Hamburg. Klimawandel brachte Hunderttausende auf die Straßen. Ausnahmezustand durch Extremwetter – auch bei Fridays for Future. 2020 wird heiß.
So viel vorab: Der Klimawandel hat Hamburg auf vielen Ebenen im Griff. Aus meteorologischer Sicht war es in der Hansestadt im Jahr 2019 deutlich zu warm. Die Durchschnittstemperatur überstieg das langjährige Mittel – das ist der Vergleichszeitraum 1961 bis 1990 – um 2 Grad.
Dieser Wert lag damit sogar noch über dem globalen Temperaturanstieg. Dieser pendelte sich in 2019 nach Berechnungen des nationalen britischen Wetterdienstes Met Office bei 1,11 Grad Celsius ein. Demnach war dieses Jahr das weltweit zweitwärmste seit 1850 – nur 2016 war noch wärmer.
Und die Aussichten sind alles andere als rosig: Auch das kommende Wetterjahr könnte nach Berechnungen von Met Office weltweit neue Hitzerekorde bringen.
Das würde einen bedenklichen Trend fortsetzen: Die Top 5 der wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen waren 2015, 2016 (Rekord, 2017, 2018 und 2019...
Drei Hamburger Ereignisse prägten das Jahr
Schon das Jahr 2018 hatte sich mit Hitzerekorden und einem schier endlosen Sommer in das kollektive Gedächtnis der Hamburger eingebrannt. Die Erinnerung an das Hamburger Wetterjahr 2019 werden ganz sicher drei auf den Klimawandel zurückzuführende Ereignisse prägen.
Das erste ist Greta Thunbergs Besuch in Hamburg am 1. März. Das zweite Ereignis geht womöglich auf das erste zurück: Der Klimastreik am 20. September, als laut Veranstaltern 100.000 Menschen (laut Polizei 70.000) auf die Straße gingen und für eine bessere Klimapolitik auch in Hamburg demonstrierten.
Wie wird das Wetter in Hamburg? Google-Suchtrend Nummer 1
Und dann war da noch der Klimaplan für Hamburg, den Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Dezember vorstellten. Das Ziel: Bis 2030 will Hamburg die CO2-Emissionen um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken – das entspricht den Zielen auf Bundesebene.
Bis 2050 sollen die Emissionen sogar um mindestens 95 Prozent runter, so dass die Stadt „klimaneutral“ wäre, den Klimawandel also nicht weiter anheizen würde. Hätten sich Hamburgs Politiker auch so angestrengt ohne die anhaltende Forderung nach besserer Klimapolitik von vielen Zehntausenden protestierenden Menschen in der Hansestadt? Dazu später mehr.
Zunächst zum Hamburger Wetter, das bei den Google-Suchtrends deutschlandweit bekanntlich ganz oben steht. Das Jahr 2019 war also zu warm. Mit 1678 Sonnenstunden lag Hamburg bis Mitte Dezember bereits 120 Stunden über dem langjährigen Mittel.
Wenn Regen eine gute Nachricht ist...
Eine gute Nachricht: Nach dem extrem trockenen Jahr 2018 fielen in der Hansestadt (ebenfalls bis Mitte Dezember) 730 Liter Regen pro Quadratmeter. "Das sind schon 94,8 Prozent des langjährigen Mittels", sagt Oliver Weiner vom Deutschen Wetterdienst (DWD).
"Es fehlen noch 40 Liter pro Quadratmeter bis Ende des Jahres. Dann ist der Schnitt erreicht", so der Meteorologe. Im Dezember leider nicht in Form von Schnee. Für die Weihnachtstage und die Zeit zwischen den Jahren soll es bei Temperaturen zwischen 2 und 8 Grad vor allem regnen, so die DWD-Trendvorhersage.
