Hamburg. Bisher kaufte das Unternehmen sein Fleisch in Südamerika. Doch Marktturbulenzen lassen die Hamburger Block House Gruppe umdenken.

Saftige grüne Weiden. Eine Rinderherde grast direkt am Bodden in der Nähe im vorpommerschen Ribnitz-Damgarten. Uckermärker, so heißt die Rasse. Der studierte Landwirt Holger Aulrich zieht die Tiere im Auftrag der Hamburger Block Gruppe auf. Neun Bauern konnten die Block-House-Manager Stephan von Bülow und Karl-Heinz Krämer schon für ihr Projekt begeistern. Die Vorteile für die Züchter sind enorm. Sie bekommen einen Preis, der deutlich über dem Marktniveau liegt. Pro Tier gibt es einen Aufschlag, der im niedrigen zweistelligen Prozentbereich liegt. Bislang hat Aulrich 226 Rinder für die Block Gruppe in seiner Obhut, doch er will mehr. „Nächstes Jahr wird die Zahl auf 300 wachsen“, sagt der Landwirt.

Insgesamt ziehen die Vertragsbauern bereits 1100 Rinder für Block groß. Aber das ist nur der Anfang. Allein die Steakhäuser des umtriebigen Hamburger Unternehmers Eugen Block haben einen Bedarf von 60.000 Rindern im Jahr, hinzu kommt eine große Anzahl an Rindern, die für den Einzelhandel und andere Kunden benötigt werden. Allein Block Menü beliefert bundesweit mehr als 1500 Sterneköche, Gastronomen und Supermärkte mit seinen Produkten. Im Herbst will Block House nun erstmals testen, ob die Kunden das deutsche Fleisch annehmen. Im Theo’s, dem Restaurant im Block-Hotel Grand Elysée, werden die Uckermärker bereits seit Kurzem als Premiumsteaks angeboten.

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es 22 verschiedene Rinderrassen. Die Block Gruppe aber lässt bewusst und ausschließlich Uckermärker aufziehen, da deren Qualität ebenso hoch sei wie das Fleisch aus Südamerika, wo die Hamburger bisher einkaufen. Die Idee kam dem Block-Management, als die Preiskapriolen am weltweiten Fleischmarkt begannen. So verteuerte sich der Kilopreis zeitweise um bis zu 100 Prozent. „Wir müssen unseren Rohstoff in der Zukunft sichern“, sagt Block-Vorstandschef von Bülow. Ein Treiber der Kosten ist China. „Die Chinesen importierten vor fünf Jahren erst 80.000 Tonnen Rindfleisch. 2014 waren es bereits 1,1 Millionen Tonnen“, so von Bülow. Die Folge: Preisexplosionen.

Komplizierter ist die Fleischbeschaffung für Block auch deshalb geworden, weil Argentinien seinen Markt immer nach außen abschottet. „Um der Bevölkerung den Fleischkonsum zu garantieren, hat die Politik dort den Züchtern einen Verkaufspreis diktiert, bei dem sie kaum noch Geld verdienen“, so von Bülow. Vorstand Krämer, der häufig in das südamerikanische Land reist, kann derzeit nur noch zuschauen, wie sich die Anzahl der Züchter mangels vernünftiger Einnahmen verringert. Auch Schlachthöfe wurden bereits geschlossen. Deshalb konzen­triert sich die Block Gruppe seit einigen Jahren auf Uruguay als Importeur und startete jetzt mit den Mecklenburger Bauern das eigene deutsche Aufzuchtprogramm.

Aulrich hat mehrere Weiden, auf denen die Tiere das ganze Jahr über stehen können. Auf einem alten Flugplatz, der bis in die 90er-Jahre von der sowjetischen Luftwaffe genutzt wurde, kann er bis zu 35 Hangars nutzen, in denen die Rinder überwintern können. Auf einer anderen Weide grasen Jungrinder. Sie sind neugierig, wenn Menschen kommen, nähern sich ohne Scheu, lecken sogar deren Hände ab. Im September werden sie geschlachtet.

Nur Landwirte, die die strengen Bedingungen der Block Gruppe erfüllen, dürfen an dem Programm teilnehmen. Die Kälber müssen beim Muttertier aufwachsen und nicht – wie vielerorts üblich – der Mutter schnell entzogen werden, damit die Milch weiter anderweitig verkauft werden kann. Sechs Monate Weidehaltung müssen die Bauern zudem garantieren. Milchpulver zur Aufzucht ist verboten. Im offenen, hellen Stall muss jedes Tier mindestens 4,5 Quadratmeter Platz haben, üblich sind in Deutschland 2,2 Quadratmeter. Zudem sind Spaltböden verboten, die Rinder müssen auf Stroh stehen. Antibiotika gibt es nur in Notfällen. Die Gabe muss von einem Tierarzt genehmigt und vom Landwirt genau dokumentiert werden.

Die Rinder werden erst nach 18 bis 27 Monaten geschlachtet. Durch die längere Aufzuchtzeit wird das Fleisch schmackhafter. Krämer hat ein halbes Jahr lang verschiedenes Rindfleisch probiert, die Uckermärker Tiere schmeckten ihm klar am besten. Sie sind eine Kreuzung der Rassen Fleckvieh und Charolais.

Auch Eugen Block selbst besitzt mittlerweile 88 Uckermärker

Die Rinder sind vorrangig in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern verbreitet. „Es ist eine bodenständige Rasse mit guter Aufzuchtleistung und hoher Anpassungsfähigkeit“, so Krämer. „Uckermärker sind gutartige Tiere. Die Bullen werden bis zu 1300 Kilo schwer und haben einen hohen Fleischanteil am Schlachtgewicht.“ Krämer hat sich in den vergangenen zwei Jahren viele Höfe im Norden angeschaut, mit den Landwirten gesprochen und geprüft, ob sie die Anforderungen des Block-Programms erfüllen.

Bei Block House benötigt man nur 20 Prozent des Fleisches, das mindestens vier Wochen lang gereift ist. Filets, Ribeye oder Rumpsteaks kommen in den Restaurants auf den Tisch. Das Hackfleisch befindet sich in den Burgern, die bei Jim Block serviert werden. Der Rest wird zu Gulasch oder Rouladen für den Einzelhandel verarbeitet. Demnächst gibt es die Steaks aus Mecklenburg-Vorpommern dann auch in ausgewählten Supermärkten, welche die Hamburger beliefern.

Eugen Block besitzt nun sogar selbst 88 Uckermärker, ist damit zum Rinderzüchter geworden. Sie stehen direkt an der Elbe. Block weiß, dass er mit den Tieren Geduld haben muss – eine Eigenschaft, die dem ehrgeizigen Unternehmer sonst fremd ist. Denn die Aufzucht der ganz besonderen Rinder benötigt eben Zeit. Doch am Ende könnte sich der neue Weg des Hamburger Rinderbarons durchaus auszahlen.