Hamburg . Steuerschätzung sagt Hamburg Mehreinnahmen von 1,8 Milliarden Euro voraus. Finanzsenator warnt dennoch vor Euphorie.

„Trump, Brexit, Italien – das sind dunkle Wolken am Horizont“, hatte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) erst kürzlich im Abendblatt-Interview gesagt und hinzugefügt: „Aber ob und wann daraus ein Gewitter für die deutsche Finanzpolitik wird, kann niemand genau voraussagen.“

Nun, zumindest Hamburg bleibt von einem finanzpolitischen Unwetter zunächst verschont. Mehr noch: Ausweichlich der Steuerschätzung, die Dressel am Dienstag vorstellte, kann die Hansestadt auch für die kommenden Jahre mit kräftig steigenden Einnahmen rechnen – allerdings steigen sie nicht mehr ganz so stark wie in den vergangenen Jahren.

Kräftiger Jahresüberschuss

Für das laufende Jahr wurde die Einnahmeerwartung gegenüber der Mai-Schätzung um 784 Millionen Euro nach oben korrigiert – hier deutet sich also erneut ein kräftiger Jahresüberschuss an. Dressel kündigte an, die Mehreinnahmen entweder zur Tilgung von Altschulden einzusetzen – und zwar über die für dieses Jahr ohnehin geplante Tilgung von 219 Millionen Euro hinaus – oder aber, um weniger Kredite zur Begleichung des HSH-Nordbank-Dramas aufnehmen zu müssen. Aktuell muss Hamburg hier 2,95 Milliarden Euro überwiesen, weitere Summen werden folgen.

Verschuldung wird reduziert

Unter anderem ist 2019 ein Betrag von 450 Millionen Euro fällig, und Dressel deutete an, dass er den gern überweisen würde, ohne dafür neue Schulden machen zu müssen. Bereits seit 2014 liegt der Haushalt am Jahresende immer im Plus, 2017 hatte die Hansestadt sogar rund eine Milliarde Euro Überschuss erwirtschaftet. Zumindest die Verschuldung im Kern-Haushalt der Stadt von rund 25 Milliarden Euro kann daher sukzessive reduziert werden. 2017 waren 644 Millionen Euro getilgt worden.

In Zukunft gehen die Einnahmen leicht zurück

Dass es so nicht ewig weitergehen wird, zeigt sich an der Prognose für 2019: In dem Jahr sollen die Steuereinnahmen der Stadt leicht zurückgehen – von 12,4 auf gut 12,2 Milliarden Euro. Damit liegen sie aber dennoch um 223 Millionen Euro über der Mai-Schätzung. Auch für 2020 (plus 333 Millionen), 2021 (257 Millionen) und 2022 (225 Millionen) werden Mehreinnahmen prognostiziert. Insgesamt sollen in den Jahren 2018 bis 2022 also gut 1,8 Milliarden Euro mehr in der Kasse der Stadt landen als bislang erwartet.

Warnung vor Euphorie

Dressel warnte jedoch vor Euphorie: „Eine Änderung des Haushalts steht auf Basis der Zahlen nicht an. Insbesondere gibt es für weitere Ausgabenwünsche angesichts der Steuerschätzung weder Raum noch Anlass.“ Gerade angesichts der „schmerzhaften“ Belastungen aus der HSH Nordbank sei es ihm wichtig, Altschulden zu tilgen, Risiken zu minimieren und die Eigenkapitalbasis im Konzern Hamburg zu stärken.

Haushalt gut geplant

Auch Farid Müller, haushaltspolitischer Sprecher Grünen in der Bürgerschaft, setzte sich für eine verstärkte Tilgung der Altschulden ein. Dass Rot-Grün den Haushalt angesichts des starken Wachstums der Stadt und der seit Jahren hohen Steuereinnahmen um eine Milliarde ausgeweitet habe, sei im Lichte der aktuellen Steuerschätzung richtig gewesen. Dass diese für 2018 noch einmal eine Milliarde mehr an Einnahmen voraussagt als bei der Etatplanung berücksichtigt wurde, sei „eine freudige Überraschung“, so Müller. „Bei einer solchen Größenordnung sollten wir über eine Regelung nachdenken, die Teile der Steuermehreinahmen auch für zusätzliche Schuldentilgung nutzbar macht.“

Gefahr eines Abschwungs

Lorenz Palte, Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler in Hamburg, verwies dagegen auf die geringeren Steigungsraten: „Die Zeiten großer Einnahmensprünge sind anscheinend erst einmal vorbei. Auch wenn die Steuern wohl weiterhin zuverlässig sprudeln werden, steigen die Risiken eines anhaltenden Abschwungs aufgrund des Brexits und des weltweit steigenden Handelsprotektionismus.“ Er bedauerte, dass der städtische Schuldenberg bislang nicht stärker abgebaut wurde: „Hier wird ganz klar eine große Chance vertan, sich für steigende Zinsen zu rüsten.“