Der Winter 2018/2019: Hamburger Eisdielen öffnen
Der Winter startet für die Meteorologen am 1. Dezember. Der letzte Monat des Jahres 2018 brachte die Kälte. Eisiger Ostwind fegte bei Temperaturen um den Gefrierpunkt durch die Stadt. Erste Schneeflocken fielen am ersten Adventswochenende. Das zweite stand unter dem Einfluss von Sturmtief "Marielou". Es brachte ergiebige Regenfälle in den Norden – und viel Wind.
Am dritten Advent machte der Winter tatsächlich eine Stippvisite in Hamburg. Es rieselten ein paar Schneeflöckchen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Auf dem Hamburger Airport mussten Flugzeuge enteist werden. Und pünktlich zum Weihnachtsfest 2018 wurde es – mild.
Mild ging es weiter. Im Januar überstieg die Durchschnittstemperatur von 2,2 Grad Celsius das langjährige Mittel um 1,7 Grad. Anfang Januar hinterließ Sturmtief "Benjamin", der vor allem an den Küsten tobte, in Hamburg in Gestalt von Hochwasser seine Spuren.
Sturmtief Benjamin tobt über Norddeutschland
Schnee gab es übrigens im Winter ausschließlich im Januar, und dann auch nur spärlich. Zwar hieß es Ende Januar, dass sibirische Kälte im Anmarsch auf die Hansestadt sei. Wobei sich "sibirisch" auf den Ursprung der Wetterlage bezog und nicht auf die Temperaturen. Es folgten vier Tage Dauerfrost mit Minustemperaturen rund um die Uhr. Die kälteste Januarnacht mit minus 6 Grad erlebten die Hamburger am 24. Januar.
Der Februar wartete mit elf Frostnächten auf. Tagsüber war es allerdings stets wärmer als 0 Grad. Der Februar war mit einer Durchschnittstemperatur von 5,3 Grad gegenüber dem langjährigen Mittel sogar um 4,2 Grad zu warm. Die höchste Temperatur wurde am 18. Februar mit 16 Grad gemessen. "Frühling im Februar – Hamburger Eisdielen öffnen vorzeitig" titelte abendblatt.de die Wetteraussichten Mitte des Monats.
Im Februar schien die Sonne denn auch ungewöhnlich viel mit fast 115 Sonnenstrunden. Das waren 71 Prozent mehr als im langjährigen Mittel. Die Folge vom Frühling im Februar: Es war zu trocken. Knapp ein Fünftel der zu erwartenden Niederschläge fehlte.
Frühling – Waldbrandgefahr und ein verregneter Marathon
Dem warmen Winter folgte ein warmer Frühling: Um genau zu sein: "1,6 Grad erneut zu warm", so Meteorologe Weiner. "Der März war fast so warm wie ein durchschnittlicher April." Immerhin war es nass. Niederschlag war nach dem ultratrockenen Jahr 2018 bitter nötig. Im Monat März fielen mit 91,4 Liter pro Quadratmeter fast zwei Drittel mehr Regen gegenüber dem Mittel.
Das machte allerdings der April im negativen Sinn wett: In diesem Monat fielen in Hamburg 70 Prozent weniger Regen – 15 statt 51 Liter pro Quadratmeter. Wärmster Frühlingstag war der 24. April mit sommerlichen 23,7 Grad. Ausgerechnet zum Haspa Marathon kam der Regen.
Marathon bei Regen: Bester Deutscher heißt Schauer...
260 Stunden schien die Sonne über Hamburg im April. Das sind 60 Prozent mehr als im langjährigen Mittel. Mit der erneuten Trockenheit kam die Waldbrandgefahr. So wurden Waldbesucher besonders in der Lüneburger Heide gewarnt. Ende April herrschte dort höchste Brandgefahr.
