Die Abendblatt-Serie für alle, die Hamburg schon ganz gut kennen, aber immer wieder neu oder anders entdecken wollen. Teil 9.

Deichtorhallen

Was für eine grandiose Architektur! Die beiden, kurz vor dem Ersten Weltkrieg auf dem Gelände des früheren Berliner Bahnhofs entstandenen Markthallen gehören zu den besten Hamburger Industriebauten des frühen 20. Jahrhunderts. Markant ist der 1800 Quadratmeter große Zentralbau der Südhalle, die von einer quadratischen Kuppel überragt wird. Bei der mit 3800 Quadratmetern Fläche deutlich größeren Nordhalle, die nach einer umfassenden Sanierung in neuem Glanz erstrahlt, handelt es sich um einen längsgerichteten Bau mit drei Schiffen. Nachdem die Gebäude ihre ursprüngliche Funktion als Markthallen verloren hatten, ermöglichte die Körber- Stiftung den Umbau für Ausstellungszwecke.

Am geschichtsträchtigen 9. Oktober 1989 wurde die erste große Kunstausstellung von der damals neu gegründeten Deichtorhallen-Ausstellungs GmbH eröffnet. Seither haben sich die ehemaligen Industriebauten mit ihrem enormen Raumpotenzial als idealer Ort für große Kunstausstellungen erwiesen. In der Nordhalle, der Halle für aktuelle Kunst, werden monografische Schauen, aber auch Themen- und Gruppenausstellungen gezeigt. Die Südhalle dient seit 2003 als Haus der Photographie für Ausstellungen fotografischen Inhalts. Den dafür notwendigen Fundus liefert die Sammlung des Fotografen F. C. Gundlach, der diese 2003 für 20 Jahre als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt hat. Außerdem gehört die Sammlung des Unternehmers und Kunstexperten Harald Falckenberg zu den Deichtorhallen, auch wenn diese in den Harburger Phoenix-Hallen beheimatet ist.
Deichtorstraße 12, 20095 Hamburg
www.deichtorhallen.de

KZ-Gedenkstätte Neuengamme

1938 verwandelten die Nationalsozialisten das ehemalige Dorf Neuengamme in einen Ort des Schreckens. Bis 1945 mussten in dem KZ etwa 100.000 Häftlinge aus allen besetzten Ländern Europas unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Auf 6700 Quadratmetern hält die heutige Gedenkstätte die Erinnerung an die Menschen wach, die hier gelitten haben.
Jean-Dolidier-Weg 75, 21039 Hamburg,
www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de

Archäologisches Museum

Welche Zeugnisse der Geschichte liegen im Boden verborgen? Wie kann man das Schicksal einer Stadt oder einer Landschaft über die Jahrhunderte hinweg ergraben? Was erzählen die Funde, die bei Ausschachtungsarbeiten vor dem Beginn von Bauprojekten von Archäologen entdeckt und gesichert werden? Antworten auf diese und viele ähnliche Fragen finden die Besucher der im Jahr 2009 völlig neu gestalteten Dauerausstellung im Archäologischen Museums Hamburg. „Entdecken – Erleben – Verstehen: Eine archäologische Erlebniswelt für die ganze Familie“ heißt das Motto der Schau, die viele spielerische Momente mit einbezieht.

Das 1898 im damals noch zu Preußen gehörenden Harburg gegründete Museum hatte zunächst eine regionalgeschichtliche Ausrichtung, betreibt aber schon seit den 1930er-Jahren auch archäologische Forschung. Dieser archäologische Schwerpunkt führte dazu, dass 1972 alle Hamburger Sammlungen zur Vor- und Frühgeschichte im damaligen Helms-Museum vereinigt wurden. 1987 übernahm das Haus außerdem die Aufgabe der staatlichen Bodendenkmalpflege und ist seither Sitz der Landesarchäologie. Heute verfügt das Museum mit 1,5 Millionen Objekten über eine der größten Sammlungen zur Vor- und Frühgeschichte Norddeutschlands. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Harburger Stadtgeschichte.
Museumsplatz 2, 21073 Hamburg,
www.amh.de

Barlach Haus

Der weiße Flachbau des Ernst Barlach Hauses bildet einen eigenen Akzent im Jenischpark. Das Museum wird von der Stiftung getragen, die der Industrielle Hermann F. Reemtsma 1960 gegründet hat. Zwischen Reemtsma und dem Bildhauer, Zeichner und Dichter Ernst Barlach hatte sich seit 1934 eine intensive Beziehung entwickelt, die bis zu Barlachs Tod reichte. Reemtsma förderte den in der NS-Zeit geächteten Künstler und baute eine Sammlung auf, die 1938 bereits 20 Skulpturen und etwa 100 Zeichnungen umfasste. Das 1962 eröffnete Ernst Barlach Haus verfügt heute über eine umfassende Barlach-Sammlung, zeigt aber auch Ausstellungen anderer Künstler, deren Werk Anknüpfungspunkte zu Barlach bietet.
Baron-Voght-Str. 50 a, 22609 Hamburg,
www.barlach-haus.de

