Hamburg. Zehn neue Fälle seit vergangener Woche nachgewiesen. Schulbehörde: “Vieles deutet auf eine Infektionskette in der Schule hin.“

Es ist der bislang größte Coronavirus-Ausbruch an einer deutschen Schule: An der Heinrich-Hertz-Schule in Winterhude in Hamburg sind derzeit 36 Schüler und drei Schulbeschäftigte mit Covid-19 infiziert. Damit stieg die Zahl der Infektionen seit vergangener Woche um weitere zehn an.

Vier Klassen haben die Quarantäne inzwischen verlassen können, weitere 12 befinden sich noch in einer präventiven Quarantäne, so Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde. Wie berichtet, werden derzeit rund 400 Schüler und 200 Schulbeschäftigte in einer Reihentestung auf Covid-19 untersucht.

Corona an Schule in Hamburg: Infektionskette innerhalb einer Klasse

Dem vorausgegangen war ein heftiger Corona-Ausbruch an der Schule in der vergangenen Woche mit zunächst 29 infizierten Schülern und Schulbeschäftigten. Laut Schulleiterin Susanne Hilbig-Rehder fehlen noch bei drei Getesteten die Befunde. Das hatte sie in einem Interview mit Zeit-Online am Wochenende gesagt.

Fest steht nun laut dem zuständigen Gesundheitsamt im Bezirk Nord: Eine Reihe von Infektionen kommen von außerhalb der Schule. "In einer Klasse deutet aber vieles auf eine Infektionskette innerhalb der Schule hin", so Albrecht.

Detaillierte Ergebnisse gäbe es hier jedoch noch nicht, weil eine aufwendige genetische Sequenzierung vorgenommen werde. Diese könne länger dauern. Bis das Ergebnis vorliegt, gilt an der Heinrich-Hertz-Schule eine strenge Maskenpflicht, auch während des Unterrichts.

Elternrat unzufrieden mit dem Gesundheitsamt

Inzwischen hat sich der Elternrat der Winterhuder Schule zu Wort gemeldet. In einer Mitteilung weist die Sprecherin Kristina Poncin darauf hin, dass die Stimmung trotz der Umstände bei Eltern und Schülern "relativ gefasst" sei. Die Eltern dort fühlen sich von Schulleiterin Susanne Hilbig-Rehder gut informiert. Das ist nicht an allen Hamburger Schulen der Fall, wenn es akute Corona-Infektionen gibt. Immer wieder bemängeln Eltern, dass es an Transparenz fehle.

Anders an der Heinrich-Hertz-Schule: "Die Schulleitung hat sofort eng mit dem Gesundheitsamt zusammengearbeitet und informiert die gesamte Schulgemeinschaft regelmäßig über den aktuellen Stand und nächste Schritte. Das gibt uns Sicherheit", so Kristina Poncin. Auch die Fernbeschulung für die Klassen, die derzeit in Quarantäne sind, laufe gut. "Das trägt dazu bei, die Unsicherheiten für Eltern und Kinder so weit wie möglich zu reduzieren", so Poncin.

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Elternkammer Hamburg: Bessere Kommunikation nötig

Die Kommunikation innerhalb der beteiligten Behörden und die Kommunikation mit den Eltern der Schulen müsse jetzt und ständig kritisch hinterfragt werden, fordert die Elternkammer Hamburg. "Schnelle, sichere Informationen und eine Transparenz bei Wahrung der Persönlichkeitsrechte sind jetzt unbedingt notwendig. Dem kommunikativen Austausch zwischen Gesundheitsamt und den betroffenen Familien sollte mehr Raum gegeben werden, die Familien brauchen in Fallsituationen eine engmaschige Betreuung", heißt es in einem Schreiben des Vorstands.

Für Eltern und Schulleitung sind Corona-Infektionen an der Schule eine besondere Herausforderung. "Das hat uns alle schon sehr verändert zurückgelassen. 400 Schülerinnen und Schüler zweier Jahrgangsstufen und fast 200 Bedienstete wurden getestet, bei manchen löste schon das Warten auf das Ergebnis große Ängste und Verunsicherung aus, und ich kann das sehr gut verstehen. Niemand weiß ja, was so eine Diagnose bedeutet", sagt Schulleiterin Susanne Hilbig-Rehder in einem Interview mit "Zeit Online". "Wenn so eine möglicherweise gefährliche Infektion einen Kollegen betrifft, geht das nicht spurlos an einem vorbei."

Corona-Regeln an Hamburgs Schulen (Stand: 3. August):

  • Maskenpflicht an weiterführenden Schulen für alle Beteiligten, ausgenommen im Unterricht
  • Schüler und Beschäftigte müssen grundsätzlich den Mindestabstand einhalten
  • Schulen müssen eine entsprechende Wegführung und feste Areale auf den Pausenhöfen organisieren
  • Während des Unterrichts gilt die Abstandspflicht nicht
  • In besonderen Fällen können Schüler verschiedener Klassen miteinander lernen, etwa in Oberstufen- oder Wahlpflichtkursen
  • Schüler verschiedener Jahrgangsstufen müssen weiterhin untereinander den Mindestabstand einhalten
  • In Sport, Schwimmen, Musik und Theater sind große Abstandsregeln einzuhalten und Körperkontakte zu vermeiden
  • Schüler und Beschäftigte mit besonderen gesundheitlichen Risiken können sich per Attest vom Präsenzunterricht befreien lassen
  • Kranke Schüler sowie Urlaubsrückkehrer aus Risikogebieten, die keinen negativen Test vorweisen können und noch nicht in Quarantäne waren, werden umgehend nach Hause geschickt und dürfen die Schule vorerst nicht betreten
  • Bei Fernunterricht muss die Schule wöchentlich Telefongespräche mit den Schülern organisieren und den Austausch von Arbeitsbögen, Arbeitshefte, Bücher und handschriftlicher Arbeiten garantieren
  • Schulen müssen bis zu den Herbstferien in jeder Woche den vollständigen Unterricht erteilen
  • Projektwochen, Ausflüge, auswärtige Besuche sowie weitere Schulaktivitäten sind bis zu den Herbstferien nur erlaubt, wenn sie nicht zu Lasten der regulären Unterrichtsstunden gehen
  • Klassenreisen sind bis zu den Herbstferien untersagt

Corona-Infektionen an Heinrich-Hertz-Schule trotz strenger Hygiene

Wie das Virus sich in diesem Maße an ihrer Schule ausbreiten konnte, ist für Hilbig-Rehder völlig unklar. "Wir haben uns hier wirklich sehr strikt an die Hygienevorgaben gehalten, lange vor den Sommerferien wurden Desinfektionsmittelspender aufgestellt, die Kollegen haben stoßweise oder dauerhaft gelüftet. In den Pausen haben wir die Kinder vom Hof abgeholt und wie an der Grundschule im Gänsemarsch in die Klassen geführt – damit sich verschiedene Klassen nicht zu nahe kommen. In unserem Sekretariat gibt es Listen darüber, wer mit möglichen Covid-19-Symptomen krankgemeldet ist. Und trotzdem ist das passiert."

Wenn sich das Virus trotz der Hygienepläne wirklich innerhalb der Schule verbreitet hat, dann liege es nahe, dass der Plan eine Lücke hat. "Für uns und alle anderen Schulen wäre es sehr wichtig zu wissen, wie genau sich das Virus hier ausgebreitet hat."