Der Hamburger Mai sticht aus dem Jahr heraus: War es in elf Monaten des Jahres im Mittel überdurchschnittlich warm, zeichnete sich der Mai durch Kälte aus. Von wegen Wonnemonat. Ausgerechnet der Mai war mit einer Durchschnittstemperatur von 11,1 Grad genau 1,1 Grad zu kalt. Es fielen 64,3 Liter Regen. Das sind zwölf Prozent mehr als üblich. Die Sonne schien mit 177 Stunden knapp 20 Prozent weniger als im Mittel.
Statt Sonne und Wärme gab es also vor allem Regen, Wind und gefühlte Temperaturen wenig über dem Gefrierpunkt. Immerhin: Zum Hafengeburtstag am zweiten Maiwochenende schien die Sonne dann doch zwischen Schönwetterwolken hindurch auf die Party, zu der eine Million Menschen an die Elbe strömten.
830. Hafengeburtstag – das waren die Höhepunkte
Ende Mai war wieder Licht in Sicht, nicht zuletzt, weil endlich die Freibäder öffneten. Badefreunde mussten damit deutlich länger als in den Vorjahren warten. So weit nach hinten sei der offizielle Saisonstart für die Hamburger Freibäder schon seit Jahren nicht mehr geschoben worden, sagte ein Bäderland-Sprecher. 2018 war das erste Freibad schon am 20. April geöffnet worden. "Dieses Jahr war es zu lange zu kalt, dann kühlt das Wasser zu sehr ab", so der Sprecher.
Sommer 2019: Hitzewellen und Unwetter wechseln sich ab
Mit dem Start des meteorologischen Sommers am 1. Juni kehrten zunächst Wärme und Sonne zurück an die Elbe. Und dann erreichte die erste Hitzewelle des Jahres die Stadt. Ende Juni wurde es richtig heiß. Hochsommerwetter mit Nebenwirkungen: Mit der Hitze kehrte die Waldbrandgefahr und die Blaualgenblüte zurück. Erste Warnmeldungen wurden veröffentlicht.
Sturmtief "Ivan" setzte der ersten Sommerwoche mit heftigen Regenfällen und Gewitter ein Ende. Starke Sturmböen führten zu mehreren Unfällen: Ein Mann wurde durch einen herabfallenden Ast lebensgefährlich verletzt. Eine Sturmböe riss ein Gerüst auf dem NDR-Gelände in Lokstedt aus der Verankerung. Der Sturm war so stark, dass die acht Meter hohe Metallkonstruktion quer zur Wand des ARD-Hauses auf dem Gelände stand und einzustürzen drohte.
Starkregen und Freibad-Wetter
Mitte Juni öffneten auch die letzten Freibäder in Hamburg – trotz wechselhaften Wetters und erneutem Unwetter. Als am 15. Juni Unwetter mit heftigen Gewittern und Starkregen über den Norden gezogen waren, standen vielerorts Straßen unter Wasser, Gullydeckel wurden hochgedrückt – und auch der Blitz hatte eingeschlagen. Laut DWD ging das Unwetter in Norddeutschland mit 200.000 Blitzen einher. Zudem gab es lokal Regenmengen zwischen 25 und 45 Litern pro Quadratmeter.
Am Nachmittag des 20. Juli zog eine Gewitterfront über Hamburg hinweg. Die Feuerwehr musste 58-mal ausrücken. In Schnelsen wurde eine Straße wegen Überflutung gesperrt. In ein Haus schlug der Blitz ein. An der A1 bei Ahrensburg wirbelten Sturmböen Sand auf, der die Sicht beeinträchtigte. Das HSV-Fanfest wurde wegen Unwetters abgebrochen.
Der heißeste Tag des Jahres war der 25. Juli. Von Hitze wird bei Temperaturen ab 30 Grad gesprochen. In Hamburg wurden 35,3 Grad gemessen. Im Vergleich zum niedersächsischen Lingen war das kühl. 42,6 Grad wurde dort am 25. Juli gemessen. Das war ein Rekord: Niemals war es heißer in Deutschland. Mit der Hitze kam die Waldbrandgefahr nach Hamburg – und die Blaualgenblüte in den Gewässern.
