Hamburg. Ties Rabe zieht erste positive Bilanz nach Öffnung der Schulen in Corona-Zeiten – trotz vieler Infektionen an einer Schule.

Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) zieht eine erste im Großen und Ganzen positive Zwischenbilanz zur Öffnung der Schulen seit fünf Wochen unter Corona-Bedingungen. „Der Unterricht funktioniert, die Öffnung der Schulen hat sich gelohnt. Insgesamt sind die Infektionszahlen an den Schulen sehr gering", so Rabe.

Mit einer Ausnahme: Die Heinrich-Hertz-Schule, in der es derzeit ein ungewöhnliches Infektionsgeschehen gibt. Momentan gibt es dort 29 Schüler, Lehrkräfte und andere Schulbeschäftigte, die mit COVID-19 infiziert sind. In allen anderen 370 Hamburger Schulen gebe es zusammen lediglich 25 Fälle. Daran werde schon deutlich, dass mit der Heinrich-Hertz-Schule ein besonderer Fall vorliegt, sagt Rabe. „Dieser Fall war Anlass, dass ich gestern, vorgestern und heute ausführlich mit Gesundheitsamt, Schule und der Sozial- und Gesundheitsbehörde telefoniert habe.“

Heinrich-Hertz-Schule: Hohe Zahl an Corona-Infektionen

Das Ungewöhnliche an der Heinrich-Hertz-Schule: „Es gibt gleich mehrere Familien, in denen unabhängig voneinander die Familienmitglieder mit dem Coronavirus infiziert waren. Und die Schüler aus diesen Familien sind dann – teils ohne Symptome, manchmal allerdings auch mit Symptomen – zur Schule gegangen und haben von außen die Krankheit an die Schule gebracht“, sagt Rabe. „Damit gibt es erstmals eine Corona-Übertragung innerhalb einer Schule.“

Zur Zeit sind dort 400 Schüler der sechsten und achten Jahrgangsstufen aus 15 Klassen und alle 200 Schulbeschäftigten in einer Reihentestung. Weitere Fälle seien nicht auszuschließen. Noch dauern die Auswertungen an, mit Ergebnissen rechnet das zuständige Gesundheitsamt zu Beginn der kommenden Woche. „Es gibt hier wohl mehrere Infektionsketten, diese werden derzeit überprüft: Von außen in die Schule und innerhalb der Schule. Das haben wir bisher in keiner anderen Schule erlebt“, so Rabe. Um auf Nummer Sicher zu gehen, gilt an dieser Schule für zunächst eine Woche eine Maskenpflicht auch im Unterricht, bis das Infektionsgeschehen aufgeklärt ist.

Senator Rabe betont: Schulöffnungen waren richtig

„Grundsätzlich ist unsere Schulöffnung ein Schritt hin zur Normalität, der dringend notwendig war, weil Schüler zu Hause nicht gut lernen können. Sie brauchen ein angemessenes Arbeitsumfeld, sie brauchen ihre Klassenkameraden und ihre Lehrkräfte als Ratgeber, und sie brauchen die gut ausgestatteten Arbeitsplätze und Betreuungsangebote", sagt Rabe. Nach fünf Wochen zeigten die bislang geringen gesundheitlichen Risiken des Schulbetriebes, dass die Öffnung der Schulen richtig war.

Das müsse abgewogen werden in Bezug auf die Risiken und Chancen. „Das tun wir in allen Lebensbereichen. Würden wir nur auf die Infektionsgefahr blicken, dann dürften wir weder den Dom eröffnen noch Sportveranstaltungen zulassen und erst recht keine Feiern und Urlaubsreisen zulassen", so der Schulsenator.

Größere Corona-Infektionen in der Stadtteilschule Wilhelmsburg

Denn nachweislich seien es Reisen und Feiern, die ein hohes Infektionsrisiko bergen. Aktuell sind an allen anderen Schulen lediglich 27 der 256.000 Schüler (0,01 Prozent) und einer der rund 24.000 Schulbeschäftigten (0,004 Prozent) mit Corona infiziert und in häuslicher Quarantäne. Zur Vorsicht befinden sich an allen anderen Schulen 14 der rund 9.500 Schulklassen sowie 24 weitere Schulbeschäftigte in vorbeugender Quarantäne. Weitere 81 Schüler sowie acht Schulbeschäftigte waren in den vergangenen Wochen mit Corona infiziert, sind aber wieder gesund.

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Die Erkrankungen der 280.000 Schüler und Schulbeschäftigten machen damit rund zehn Prozent der im gleichen Zeitraum in Hamburg gemeldeten 1192 Fälle aus, obwohl ihr Anteil an der Bevölkerung bei rund 15,5 Prozent liegt. Größere Infektionen traten außerdem in der Stadtteilschule Wilhelmsburg auf. Dort sind die Infektionen aufgeklärt und sind auf Infektionen außerhalb der Schule zurückzuführen.

Kritik am Umgang mit der Corona-Pandemie von Eltern und Lehrern

Die Sorgen in Bezug auf die Belüftung von Räumen hätten sich nicht bestätigt. 99,5 Prozent der 12.000 Unterrichtsräume könnten gut gelüftet werden. In 68 Räumen ließen sich die Fenster nicht ausreichend öffnen. Auf den Unterricht in diesen Räumen können die Schulen verzichten. Schulbehörde und Schulbau Hamburg prüfen, wie die Belüftung sichergestellt werden kann. Die Räume, die bislang nicht ausreichend gelüftet werden können, liegen in 18 der 2398 Schulgebäuden.

Kritik am Umgang mit der Corona-Pandemie gibt es von Eltern- und Lehrerseite. „Um ein genaueres Bild von den Coronafällen an der eigenen Schule zu bekommen, ist man überwiegend noch sehr auf Eigeninitiative angewiesen“, so der Eindruck von Marc Keynjad von der Elternkammer. Viele wünschten sich eine bessere Kommunikation von Seiten der Schulen.

Lehrer erfahren über den Flurfunk über akute Infektionen an ihren Schulen

In einem Schreiben des Gesamtpersonalrats für das Personal an staatlichen Schulen vom 8. September wird moniert, dass die Maßnahmen und Anweisungen im Umgang mit Corona an die Schulen lediglich nach und nach kämen und dass die Schulleitungen damit überfordert seien. Auch habe noch immer nicht jeder Lehrer eine FFP2-Maske, die vor allem für die Risikogruppe unter den Kollegen notwendig wären.

Das Coronavirus in Deutschland und weltweit

„(Dennoch) irritiert, dass nach der vielwöchigen Schulpause während des bereits laufenden Präsenzunterrichts unzählige neue Regelungen kurzfristig eingeführt wurden. Das ist ärgerlich, schafft Verunsicherung, Stress und Mehrarbeit, derzeit auch besonders bei Schulleitungen“, heißt es in dem Schreiben. „Es fehlt an Transparenz“, sagt Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Häufig erfahren die Kollegen lediglich über den Flurfunk über akute Infektionen an ihren Schulen.“