Hamburg. Es gibt kaum einen ungewöhnlichen Vorschlag, der in Hamburg nicht schon präsentiert wurde. Die Elbphilharmonie war auch einer.

Im Streit um den Radweg entlang des Elbstrands in Övelgönne sind Spitzenpolitiker der Hamburger Grünen vorsichtig auf Distanz zu ihren Altonaer Bezirkspolitikern gegangen. „Wir wollen den Elbstrand als gute Stube der Stadt behalten und gleichzeitig überlegen, wie sich die Lücke für den Elbe-Radweg schließen lässt“, erklärten Katharina Fegebank, Zweite Bürgermeisterin, Anjes Tjarks, Grünen-Fraktionschef, und die Altonaer Verkehrsexpertin Eva Botzenhart, am Mittwoch. Gegenwärtig führe diese Lücke zu vielen Konflikten zwischen Radfahrern und Fußgängern. Die müssten gelöst werden.

Hamburgs Ideen: Verrückt – aber wahr!

Hintergrund sind Pläne des Bezirksamts, bei Övelgönne für rund zwei Millionen Euro auf dem Elbstrand einen knapp sechs Meter breiten und ein Kilometer langen befestigten Fahrradweg zu bauen. Bislang müssen Radfahrer an dieser Stelle absteigen, denn der Fußweg oberhalb des Elbhangs ist zu schmal. Grüne und SPD in der Bezirksversammlung wollen die Pläne weiter verfolgen. Vor allem in sozialen Netzwerken regt sich allerdings Widerstand.

„Technische Machbarkeitsprüfung“

Die drei Grünen-Politiker sprachen von einer „ersten technischen Machbarkeitsprüfung in einem komplett offenen Verfahren“, das derzeit in Altona von SPD und Grünen befürwortet werde. „Damit werden längst keine Fakten geschaffen.“ Man freue sich über jede gute Anregung. „Ideen wie die vorgeschlagene Brücke zeigen in die richtige Richtung.“ Damit ist der Vorschlag des Architekten Christian Hajda gemeint, der den Radweg über eine Art Rampe mit transparentem Geländer über das Gebäude der von der Stadt verpachteten Strandperle hinweg bauen würde.

Fegebank lehnt Radweg ab

Am Mittwochmorgen hatte Fegebank auf NDR 90,3 den umstrittenen Radweg entlang des Elbstrands noch mit deutlicheren Worten abgelehnt. „Ich kann ganz klar sagen, dass ich mir wünsche, dass der Charakter des Elbstrands, so wie wir ihn kennen und lieben, erhalten bleibt – zum Grillen, zum Spazierengehen und zum Spielen. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass die Überlegungen, die im Ausschuss diskutiert wurden, Realität werden.“

So ganz neu ist der Streit um ein geplantes Bauwerk in Hamburg nicht. Bereits in den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder, zum Teil heftige Auseinandersetzungen. Das Abendblatt hat verrückte Ideen zusammengetragen – und was aus ihnen geworden ist.

Living Bridge – Wohnen über der Elbe

Der Investor Dieter Becken und der Architekt Hadi Teherani wollten 2009 mit dem Bau der sogenannten Living Bridge starten. Der Plan sah die Errichtung einer gut 700 Meter langen Brücke zwischen der HafenCity und dem südlichen Elbufer vor. Gut 18 Meter über der Elbe sollte eine Straße den Fluss queren. Auf der Ebene darüber planten Becken und Teherani eine Restaurant- und eine Büroebene mit parkähnlicher Gestaltung in der Mitte. Darauf sollten vier weitere Geschosse mit insgesamt 1000 Wohnungen aufsetzen. Die Ufergrundstücke wollen die beiden Planer zu einem symbolischen Preis übernehmen. Letzten Endes wurden die Pläne für die Living Bridge allerdings verworfen.

Ein futuristisches Hochhaus als Segel

Die Planungen für das neue Quartier Elbbrücken sind noch nicht abgeschlossen. Spektakulär ist der Plan des Unternehmers Frank Jendrusch, der mit finanzkräftigen Investoren ein 290 Meter Gebäude in der Form eines Segels bauen lassen will. 69 Etagen sind geplant – für Wohnungen, Universität und ein Hotel. Vorgesehen ist eine Doppelglasfassade, um „wintergartenartige Terrassen mit hängenden Gärten“ anlegen zu können, kündigte Jendrusch an.

Neue Wege wollen die Investoren bei der Energieversorgung gehen. Ein sogenanntes Aufwindkraftwerk soll die Versorgung mit Strom sichern. Die Beheizung des Gebäudes erfolgt über Erdwärme. Das Fahrstuhlsystem soll auf der Basis der Magnetschwebetechnik funktionieren. Sicher scheint, dass an dem „Tor zu Hamburg“ Hochhäuser errichtet werden sollen. Ob es das „Segel“ sein wird, ist unklar.

Der Verkehr wird unter die Erde verbannt

Im Rahmen der Erneuerung und des Ausbaus der Autobahn 7 werden auf dem Hamburger Stadtgebiet drei Lärmschutztunnel errichtet. Die Verkehrstrasse verschwindet in Schnelsen (560 Meter), in Stellingen (960 Meter) und in Altona (2300 Meter) quasi unter der Erde. Auf dem Dach der Tunnel werden Parks und teilweise Kleingärten angelegt. Auf den dann „beruhigten“ Grundstücken am Rande der Autobahn sollen Häuser mit mehreren Tausend Wohnungen errichtet werden.