Hitzewelle in Hamburg 2019
Zwei Tage später absolvierten 2500 Menschen aus 27 Ländern bei 32 Grad Hitze in Hamburg Höchstleistungen: Ironman, das bedeutet je nach Tempo acht bis 16 Stunden Hochleistungssport. Beim Ironman in Hamburg kamen viele Sportler an ihre Grenzen. 124 mussten von Sanitätern und Ärzten medizinisch versorgt werden. 28 "Eisenmänner" mussten ins Krankenhaus gebracht werden.
Alsterschwäne ziehen im Hochsommer ins Winterquartier
Schlechte Bedingungen für die Alsterschwäne: Wegen des heißen Wetters mussten die Tiere erstmals in einem Sommer in ihr Winterquartier gebracht werden. Schwanenvater Olaf Nieß fing Anfang August mit mehreren Helfern 40 Tiere an der Rathausschleuse ein, um sie in den Eppendorfer Mühlenteich zu bringen. Zuvor waren vier tote Schwäne gefunden worden.
Die Bilanz am Ende der Hitzewelle: 15 tote Schwäne. Neun erwachsene Tiere starben, weil sie giftige Bakterien in der Alster aufgenommen hatten. Die sogenannten Clostridium-Bakterien hatten sich wegen der langen Hitzeperiode im Wasser gebildet. Sechs Küken verendeten zudem auf einem Teich im Ohlsdorfer Friedhof, weil sie laut Schwanenvater Olaf Nieß durch ein ähnliches Bakterium eine Darmvergiftung erlitten hatten
Hey, was geht Yap? Sturmtief bringt Regen und Gewitter
Erneut Starkregen und Ausnahmezustand bei der Feuerwehr
Im August kam "Wolfgang". Das Nordseetief brachte Schauer und Gewitter in den Norden, Tagestemperaturen bis zu 25 Grad, nachts für einen Sommer ungewöhnliche 11 Grad. Dann rückte Sturmtief "Yap" an und verhagelte Konzertgängern die Show von Materia & Casper auf der Bahrenfelder Trabrennbahn.
Zum Ende des letzten meteorologischen Sommermonats bekamen die Menschen an Alster und Elbe noch einmal ganz intensiv die Hitze des Hochsommers 2019 spüren.
Der verabschiedete sich dann mit Unwetter, Starkregen und Hagel. Am Abend des 27. August waren Berufs- und Freiwillige Feuerwehr, Technisches Hilfswerk (THW) und weitere Helfer in Hamburg über Stunden hinweg beschäftigt. Nachdem innerhalb weniger Minuten diverse Notrufe bei der Feuerwehr eingegangen waren, löste die Einsatzzentrale den Ausnahmezustand aus.
Insgesamt wurden rund 300 wetterbedingte Einsätze verzeichnet, die neben um "sämtliche noch verfügbare Reservekräfte aufgestockten" hauptamtlichen Retter auch von 30 Freiwilligen Feuerwehren und dem THW bearbeitet wurden.
Warm aber nicht sehr sonnig: Hamburg war im Sommer 2019 laut DWD das sonnenscheinärmste Bundesland in ganz Deutschland. Demnach konnten sich die Hamburger an 660 Stunden Sonne erfreuen. Das sonnenscheinreichste Bundesland war übrigens das Saarland mit 820 Stunden.
Die durchschnittlichen Temperaturen in der Hansestadt von Juni bis August lagen bei 19 Grad. Das sind 2,5 Grad über dem langjährigen Vergleichswert von 16,5 Grad der international gültigen Referenzperiode 1961 bis 1990. Die Niederschlagsmenge lag mit 165 Litern pro Quadratmeter weit unter der durchschnittlichen Menge von 218 Litern pro Quadratmeter.
