Hamburg. Finanzbehörde rechnet aus, was Mitarbeiter verdienen – und setzt das erstmals ins Verhältnis zu den Chefgehältern. Die 64 Posten.

Als Olaf Scholz noch Bürgermeister war, wurde in seinem Umfeld gern eine Anekdote erzählt: Vor Gesprächen mit dem oder über den Hafenkonzern HHLA, so hieß es im Rathaus, wies der Senatschef gern spöttisch daraufhin, was der Vorstandschef dieses Unternehmens, „seines“ Unternehmens, eigentlich verdiene – nämlich das Fünffache des Bürgermeisters.

Nun, in dieser Hinsicht trifft es Scholz’ Nachfolger Peter Tschentscher (SPD) nicht ganz so hart. Die neue HHLA-Chefin Angela Titzrath ist ausweislich des neuen Vergütungsberichts, den der Senat kommende Woche beschließen und dann auch veröffentlichen will, zwar nach wie vor mit Abstand die bestbezahlte Managerin in städtischen Diensten. Mit 854.000 Euro hat sie 2017 spürbar weniger verdient, als das bei ihrem Vorgänger Klaus-Dieter Peters der Fall war.

Allerdings ist auch Titzraths Einkommen (inklusive Tantiemen und geldwerter Vorteile wie etwa Dienstwagen) immer noch viereinhalbmal so hoch wie das des Bürgermeisters. Der verdient mit rund 200.000 Euro übrigens knapp viermal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer oder Beamter in der städtischen Verwaltung – das sind nach Angaben des Personalamts 50.500 Euro.

Neues Instrument zur Gehaltsbemessung

Anders als sein Vorgänger hat Tschentscher jetzt ein Instrument an der Hand, mit dem sich die Angemessenheit der Gehälter in den städtischen Unternehmen leichter steuern lässt: den „vertikalen Vergleich“, also den Vergleich von Gehältern innerhalb eines Unternehmens. Seit einigen Jahren veröffentlicht der Senat zwar die Vergütungen der Chefs öffentlicher Unternehmen und nimmt bei Postenbesetzungen auch „horizontale Vergleiche“ vor, also mit Unternehmen aus der gleichen Branche. Aber der vertikale Ansatz ist neu.

Für die direkten Beteiligungen der Stadt hat die Finanzbehörde erstmals ausrechnen lassen, was die Mitarbeiter dort im Durchschnitt verdienen – und das ins Verhältnis zu den Chefgehältern gesetzt. Die Ergebnisse sind höchst interessant: Denn der Faktor, um den die Führungskräfte besser bezahlt werden als einfache Angestellte, schwankt zwischen 1,29 (beim Hamburgischen Versorgungsfonds HVF) und 10,68 bei der HHLA. Faustregel: Je größer die Unternehmen, desto größer auch die Einkommensschere.

Immerhin: Von Mondgehältern wie bei den 30 Dax-Unternehmen, wo die Vorstände nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung im Durchschnitt inzwischen das 71-Fache eines normalen Mitarbeiters verdienen, sind die Hamburger Unternehmen weit entfernt.

„Öffentliche Unternehmen haben Vorbildcharakter“

„Der erstmals aufgestellte vertikale Vergleich zeigt, dass sich unsere städtischen Unternehmen im Vergleich zur freien Wirtschaft insgesamt in einem vernünftigen Rahmen bewegen“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Abendblatt.

Kommentar: Deckelt die Chef-Gehälter!

Er sieht das auch als gesellschaftspolitische Aufgabe: „Gerade in Zeiten von Exzessen bei Managergehältern in einigen privaten Unternehmen haben öffentliche Unternehmen immer auch einen Vorbildcharakter. Daher ist es mir einerseits wichtig, dass die Schere zwischen Chefs und Angestellten nicht zu weit auseinanderklafft. Andererseits dürfen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe nicht ins Hintertreffen geraten.“

Den Wunsch der rot-grünen Bürgerschaftsmehrheit nach einem Vergütungsrahmen, der exakt festlegt, um wie viel das Chefgehalt vom Durchschnittsgehalt im Unternehmen abweichen darf (zum Beispiel maximal 1:10), hat der Senat daher noch nicht umgesetzt. Hier setzt er zunächst darauf, dass maximale Transparenz weiterhin allzu große Unwuchten verhindert.

Keine großen Gehaltssprünge bei Managern mehr

Dennoch gibt es bereits konkrete Maßnahmen, um die Managergehälter zu begrenzen. Beispiel Altersversorgung: Erwarben Führungskräfte früher einen Ruhegeldanspruch, der bis zu 50 Prozent der letzten Vergütung betragen konnte, gibt es jetzt Zuschüsse von zehn bis 25 Prozent auf die Festgehälter zum Aufbau einer privaten Altersversorgung. Das erhöht zwar kurzfristig die Ausgaben, senkt aber die „Ewigkeitskosten“ nach dem Ausscheiden der Führungskräfte. Dem Senatsbericht zufolge können die Unternehmen sechsstellige Beträge pro Fall sparen.

Zweitens werden die Vergütungsanpassungen gedeckelt. Bislang gilt: Während normale Tarifbeschäftigte in der Regel jährlich eine kleine Anpassung erhalten, werden Verträge von Führungskräften meistens nur alle fünf Jahre verlängert und enthalten dann oft eine kräftige Gehaltserhöhung um zehn oder 20 Prozent auf einen Schlag.

Künftig wird hier eine „Dämpfungspauschale“ eingeführt: Umgerechnet auf ein Jahr muss der Gehaltssprung niedriger sein als der Durchschnitt der letzten drei Tarifsteigerungen. Wenn also die Tarife um 2,5 Prozent steigen, darf das Chefgehalt nur um 2,0 Prozent jährlich steigen. Damit soll ein Trend umgekehrt werden: Von 2000 bis 2012 sind die Chefgehälter in Hamburgs öffentlichen Unternehmen um 78,6 Prozent gestiegen, die normaler Arbeitnehmer aber nur um 29 Prozent.