinsam vorgehen"
Dazu komme die Tatsache, dass sich viele Restaurantinhaber derzeit erst von den Folgen der Corona-Pandemie erholen würden. „Unsere Branche ist gerade dabei, sich wieder zu berappeln.“ Auch deshalb überlege er nun, juristische Schritte gegen den neuen Vertrag einzuleiten. „Ich fürchte, mir bleibt nichts anderes übrig.“
Gfrörer fordert alle seine Kollegen auf: „Wir müssen uns zusammentun und gemeinsam dagegen vorgehen. Nur dann sind wir stark und haben eine Chance.“ Wenn kleinere Betriebe wie der seine anfangen würden, ohne Protest die geforderten Summen zu zahlen, sei es zu spät.
Cornelia Poletto: „Lage ist absolut dramatisch“
Mit seinen Sorgen ist Gfrörer nicht allein. Auch andere bekannte Gastronomen im Norden sind beunruhigt. Wie Hamburgs Spitzenköchin Cornelia Poletto. Sie berichtet, dass ihr der Energieversorger noch nicht gekündigt habe, „aber natürlich habe ich Angst davor, wo es mit den Preisen für Strom und Gas und anderen Dingen, auf die man als Restaurantbetreiberin angewiesen ist, noch hingeht“.
Die Lage sei in der Branche absolut dramatisch, so Cornelia Poletto. „Das sehe ich wie praktisch alle meine Kolleginnen und Kollegen aus der Gastronomie. Ich hoffe sehr, dass die steigenden Energiekosten nicht mittelfristig zu einem massiven Restaurantsterben führen.“
Cornelia Poletto berichtet, dass sie versuche, in verschiedenen Bereichen zu sparen. „Wärmeschubladen zum Warmhalten von Speisen werden eine Stunde früher ausgeschaltet als früher, denn die Restwärme ist absolut ausreichend.“ Außerdem denke sie darüber nach, sich von ihrem geliebten Molteni-Gasherd zu trennen und einen Induktionsherd anzuschaffen, „schlichtweg, weil ich ihn mir auf Dauer nicht mehr leisten kann“.
Tarik Rose hofft, irgendwie über den Winter zu kommen
Für Tarik Rose, der an der Elbe das Restaurant Engel betreibt, ist das Energiesparen nicht so leicht. „Wir haben rundherum Glasfronten, da ist der Energieaufwand schon immer enorm gewesen“, so der NDR-Koch. Bisher habe er keine Kündigung von seinem Versorger erhalten, zumal er den Vertrag erst vor Kurzem abgeschlossen habe. „Aber ich rechne eigentlich täglich damit.“
Rose hofft, irgendwie über den Winter zu kommen. „Im Sommer erarbeiten wir Gastronomen uns meistens einen kleinen Puffer, der uns durch den Winter hilft.“ Der sei in diesem Jahr nun besonders bedeutsam. „Aber ob das reicht, das weiß ich nicht.“ Noch hat Rose seine Preise nicht angehoben, nur im Imbiss nebenan ein wenig. „Da haben wir aber auch jahrelang stabile Preise gehabt.“ Bisher scheue er den Schritt, sagt Rose. Aber er wisse auch, dass er vermutlich auf längere Sicht nicht darum herumkomme.
Restaurant Hamburg: Wie Gastronomen die Kosten weitergeben
Die ehemalige Sterneköchin Cornelia Poletto berichtet, dass einige Restaurants damit begonnen hätten, Eintrittskarten oder eine Energiezulage zu nehmen. „Das käme für mich aktuell nicht infrage.“ Von den steigenden Energiekosten seien schließlich alle betroffen. „Ich möchte meinen Gästen weiterhin eine Art Oase bieten, in der sie die Probleme des Alltags für ein paar Momente vergessen können.“
Dennoch, das Brot gibt es bei Cornelia Poletto jetzt nicht mehr kostenfrei für die Gäste, sondern als eine kleine Speise mit verschiedenen Toppings zum Bestellen. „So wird es zudem mehr gewertschätzt, und es landet weniger im Müll.“
Dirk Luther vom Alten Meierhof sieht sich zu Preiserhöhungen gezwungen
Sternekoch Dirk Luther aus Glücksburg wird um Preiserhöhungen nicht herumkommen, wie er sagt. „Es ist ja alles so viel teurer geworden. Die Löhne, die Produkte. Dazu kommen Lieferpauschalen. Und nun auch noch die Energiekosten.“ Hinzu kämen in seinem Hotel, dem Alten Meierhof, beispielsweise die gestiegenen Kosten für Materialien wie Wäsche, Geschirr oder Gläser. Das müsste in gewisser Form an die Gäste weitergegeben werden. „Die Frage ist nur, in welchem Umfang“, so Luther, der das Haus direkt an der Flensburger Förde seit vielen Jahren betreibt. Schließlich hätten auch die Gäste deutlich weniger Geld zur Verfügung.
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Auch ihm bereitet die Entwicklung Sorgen. Auch er rechnet damit, dass er einen neuen Vertrag unterbreitet bekommt. Luther versucht dennoch, optimistisch zu bleiben. „Wir müssen da gemeinsam als Gesellschaft irgendwie durch.“ Der Abschwung dürfe nur nicht zu lange dauern. Bisher, so Luther, habe er keinen Einbruch bei den Buchungszahlen für Hotel und Restaurant. „Ich hoffe, dass unsere Gäste uns treu bleiben. Dafür werden wir alles Erdenkliche tun.“