Der Herbst – nass bis warm und der erste Frost
Der Herbst fiel in Hamburg wärmer, allerdings auch nasser aus als im langjährigen Durchschnitt. Die Hansestadt gehörte mit 10,5 Grad und etwa 255 Litern Regen pro Quadratmeter zu den wärmeren und niederschlagsreichen Bundesländern. Die langjährigen Mittelwerte liegen bei 9,6 Grad und 195 Litern pro Quadratmeter. Die Sonne schien rund 285 Stunden. Damit wurde exakt das langjährige Mittel der Sonnenscheindauer erreicht.
Der wärmste Tag des Herbstes war der 22. September mit 24.5 Grad. Ende September suchte Sturmtief "Mortimer" Hamburg heim und brachte viel Regen, Wind, Sturmböen mit bis zu 80 km/h, Bahnchaos – und die erste Sturmflug des Herbstes. Es blieb unbeständig und wechselhaft. Der Goldene Oktober blieb zunächst aus.
Hitzerekord und Starkregen: Wie sich Hamburgs Wetter wandelt
Hamburger Straßen überflutet
Hoch "Lisbeth" brachte das Spätsommergefühl zurück in die Stadt. Vorübergehend konnten Hamburger und Besucher noch einmal die Pulllis ausziehen, bis erneut ein Sturmtief über den Norden fegte, „Sébastien“ ließ es ungemütlich werden. Es folgten heftige Regenfälle, durch die zahlreiche Straßen in Hamburg überflutet wurden, und weitere nasse Tage, wenig Sonne, viele Wolken, immer wieder Schauer – gefolgt von Regen, Sturm und Bahnchaos. Herbst eben.
Erst Ende Oktober wurde es spürbar kälter – die Nächte waren knackig kalt: Der erste Frost kam nach Hamburg. Die Temperaturen fielen innerhalb von einer Woche um zehn Grad. Passend zum Wetter eröffnete das Winterdeck mit Bratapfelglühwein auf dem Spielbudenplatz. Ein Vorgeschmack auf die Weihnachtszeit.
Platzregen setzte Anfang November erneut Straßen und Plätze in ganz Hamburg unter Wasser: Von der Harburger Innenstadt bis nach Alsterdorf wurden der Feuerwehr überschwemmte Straßen und vollgelaufene Keller gemeldet. Die Feuerwehr musste 70-mal ausrücken.
Weiter ging's mit Nieselregen von scharf rechts und unangenehm in die Ärmel kriechender Kälte, die Ende November mit der Eröffnung der Weihnachtsmärkte hauptsächlich mit Glühwein bekämpft wurde.
Winter – Sturmflut und Dezemberfrühling
Der Winter ist noch jung. Aber für den Dezember heißt es schon jetzt: deutlich zu warm! Bis Mitte Dezember lag die Durchschnittstemperatur 3 Grad über dem langjährigen Mittel. Sie sollte noch steigen. Zwar sprachen Meteorologen in der ersten Monatshälfte von einer Chance auf Schnee, doch der blieb aus. Es wurde zwar kühl bis kalt, doch keine Spur von wahrem Winterwetter.
Stattdessen kam Sturmtief "Wilfried" und bescherte dem Norden und der Hansestadt die erste Sturmflut der Saison und der Hamburger Feuerwehr am dritten Adventswochenende 50 Einsätze. Der Scheitel der Elbe erreichte am 15. Dezember gegen 18.20 Uhr laut Ludwig Schenk vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) 1,81 Meter über dem mittleren Hochwasser.
Erste Sturmflut des Winters: 50 Feuerwehreinsätze in Hamburg
Die Temperaturen stiegen zum Start in die letzte Adventswoche an. Am Donnerstag vor Weihnachten tauchte bei 11 Grad und Sonne satt das Wort Dezemberfrühling auf, und somit schmolz dann auch die letzte Hoffnung auf eine weiße Weihnacht in Hamburg.
