Hamburg. Immer extremere Witterungsbedingungen lassen vermutlich die Fassade des Pegelturms bröckeln. Hafenbehörde engagiert Klimaexperten.

Die erneut aufgetretenen Schäden an den Hamburger Landungsbrücken könnten nach Einschätzung von Experten mit dem Klimawandel zusammenhängen. Nach Angaben der zuständigen Hamburg Port Authority arbeitet die Hafenbehörde bereits seit Längerem mit Klimaexperten zusammen, um die Auswirkungen der zunehmend extremer werdenden Witterungsbedingungen auf die eigenen Bauwerke zu untersuchen. Diese machten mehr und mehr den Gebäuden zu schaffen, sagt der Sprecher der HPA, Kai Gerullis, dem Abendblatt.

"So stellen die Klimaexperten zum Beispiel fest, dass Luftfeuchtigkeit, Nebel und Frost-Tau-Wechsel sukzessive zunehmen", so Gerullis weiter. "Insofern kann vermutet werden, dass die jetzt erfolgten Abplatzungen der Fassade darin begründet sind." Eine abschließende Bewertung stehe allerdings noch aus. Erst wenn diese vorliegt kann auch über Art und Dauer der Sanierung entschieden werden.

Grünes Fangnetz schützt Passanten

Wie berichtet ist der markante Pegelturm an den Landungsbrücken seit dem Hafengeburtstag von einem grünen Fangnetz umgeben, um Passanten vor Steinschlag zu schützen. Ende April hatten sich größere Brocken aus der Fassade gelöst und waren zu Boden gestürzt. Die Polizei ließ den Bereich zunächst mit Flatterband absperren, doch die Maßnahme reichte nicht aus, um während des großen Hafenfestes einen umfangreichen Schutz zu gewährleisten.

Bereits 2007 war es zu starken Abplatzungen am Pegelturm gekommen, die im Anschluss zu einer umfangreichen Sanierung der gesamten Landungsbrücken in den Jahren 2009 bis 2012 führten. In diesem Zusammenhang wurde das zwischen 1907 und 1909 errichteten Ensemble innerlich und äußerlich erneuert. Es kam zur Einhausung und anschließenden Restaurierung und Reinigung der Fassade.

Problemstein Ettringer Tuff

Die Fassade der Landungsbrücken besteht aus so genanntem Ettringer Tuffstein. Der sieht zwar gut aus, ist aber auch sehr weich und feuchtigkeitsanfällig. Ettringer Tuff gilt unter Restauratoren schon seit Längerem als "Problemstein". Das Vulkan-Gestein aus der Eifel war vor rund 100 Jahren schwer in Mode, wurde an Bauten in ganz Deutschland verwendet. Unter anderem kam der Tuff beim Bau des Neuen Rathauses in Hannover Ende des 19. Jahrhunderts zum Einsatz. Die Folgen zeigen sich heute: Seit mehr als vier Jahren wird das Gebäude saniert, die Kosten sind mittlerweile explodiert.

Die Fassade des Hamburger Rathauses besteht zwar nicht aus Ettringer Tuff, sondern aus Granit- und Sandstein. Große Probleme aufgrund von Witterungseinflüssen gab es aber auch hier. Im Frühjahr 2017 hatten sich aus der Fassade mehrere Steine gelöst und waren aus 30 Meter Höhe auf den Boden gestürzt. Die Sichtung des Schadens ergab, dass Wassereintritt in ein Ziertürmchen und die anschließende Frostbildung zum Abplatzen von Gestein geführt hatte. Heute gibt es mehrere, fest installierte Fangnetze an der Fassade.

Hamburger Michel wird langsamer grün

Hamburgs Denkmalschützer sehen unterdessen noch keinen direkten Zusammenhang zwischen Fassadenschäden und dem Klimawandel. Aktuell seien ihm keine solchen Fälle bekannt, sagt der Sprecher des Denkmalschutzamts Jörg Seifert. Allerdings gebe es durchaus eine Verbindung zwischen Veränderungen in der Luft und Kupferfassaden. In diesem Fall führe aber gerade die sauberere Luft dazu, dass Kupferfassaden in der heutigen Zeit später ihre bekannte, grüne Patina bekämen. Die Oxidation der Metalloberfläche setzt aufgrund der fehlenden Schadstoffe später ein.

Deshalb wird der Hamburger Michel heute langsamer grün als noch vor 100 Jahren.