Hamburg. Wer gern gewinnt, sollte mit Politikern wetten – außer mit Wolfgang Kubicki. Oder wird Katharina Fegebank neue Wettkönigin?
Ich gestehe: Ich wette gern. Das war auch schon bei früheren Wahlen so, etwa bei der Bürgerschaftswahl 2008, die Älteren unter uns werden sich erinnern. Ich war damals noch bei der „Welt“ und die „Welt“ noch eine Zeitung.
Jedem Spitzenkandidaten boten wir damals eine Wette an – und jeder schlug ein: Der damalige Bürgermeister Ole von Beust sagte, dass seine Partei 45 Prozent plus x schaffe und versprach, anderenfalls einen Tag lang Blattmacher bei der „Welt“ zu sein. Es wurden dann „nur“ 42,6 Prozent. Die Wettschulden stehen noch aus, dürften inzwischen aber schwer einzulösen sein.
Was die Spitzenkandidaten wetteten – und was ihr Einsatz war
Der damalige SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann drückte sich um einen Einsatz, wettete aber immerhin, dass seine Partei 38 Prozent schafft, es wurden 34,1 Prozent. Heute wären beide Volksparteien froh, ihre Wette so zu verlieren – für die CDU wäre schon die Hälfte des Ergebnisses von 2008 ein Erfolg. Die Parteipräferenzen bewegen sich inzwischen hin und her wie die Kugeln bei der Ziehung der Lottozahlen.
Den süßesten Wetteinsatz brachte 2008 die GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch ins Spiel. Sie versprach für den Fall, dass ihre Partei keine 12,5 Prozent erreicht, ein Orangenparfait zuzubereiten. Was sie auch tat angesichts von 9,6 Prozent.
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Hinnerk Fock verwettete für ein Ergebnis von 7,5-Prozent seine gelbe Fliege – und landete bei 4,8 Prozent. Und Dora Heyenn, damals noch Linkspartei, heute SPD, versprach den Klassiker von Oskar Lafontaine, „Mein Herz schlägt links“, sollte die Linkspartei unter acht Prozent bleiben. Es wurden dann 6,4 Prozent.
Wetten Sie mit Politikern – außer vielleicht mit Wolfgang Kubicki
Daraus kann man den Schluss ziehen: Wetten Sie mit Politikern! Sie überschätzen oft ihre eigene Stärke. Und viele von ihnen wetten ebenfalls gerne: Wolfgang Kubicki, FDP-Urgestein und stellvertretender Parteivorsitzender, hat im November mit vielen Hauptstadtjournalisten gewettet, dass sich die Genossen für Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans entscheiden.
Kistenweise habe er Wein gewonnen, erzählte er stolz – und ist damit der wohl größte Profiteur der „Spitzenwahl“. Immerhin eine Flasche steht nun im Feuer. Neun Prozent, so wettete Kubicki am vergangenen Donnerstag, werde die FDP am 23. Februar bekommen. Ich habe dagegen gehalten. Am Abend sind Kubicki in Hamburg dann aber offenbar ein paar leiste Zweifel gekommen – in der Hanse Lounge wettete er mit acht Gästen, dass die Liberalen mindestens 8,5 Prozent bekommen.
Auf der Suche nach einer sicheren Wette
Aber wenn wir schon beim Wetten sind – ein relativ sicherer Tipp für vorsichtige Glücksspieler scheint mir eine Flasche Rotwein auf Peter Tschentscher zu sein. Warum? Fast alle Umfragen sehen den Amtsinhaber knapp vor seiner Herausforderungen.
Die weiteren Teile des Wahltagebuchs:
- Teil 7: Wo die AfD in Hamburg vorne liegt
- Teil 6: Wahlkampf kann auch cool sein – DJ Brosda sei Dank
- Teil 5: "Hau den Lukas" heißt jetzt "Hau die Grünen"
- Teil 4: FDP im Wahlkampf: Von den Grünen droht "Unsinn und Mist"
- Teil 3: Der grüne Stachel im Fleisch der Grünen
- Teil 2: Kampf um Stimmen im Othmarscher Kleingarten
- Teil 1: Das Dilemma der SPD
Beim NDR waren es zuletzt 32 zu 27 Prozent, Forsa ermittelte für das Abendblatt einen SPD-Vorsprung von 29 zu 26 Prozent. All das sind Zahlen, mit denen SPD und Grüne gut leben können. So verwandelt sich das Rennen von insgesamt 15 Parteien in ein Duell ums Rathaus. Grüne wie SPD können ihre Wähler leichter mobilisieren - und potenzielle Wechselwähler auf ihre Seite ziehen.
Keine guten Nachrichten für die kleineren Parteien
Für die kleineren Parteien CDU, FDP, AfD und Linke sind das keine guten Nachrichten. Sie drohen in der Wahrnehmung unterzugehen, wegen der Fixierung auf die beiden Spitzenkandidaten könnten sie weitere Prozentpunkte einbüßen. Bei Liberalen und Christdemokraten geht die Angst um, dass ihre Wähler zu Peter Tschentscher wechseln, linke Wähler dürften hingegen am Ende tendenziell für Katharina Fegebank votieren.
Während die SPD in drei Teichen fischen kann, bleibt den Grünen nur ein einziger Teich – und der ist auch noch recht klein. Vieles spricht also dafür, dass die SPD als stärkste Partei am 23. Februar ins Ziel geht. Und dann bleibt Tschentscher Bürgermeister.
Tschentscher bleibt Bürgermeister – wetten, dass?
Selbst wenn die Grünen vor der SPD einlaufen sollten, dürfte der 53-jährige Bürgermeister bleiben – und das macht die Wette doppelt spannend: Schon jetzt gibt es in der SPD starke Kräfte, die die Sozialdemokraten niemals in der Rolle eines Juniorpartners der Grünen sehen. Im Schock einer Wahlniederlage dürfte die Bereitschaft zu einer Dreierkoalition mit CDU und FDP noch einmal wachsen. Christdemokraten und Liberale haben sich schon festgelegt – sie präferieren einen Bürgermeister Peter Tschentscher. Die Wette ist also relativ sicher.
Aber, liebe Katharina Fegebank, Sie können gerne dagegen halten! Und jeder andere Kandidat natürlich auch - eine Mail genügt - und ein lustiger Wetteinsatz.