Hamburg. Bezirk hat sich für die Begrünung entschieden – unter strengen Auflagen. Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Die unendliche Geschichte ist noch nicht auserzählt. Im Gegenteil: Sie bekommt eine neue Facette. Nachdem sich die Bezirkspolitiker in Hamburg-Mitte zu einer Aufstockung des Feldstraßenbunkers unter verschärften Bedingungen durchringen konnten, liegt der Spielball nun beim Investor. Er muss entscheiden, ob das Projekt unter den neuen Voraussetzungen realisierbar ist. Denn den Geldgebern der Thomas J. C. Matzen GmbH gehen mit den politischen Vorgaben nicht nur zwei von fünf Stockwerken verloren, sondern damit auch lukrative Mieteinnahmen. Abgesehen von 2,56 Millionen Euro, die dem Investor durch die Beschränkung des Erbpachtvertrags bis zum Jahr 2053 in seiner Kalkulation fehlen. Neue Rahmenbedingungen – hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist konkret geplant?

Ganz einfach: Der fast 38 Meter hohe, 1942 fertiggestellte Bunker an der Feldstraße soll mit einem pyramidenartigen Aufbau etwa 20 Meter höher werden und dank horizontaler und vertikaler Bepflanzung vor allem grüner. Ursprünglich waren für die Aufbauten fünf Zusatzgeschosse geplant. Es sollten insgesamt fast 8000 Quadratmeter öffentliche Fläche und geringfügig weniger gewerblich genutzte Fläche entstehen.

Wie funktioniert
der Aufbau rein technisch?

Simpel gesagt: mit einer Bodenplatte auf dem Dach. Laut Planern bleibt das Bunkerdach dabei in seiner jetzigen Form erhalten. Die Aufbauten selbst sollen auf einer Art Sockelplatte entstehen, die etwa drei Meter über dem Dach in­stalliert wird. Der Zwischenraum soll als Fluchtraum genutzt werden. Zugang soll die Öffentlichkeit über eine gebäudeumlaufende Rampe, aber auch mit Außenfahrstühlen haben. Zudem sind weitere Fahrstühle und ein Weg namens „Bergpfad“ geplant.

Wie grün wird der Bunker?

Gut möglich, dass er jetzt sogar noch grüner wird, denn durch die Reduzierung der Staffelgeschosse vergrößert sich die Grünfläche. Bei den Pflanzen haben sich die Landschaftsarchitekten für robuste, heimische Gewächse entschieden. Dazu gehören Bergkiefern, Lebensbäume, Wacholder, Feldahorn, Efeu, Rhododendren, Kletterhortensien und Rosen.

Welche Bedingungen
stellt nun die Politik?

Erstens: Ein Erbbauvertrag für 99 Jahre wird ausgeschlossen. Zweitens: Der Investor verpflichtet sich vertraglich zur Begrünung, zum Mahnmal, zur Sportnutzung für den Breitensport, zu Künstler­zimmern und zur öffentlichen Zugänglichkeit des Parks. Drittens: Während des Doms sollen neben dem Breitensport keine Veranstaltungen in der Halle stattfinden – maximal ohnehin nur 38 pro Jahr. Viertens: Wegen zu starken Schattenwurfs und einer zu massiven Konzeption sollen nur drei statt fünf Stockwerke genehmigt werden. Gleichzeitig sollen die Stadtteilnutzungen erhalten bleiben. Fünftens: Ein Park- und Verkehrskonzept muss erstellt werden. Bestandteil dessen ist ein für das Quartier offenes Parkhaus mit Kleinspielfeld auf dem Dach. Sechstens: Die Bestandsmieter sollen langfristige Verträge erhalten und dürfen während der Bauphase nicht gefährdet werden.

Der Antrag der rot-grünen Koalition in Hamburg-Mitte wurde am Dienstagabend in der Bezirksversammlung mit 31:14 Stimmen angenommen – das sind zwei Jastimmen mehr, als SPD und Grüne Mandate haben. Das bedeutet, dass mindestens zwei Oppositionsabgeordnete dafür stimmten.

Welche Angebote soll es geben?