Jenisch Haus

Fast wie ein Schloss wirkt dieses schneeweiße Landhaus, das sich der Senator Martin Johann Jenisch 1832 – 34 in seinen Park an der Elbe bauen ließ. Die Repräsentationsräume befinden sich im Erdgeschoss, die Wohnräume waren im ersten, die Gemächer der Diener im zweiten, niedrigeren Obergeschoss untergebracht. Bis heute wirken die Räume so authentisch, als würden sie noch vom ursprünglichen Besitzer bewohnt. Die Obergeschosse werden heute für Sonderausstellungen genutzt.
Baron-Voght-Str. 50, 22609 Hamburg,
www.jenisch-haus.de

Hafenmuseum

Der riesige Kaischuppen 50 A ist das Kernstück des Hafenmuseums am Bremer Kai des Hansahafens. Gewaltige Kräne ragen in den Himmel, historische Fahrzeuge stehen auf den originalen Schienen der Hafenbahn, im Hafenbecken liegen ein kohlebefeuerter Schwimmdampfkran, der historische Stückgutfrachter MS „Bleichen“ und weitere Wasserfahrzeuge. Sie bilden mit den Kaianlagen ein Ensemble, in dem sich die jüngere Vergangenheit des Hafens wunderbar nacherleben lässt – auch bei Führungen durch Zeitzeugen.
Australiastraße 59 20457 Hamburg
www.hafenmuseum-hamburg.de

Museum der Arbeit

Nach jahrelangen Vorbereitungen konnte Anfang 1997 in der ehemaligen „Neuen Fabrik“ der „New York – Hamburger Gummiwaaren Compagnie“ das Museum der Arbeit eröffnet werden. „Arbeitsalltag im Industriezeitalter“ ist eines der Hauptthemen der zahlreichen Ausstellungen. Gemeinsam mit der „Alten Fabrik“ von 1871, dem Torhaus, der Zinnschmelze und dem Kesselhaus bildet die „Neue Fabrik“ ein eindrucksvolles Ensemble der Industriekultur. Der gemeinsame Bereich mit dem großen Hofareal dient als Platz für vielfältige kulturelle Veranstaltungen. Das Wahrzeichen des Museums ist TRUDE, das ehemalige Schneidrad der weltgrößten Tunnelbohrmaschine. Damit wurde von 1997 bis 2000 die vierte Röhre des Elbtunnels im Schildvortriebsverfahren gebohrt. TRUDE hat einen Durchmesser von 14,20 Metern, wiegt 380 Tonnen und hat etwa 400.000 Tonnen Sand, Stein und Geröll aus dem Weg geräumt.
Wiesendamm 3, 22305 Hamburg,
www.museum-der-arbeit.de

Galerieszene Fleetinsel

Wer sich einen schnellen Einblick in Hamburgs vielfältige Galerieszene verschaffen will, der findet die geballte Ladung auf der Fleetinsel. In städtebaulich reizvoller Lage reihen sich dort zahlreiche Refugien für aktuelle und innovative Kunst aneinander. Außerdem gibt es in dem historischen Gebäudekomplex eine Kunstbuchhandlung, ein Kunstbuchantiquariat, ein Theater, Architekturbüros und mehrere Künstlerateliers – eine höchst kreative und inspirierende Gegend also. Zu den Galerien an der Admiralitätsstraße, die von Zeit zu Zeit ihre Ausstellungen gemeinsam und koordiniert eröffnen, gehören zum Beispiel die Galerie Jürgen Becker, die Galerie Melike Bilir, die Galerie Conradi, die Galerie Karin Günther, Multiple Box, Holger Priess * Galerie, die Produzentengalerie Hamburg und die Galerie Sfeir-Semler sowie das Westwerk. Wohl nirgendwo sonst in Hamburg findet sich so viel ambitionierte aktuelle Kunst auf so engem Raum wie hier.

Der Experte

Matthias Gretzschel ist seit 1990 Redakteur im Abendblatt-Kulturressort. Seit 2008 betreut der Autor zahlreicher kulturgeschichtlicher Sachbücher u. a. über bedeutende Bauwerke, Städte und Landschaften, die „Museumswelt Hamburg“, die viermal jährlich im Abendblatt erscheint. Er wuchs in Dresden auf, einer Stadt mit vielen bedeutenden Museen, studierte anschließend in Leipzig evangelische Theologie und promovierte im Fachgebiet „ Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst“.

Der Museumsführer

Hamburgs derzeit einziger Museumsführer repräsentiert die vielfältigen Ausstellungen und Sammlungen der Hansestadt: vom Handwerk bis zur Kunst, von der Geschichte bis zur Ethnologie, von der Arbeitswelt bis zur Schifffahrt. Viele Einrichtungen laden dazu ein, sich selbst spielerisch zu betätigen – vor allem Hamburgs Kinder. Das Buch von Abendblatt-Redakteur Matthias Gretzschel stellt 60 Museen mit Bildern, beschreibenden Texten und zahlreichen Informationen vor. (368 Seiten, 16,90 Euro).

Hier können Sie das Buch im Abendblatt-Shop bestellen.

Eine andere Möglichkeit den Museumsführer zu erhalten: Per Telefon unter 040/333 66 999 (Preise zzgl. Versandkosten).

www.abendblatt.de/shop