Ob nach Weihnachten zum Jahreswechsel eine Wetterumstellung hin zu kühlerem Wetter kommt, ist weiterhin unsicher. "Es könnte kühler werden, ob es aber für Winterwetter reichen wird, ist unsicher. Ein Kälteeinbruch verschiebt sich von Tag zu Tag weiter nach hinten", so Dominik Jung vom Wetterportal wetter.net.
Auch an Weihnachten war Winterwetter nicht in Sicht. "Laut langfristigen Wettermodellen soll der Winter 2019/2020 zu einem Totalausfall werden", sagt Wetterexperte Jung am 23. Dezember. „Der wärmste Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist durchaus möglich. Kein Wunder nach dem bisher 3,3 Grad zu warmen Dezember."
Alle Jahre wieder ... . Wann hat es eigentlich zuletzt an Heiligabend in Hamburg geschneit?
Fridays for Future, Greta Thunberg und die Folgen in Hamburg
Klimademo in Hamburg mit Greta Thunberg
"Wir sind hier! Wir sind laut! Weil ihr unsere Zukunft klaut!" Mit Sprechchören wie diesem zogen am 1. März 2019 rund 10.000 Hamburger Schüler für eine bessere Klimapolitik durch die Hamburger Innenstadt. Unter den Teilnehmern des Hamburger Schulstreiks war ein prominentes Gesicht: Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg war erstmals für einen Schulstreik nach Deutschland gekommen.
Die Hamburger Bewegung Fridays for Future war Anfang März gerade einmal zweieinhalb Monate alt. Sie hatte sich am 14. Dezember 2018 gegründet. An diesem Tag blieben Dutzende Schüler in Hamburg dem Unterricht fern, um in der Innenstadt für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. Mit Transparenten versammelten sie sich am Jungfernstieg und forderten den Kohleausstieg und "stabiles Klima für stabile Zukunft".
Die Kundgebung war Teil der Schulstreik-Kampagne Fridays for Future. Dazu aufgerufen hatte zum Endspurt der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz (Katowice) die damals 15-jährige Greta Thunberg, die schon Monate vorher begonnen hatte, immer freitags in Stockholm unter dem Motto "Warum für die Zukunft lernen, wenn die Zukunft gefährdet ist" für wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz zu demonstrieren.
Hat Greta Thunberg das Leben der Hamburger verändert?
Seit Mitte Dezember 2018 ruft die Hamburger Gruppe freitags zum Streik auf, plant wöchentlich Demonstrationen, Mahnwachen, Fahrraddemos, Aufräumaktionen. "Ein Ende ist nicht in Sicht: Wir streiken, bis die Politik handelt und die nötigen Maßnahmen ergreift, um die globale Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen!", heißt es auf der Homepage.
Klimastreik in Hamburg mit Zehntausenden Teilnehmern
Die Zahl der Klimastreik-Teilnehmer stieg im Laufe des Jahres 2019 kontinuierlich. Vorrläufiger Hamburger Höhepunkt war der 26. September: An diesem Tag demonstrierten laut Veranstaltern 100.000 Menschen (laut Polizei 70.000) in Hamburg für eine bessere Klimapolitik.
Längst ist auch in Hamburg die Fridays for Future-Bewegung nicht mehr auf Schülerinnen und Schüler beschränkt. Im September nahmen Menschen aus jeder Generation an dem Marsch durch die Stadt teil.
Ein eindrucksvoller Marsch für eine bessere Welt
Die Politiker haben den Ruf gehört. Kaum eine Partei, die sich aktuell nicht den Klimaschutz auf die Fahnen schreibt. Der Hamburger Senat hat sich jetzt auf einen Klimaplan geeinigt, der noch vor der Bürgerschaftswahl am 23. Februar in ein Klimagesetz gegossen werden soll. Bis 2030 will Hamburg die CO2-Emissionen um 55 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken – das entspricht den Zielen auf Bundesebene.