Mit den neuen Vorgaben ist das wieder offen. Ursprünglich vorgesehen waren in fünf Geschossen eine Sport- und Freizeithalle (bestuhlt bis zu 1100 Plätze), zwei Gästehäuser (mit zusammen mehr als 150 Zimmern), ein Fitnessclub und sogenannte Stadtteilflächen. Hinzu wären Gastronomieflächen gekommen. Getoppt werden soll der Aufbau von einem Dachgarten, in dem es öffentliche und halb öffentliche Bereiche geben soll. Eine Besucherregelung steht noch aus. Kommerziell genutzt werden sollten die Gästehäuser, die Parkgas­tronomie, die Turmgastronomie, der Musikclub, der Fitnessclub und eine wöchentliche Musik­veranstaltung. Nicht kommerziell seien die Angebote der Breitensporthalle, auf dem Dachpark, den begehbaren Rampen, dem Stadtgarten, in der Produzentengalerie, im Bunkermuseum oder etwa der Stadtteilküche.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Die verhältnismäßig harten Auflagen der Politik werden den Prozess eher verlangsamen. Denn über die Bedingungen muss nun mit dem Geldgeber neu verhandelt werden. Abgesehen davon werde sich das Baugenehmigungsverfahren laut Bezirksamt Mitte ohnehin hinziehen. Noch im April hieß es: Bei einer Baugenehmigung im Sommer wäre ein Baubeginn im Herbst möglich. Nach 18 Monaten Bauzeit, also 2018, könnte der Stadtgarten fertig sein.

Wie viele Menschen können

gleichzeitig den Bunker nutzen?

Die Architekten gehen davon aus, dass bis zu 5000 Menschen zur gleichen Zeit die unterschiedlichen Angebote nutzen können.

Wie viel kostet es, wer zahlt?

Bei den Baukosten wird aktuell von 25 bis 30 Millionen Euro ausgegangen. Da dem Investor nun nicht mehr der Erbbauvertrag über 99 Jahre gewährt werden soll, werden ihm auch nicht 2,56 Millionen Euro Erbbauzins erlassen.

Ist das noch wirtschaftlich?

Zwei Stockwerke weniger bedeuten weniger Fläche, was wiederum weniger Mieteinnahmen bedeutet. Der Investor wollte sich vorerst nicht äußern. Doch auch der nicht erfolgte Erlass von 2,56 Millionen Euro Erbbauzins reißt ein Loch in die Kalkulation.

Welche Kritikpunkte gibt es ?

Martin Stoll-Hafkus, verantwortlich für die kritische Website Feldbun ker.de, sagt: „Wir Anwohner fürchten durch eine Aufstockung des Bunkers eine weitere Eventisierung des Viertels. Durch Messe, Dom, Schlagermove, MoGo & Co. sind wir heute schon hoch belastet. Sollte noch ein touristischer Hotspot dazukommen, erhöht sich der Parkdruck auf die Anwohner weiter, und die negativen Randerscheinungen einer Must-go- und Partygänger-Area kommen hinzu. Überdies zweifeln wir das Sportkonzept im Bunkeraufbau an. Wenn der FC St. Pauli die geplante Sporthalle für mehrere Hunderttausend Euro im Jahr anmietet, wird der Amateursport abhängig vom kommerziellen Erfolg, den der Club dafür entfalten muss. Der finanzielle Aufwand für ein paar Hundert Nutzer die Woche ist viel zu groß, um ihn langfristig durch­zuhalten. Wenn der Verein mittelfristig als Mieter ausfällt, befürchte ich stattdessen die Etablierung einer reinen Musikhalle. Der Plan – sechs Tage Sport, ein Tag Musik – wird langfristig nicht aufgehen.

Durch die beschlossenen Auflagen der Politik besteht die Chance, dass das Projekt für den Investor unrentabel wird. Ich setze darauf und bedauere zugleich die knappe Mehrheit der Politik für die Aufstockung. Dem Investor fehlen nun 2,56 Millionen Euro in seiner Kalkulation, die er jetzt doch an Erbpacht bezahlen muss, gut so! Und es fehlen ihm zwei von fünf Stockwerken. Der Anteil an lukrativ vermietbaren Flächen wird dadurch drastisch verringert. Fraglich, ob er unter diesen Bedingungen an Deck bleibt.“

Was sagt die Opposition?

Die FDP Hamburg-Mitte fordert, das Konzept genau zu prüfen: Insbesondere geht es ihr um den Denkmalschutz und das langfris­tige Erscheinungsbild des Dachgartens. Dieser wird von den Linken als „Werbegag“ bezeichnet. Bei einer Grünanlage in dieser Größe von einem Park zu sprechen sei ein Witz, sagt die Vorsitzende Christine Detamble-Voss.

Wie geht es für das Beteiligungsprojekt „Hilldegarden“ weiter?

Die Mitwirkenden wollen ihre Planungen mit der gewohnten Bürgerbeteiligung fortsetzen. „Wir freuen uns riesig über die positive Entscheidung“, sagt Tobias Boeing. „Und werten sie als Signal, dass das, für das wir uns zwei Jahre lang ins Zeug gelegt haben, für den Stadtteil auch realisiert wird.“