Die Lärmschutztunnel ermöglichen vor allem in Schnelsen und Stellingen ein Wiederzusammenwachsen von Stadt. Die Orte waren durch den Bau der A 7, die täglich von bis zu 160.000 Fahrzeugen befahren wird, getrennt worden. Den größten Teil der Baukosten übernimmt der Bund, da im Zuge der Erneuerung der Autobahntrasse ohnehin neue Lärmschutzanlagen hätten errichtet werden müssen. In Schnelsen ist der Rohbau der ersten Tunnelröhre bereits fertig.

Hier wird das gesamte Projekt Ende 2018 übergeben. In Stellingen haben vorbereitende Arbeiten begonnen. Für Altona wurde vor wenigen Wochen die Finanzierung durch den Senat gesichert. Möglicherweise wird es einen vierten Lärmschutztunnel geben. Beim Bau der A 26-Ost ist ein derartiges Bauwerk in Finkenriek vorgesehen. Der Tunnel soll rund 390 Meter lang werden.

Eine Seilbahn für das Flachland

Das weltweit agierende Südtiroler Seilbahnunternehmen Leitner AG und das Hamburger Projektbüro Drees & Sommer kündigten im November 2012 an, eine gut 4,5 Kilometer lange Seilbahn zu errichten, die von der HafenCity über den Kleinen Grasbrook bis zum Musicalzelt „König der Löwen“ führen sollte. Mit 95 Metern Höhe bei der Querung der Norderelbe sollte sie die höchste Stadtseilbahn Deutschlands werden. 49 Millionen Euro sollte das Projekt kosten. Mit den geplanten 97 Kabinen hätte man in einer Stunde bis zu 2000 Menschen transportieren können.

Pro Jahr gingen die Investoren von rund 1,5 Millionen Fahrgästen aus – doch am Ende wurde aus der Idee nichts. Eine andere Strecke für eine Seilbahn hatte der Musicalveranstalter Stage Entertainment in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Seilbahnproduzenten Doppelmayr vorgesehen. Die Teilstrecke Nord sollte von St. Pauli aus die Elbe queren und bis zum Musicalzelt führen. Im August 2014 kam das endgültige Aus für die Seilbahn- Idee: Bei einem Bürgerentscheid im Bezirk Mitte stimmten 31.769 Wähler gegen die Seilbahn von St. Pauli über die Elbe bis zu den Musicaltheatern. Nur 18.312 votieren mit Ja.

Ein grüner Park auf dem grauen Bunker

Auf dem Heiligengeistfeld planen Investoren, den fast 38 Meter hohen, im Jahr 1942 fertiggestellten Bunker an der Feldstraße mit einem 20 Meter hohen Aufbau um fünf Geschosse zu erweitern. Mit horizontaler und vertikaler Bepflanzung wird das Bauwerk allerdings grüner. Den Plänen zufolge sollen fast 8000 Quadratmeter öffentliche Fläche zur Verfügung gestellt werden. So seien eine Sport- und Freizeithalle vorgesehen, zwei Gästehäuser mit mehr als 150 Zimmern und ein Fitnessclub.

Das Besondere und weithin Sichtbare an dem Projekt wird aber der grüne Dachgarten sein. Eine Erd- und Substratschicht von bis zu 90 Zentimetern ist vorgesehen. Bis zu 100 Bäume könnten gepflanzt werden. Rund 30 Millionen Euro sind für das Projekt veranschlagt. Die Chancen, dass die Idee umgesetzt wird, stehen gut. „Die geplanten pyramidenförmigen Aufbauten sind grundsätzlich genehmigungsfähig“, sagte Falko Droßmann, Bezirksamtsleiter von Hamburg-Mitte, im Herbst vergangenen Jahres. Zuletzt hatte sich die Politik auf letzte Details geeinigt.

Die Willy-Brandt-Straße verschwindet

Den Plan, die Willy-Brandt-Straße (Teil der früheren Ost-West-Straße) zu untertunneln, gibt es schon länger. Aktuell hat er an Brisanz gewonnen, weil die Handelskammer im Oktober 2016 die Idee zu einem ihrer Leitprojekte erklärt hat. Demnach soll die viel befahrene Durchgangsstraße zwischen dem Deichtorplatz und dem Rödingsmarkt untertunnelt werden. Ihren Berechnungen zufolge würden dadurch in bester City-Lage 23.000 Quadratmeter an Baugrundstücken entstehen. Mit dem Verkauf dieser Flächen könnten rund 416 Millionen Euro eingenommen werden. Die Gesamtkosten für den Bau des Tunnels schätzt die Kammer auf 492 Millionen Euro. Unterstützt wird das Projekt von Frank Engelbrecht, Pastor an St. Katharinen, und dem Architekten Rolf Kellner. Vor allem die HafenCity könnte von der Untertunnelung profitieren. Vier der heute sechs Fahrspuren sollen unterirdisch verlaufen. Die Aussichten, dass das Projekt umgesetzt wird, sind nach Informationen des Abendblatts sehr gering.

Ein Konzertsaal auf einem Lagerhaus

Die Idee, auf einem früheren schnöden Lagerhaus ein Konzerthaus zu errichten, geht auf die private Initiative des Projektentwicklers Alexander Gérard und seiner Ehefrau, der Kunsthistorikerin Jana Marko, zurück. Wenig überraschend stießen beide auf wenig Euphorie, als sie ihr Nutzungskonzept im Jahr 2001 dem Senat vorstellten. Doch schließlich kam es anders, auch wenn das Konzerthaus erst am 11. Januar 2017 feierlich eröffnet wurde – und nicht wie ursprünglich geplant bereits im Jahr 2010. Das 110 Meter hohe Gebäude – möglicherweise die verrückteste Idee, die jemals in Hamburg entwickelt wurde – ist innerhalb weniger Wochen zum Wahrzeichen der Stadt geworden und zieht Besuchermassen an.