Bis 2050 sollen die Emissionen sogar um mindestens 95 Prozent runter, sodass die Stadt „klimaneutral“ wäre, den Klimawandel also nicht weiter anheizen würde. Nachdem in Hamburg 1990 noch rund 20,7 Millionen Tonnen CO ausgestoßen wurden, waren es 2017 schon nur noch 16,4 Millionen Tonnen. Bis 2030 soll eine weitere Reduktion auf 9,3 Millionen Tonnen erfolgen, also um weitere gut sieben Millionen Tonnen.
Entscheider treffen Haider – Segler Boris Herrmann im Abendblatt-Podcast
Fünf Monate nach ihrem Besuch in Hamburg, zum Auftakt des UN-Klimagipfels im September 2019 in New York, hielt die inzwischen 16-jährige Greta Thunberg eine emotionale und bemerkenswerte Rede. Zuvor hatte sie der Hamburger Skipper Boris Herrmann gemeinsam mit Partner Pierre Casiraghi emissionsfrei über den Atlantik gesegelt.
Auch auf diesem Wege machte Greta Thunberg auf ihr Anliegen aufmerksam. Gretas viel beachtete Wutrede wurde zu einer Generalabrechnung mit der aktuellen Politik. Greta Thunbergs Botschaft an die Politiker: „Ihr lasst uns im Stich.“
Das deutsche Gesicht der Fridays for Future-Bewegung ist eine Hamburgerin
Eine der Hauptorganisatorinnen der von Greta Thunberg ins Leben gerufenen Schulstreiks ist die Hamburgerin Luisa-Marie Neubauer.
Welche Frage Aktivistin Luisa Neubauer nicht mehr hören kann
Nur 80 Teilnehmer bei Hamburger Fridays for Future-Jubiläum
Zum Jubiläum der Bewegung schien allerdings den Hamburger Aktivisten die Luft ausgegangen zu sein. Nur relativ wenig Klimademonstranten beteiligten sich am Freitag, 13. Dezember an der Kundgebung von Fridays for Future in Hamburg. Nach Polizeiangaben fanden sich rund 80 Menschen auf dem Hansaplatz in St. Georg ein.
"Vor einem Jahr standen wir auf dem Reesendamm mit 50 Leuten, die eigentlich in der Schule sein sollten", erinnerte die 17-jährige Julia Oepen, eine der Mitbegründerinnen von Fridays for Future in der Hansestadt. "Wir standen mit 3000 Leuten auf der Straße am 18. Januar, mit 10.000 am 15.3., mit 25.000 am 24. Mai und mit 100.000 Leuten im September."
Zwar sei das einjährige Bestehen der Bewegung schon ein Grund zum Feiern. "Gleichzeitig ist unglaublich viel Frustration da: Dass wir ein Jahr lang jeden Freitag auf die Straße gehen, und das scheinbar von vielen Leuten in Parlamenten und Entscheidungsgremien nicht wahrgenommen oder nicht ernstgenommen wird", sagte die Schülerin.
Klimawandel: "Die Gesellschaft hinkt hinterher"
Nach einem Jahr sei immer noch nichts passiert, "was effektiv dafür sorgt, dass wir nachts wieder ruhig schlafen können". Die Politik müsse endlich die nötigen Maßnahmen ergreifen, um die Erderwärmung wirksam zu begrenzen.
Im November wurde Fridays for Future in Hamburg neben dem ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk mit dem renommierten Marion Dönhoff Preis geehrt. Luisa Neubauer, die den Preis mit sechs weiteren Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future entgegen nahm, erklärte in ihren Dankesworten: „Wir fühlen uns geehrt, mit einem Preis ausgezeichnet zu werden, der nach einer Frau wie Marion Gräfin Dönhoff benannt wurde. Während Marion Gräfin Dönhoff damals ihrer Zeit voraus war, hinkt die Gesellschaft unserer Zeit heute hinterher.“ Der Förderpreis ist mit 20.000 Euro dotiert.