Hamburg. Der im vergangenen Jahre entmachtete Vorstand um Sandra Gulla bekommt die Quittung für Misswirtschaft und “despotisches“ Verhalten.
So ganz kann der Hamburger Tierschutzverein (HTV) die Vergangenheit noch nicht hinter sich lassen, in der die Tierschützer eher unrühmliche Schlagzeilen machten: Unter der Führung des im vergangenen Jahr entmachteten Vorstands um die umstrittene Chefin Sandra Gulla waren Vorwürfe des "despotischen" Verhaltens im Tierheim Süderstraße laut geworden – außerdem hatten sich Gulla und ihre Mitstreiter in juristische Auseinandersetzungen mit der Stadt verwickelt.
Diese wurden nun noch einmal indirekt Thema: Bei der Mitgliederversammlung des HTV am vergangenen Wochenende. Diese war im vergangenen Jahr Corona-bedingt ausgefallen, weswegen die Mitglieder nun über zwei Geschäftsjahre – und zwei Vorstände – zu befinden hatten. Während der aktuellen Vorsitzenden Janet Bernhardt und ihrem Vorstand das Vertrauen ohne Gegenstimmen ausgesprochen wurde, wurde der Unmut der Vereinsmitglieder auf die vorherige Führungsriege deutlich.
Hamburger Tierschutzverein: Gerichtskosten von 250.000 Euro
Wie es in der Vereinsmitteilung vom Montag heißt, seien "Fragen zum Geschäftsbericht 2019, wie etwa zu außergewöhnlich hohen Gerichts- und Anwaltskosten von rund einer viertel Million Euro", unbeantwortet geblieben – die ehemaligen HTV-Vorstände waren nicht zur Mitgliederversammlung erschienen. Dass die Versammlung trotz der Kontroversen um die Entmachteten "ruhig und gesittet" ablief, war dem Verein nach dem Eklat bei der Mitgliederversammlung 2019, als ein Mitglied sogar den Polizeinotruf wählte, eine eigene Erwähnung wert.
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Warum Gulla und Co. der Versammlung fernblieben, dürfte den Anwesenden schnell klar geworden sein: Nicht nur, dass der neue Schatzmeister "Goldmünzen und Schmuck im Wert von mehreren Zehntausend Euro" in einem Safe des Vereins fand, die eigentlich in einem Bankschließfach gelagert werden sollten – Edgar Kiesel musste die gesamten Finanzen des HTV ohne eine Übergabe seines Vorgängers ordnen. Trotz gesunkener Vereinseinnahmen aus Nachlässen konnte er ein positives Vereinsergebnis von knapp 646.000 Euro präsentieren.
Tierheim Süderstraße: Ex-Vorstand nicht entlastet
Auch über den Finanzbereich hinaus erfuhren die Mitglieder, dass zahlreiche Dokumente, unter anderem zu den gerichtlichen Auseinandersetzungen des HTV mit der Stadt, "nicht systematisch abgelegt, sondern teilweise in den Geschäftsräumen des HTV überhaupt nicht mehr auffindbar oder lediglich als Kopie vorhanden waren". Auch ließ sich die Arbeit des ehemaligen Vorstands nicht mehr nachvollziehen, denn Protokolle der Vorstandssitzungen "fehlen gänzlich", so der Verein weiter.
Entsprechend verweigerten die Mitglieder dem ehemaligen Vorstand die Entlastung – damit drücken sie nicht nur ihre Missbilligung aus, auch rechtlich kann die unterbliebene Entlastung Folgen haben: Die Mitgliederversammlung behält sich auf diesem Weg Schadensersatzforderungen vor.
"Ära der vorschnellen Vereinsausschlüsse" ist beendet
Der Forderung eines Mitglieds, die ehemaligen Vorstandsmitglieder aus dem HTV auszuschließen, wurde dennoch nicht stattgegeben: Der neue Vorstand betonte laut Mitteilung, "man habe die Ära der vorschnellen Vereinsausschlüsse von unbequemen Mitgliedern mit Amtsantritt beendet".
Einer der größten Kritikpunkte an Bernhardts Vorgängerin war, dass unter dem Deckmantel des angeblich "vereinsschädigenden Verhaltens" kritische Stimmen gezielt aus dem Verein entfernt worden seien. Der Vorstand um Sandra Gulla hatte diesen Vorwurf – wie so viele andere auch – stets zurückgewiesen.