St. Georg. So kurz wie schmerzhaft – wie der BUND die Umweltpolitik des rot-grünen Hamburger Senats abwatscht.
Manche politische Beobachter halten die Umweltverbände und die Grünen für siamesische Zwillinge – sie entwuchsen beide der Umweltbewegung der 70er-Jahre und beackern seither ähnliche Themen: Den Artenschutz, das Waldsterben und nun den Klimawandel. Aber Wahlkampfhilfe dürfen die Grünen vom BUND deshalb nicht erwarten – hart in der Sache und ohne besondere Rücksicht kämpfen die Verbände um den umtriebigen Manfred Braasch als Geschäftsführer des BUND für ihre Ziele.
Das Büro des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland an der Langen Reihe wird von Parolen und Plakaten eingefasst: „Pestizide stoppen“, „Insekten schützen“, „Lebendige Tidelbe“ oder „Klima retten“, steht da. Die Programmatik der Grünen ist als politische Kraft längst weitergefasst: Sie müssen das Klima ebenso wie die Wirtschaft, die Innere Sicherheit oder die Kulturpolitik in den Blick nehmen.
Der Ökobewegung geht das Alleinstellungsmerkmal verloren
Da hat es der BUND einfacher. Zwar könnte der neue (rhetorische) Klimaschutzeifer auch den Naturschützern noch Probleme bereiten. Wenn eine CDU-Kanzlerin oder ein Blackrock-Manager wie Umweltschützer reden, geht der Ökobewegung das Alleinstellungsmerkmal verloren. Zugleich aber hören viele noch genauer hin, was der BUND zu sagen hat.
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Und der hatte am Freitag Mittag einiges zu sagen: Fünf Jahre nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags und kurz vor der Wahl hat Manfred Braasch dem rot-grünen Hamburger Senat ein „mangelhaftes Zeugnis in der Umweltpolitik“ ausgestellt. „Das ist kein gutes Regieren“, kritisierte er bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Selbst in zentralen Bereichen, in denen klare Verabredungen getroffen wurden, seien kaum Erfolge sichtbar, kritisierte der BUND-Geschäftsführer.
Wo der BUND Rot sieht
Und fuhr gut vorbereitet seine Argumente auf: 15 Punkte aus dem Koalitionsvertrag von 2014 haben die BUNDler auf ihre Umsetzung hin abgeklopft. „Nur drei sind befriedigend abgearbeitet“ – die Entwicklungspläne für Naturschutzgebiete, die installierte Windkraft und der Rückkauf der Netze, an dem der BUND maßgeblich beteiligt war.
Besonders enttäuscht zeigte sich Braasch hingegen über die Bereiche, die direkt mit der Lebensqualität der Bürger zu tun hätten, wie die Entwicklung des Lärms und der Luftschadstoffe. Unverständlich sei, dass der Fahrplan für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude bis 2017 vorliegen sollte - aber bis heute für kein Gebäude existiert. Von 15 Politikfeldern vergibt Braasch sieben Mal die rote Ampelfarbe für mangelhafte Umsetzung und fünf Mal die Farbe gelb. So erkennt er an, dass der Senat bei der Zahl der Straßenbäume zuletzt die „Kurve gekriegt“ habe.
Ein BUND für Digitalisierung – und Hamburg wäre weiter
Versetzungsgefährdend ist die Note im Klimaschutz. Der geplanten Reduktion beim CO2 hinkt die Stadt hinterher - nun wurde das Ziel gestreckt. Allerdings stellt sich die Frage, wie sinnvoll Klimaziele auf Stadtebene eigentlich sind: Wer große Industriebetriebe stilllegt, mag sein Klimabilanz verbessern, doch dem Weltklima hilft es damit nicht – die Klimagase entstehen dann anderswo.
Immerhin bescheinigt Braasch den Grünen im Zusammenarbeit mit der SPD ein „schweres Amt“. Manches habe die SPD zu verantworten. Braasch berichtet vom „zähen Zusammenspiel“ grüner und roter Behörden oder darüber, wie die Wirtschafts- die Umweltbehörde etwa bei Durchfahrtverboten in der Habichtstraße ausgebremst habe. Aber seine Unzufriedenheit bleibt: „Wir haben regelmäßig Zwischenstände gegeben in der Hoffnung, dass nachgesteuert wird“, sagt Braasch. Ohne großen Erfolg.
Genau 20 Minuten dauerte die Pressekonferenz, kurz und schmerzhaft.
Es gibt nicht viele Interessengruppen, die ähnlich professionell agieren. Gäbe es einen BUND für Digitalisierung, Hamburg wäre wohl weiter.