Hamburg. Voraussichtlich neuer Bürgerentscheid in Altona zum Zeise-Parkplatz: Wie es nun weitergehen könnte. Etwas macht die Sache kompliziert.

Altona steht offenbar ein neuer Bürgerentscheid bevor, bei dem alle Wahlberechtigten des Bezirks abstimmen können. Diesmal geht es um die umstrittene Bebauung des Zeise-Parkplatzes in Ottensen. Die Initiatoren der Gruppe „Pro Wohnen Ottensen“ haben jetzt nach eigenen Angaben bei einem vorgeschalteten Bürgerbegehren rund 8000 Unterschriften für einen solchen Bürgerentscheid gesammelt, notwendig wären 6000.

Einen Monat hat das Bezirksamt nun Zeit, die Unterschriftenlisten zu prüfen. Ziel der Bürgerinitiative: Statt eines Bürogebäudes sollen dort günstige Wohnungen gebaut werden.

So einfach die Forderung klingt, so schwierig bis gar nicht dürfte sie sich umsetzen lassen: Der Parkplatz an den Zeisehallen war ursprünglich ein städtisches Grundstück, auf dem das Immobilien-Unternehmen Procom Invest zunächst tatsächlich Wohnungen bauen wollte und zu diesem Zweck das Areal von der Stadt auch zugesprochen bekam. Die Hälfte der geplanten, etwa 80 Wohnungen, werden Sozialwohnungen, hieß es seinerzeit. Doch nach den Wahlen zu den Hamburger Bezirksversammlungen gab es dann einen ganz anderen Plan.

Nun soll dort für 65 Millionen Euro ein Bürokomplex für zehn Hamburger Media- und Werbeagenturen der britischen Werbeholding WPP gebaut werden, wozu auch das Unternehmen Scholz & Friends gehört. Die Initiative „Pro Wohnen Ottensen“ protestierte mit prominenter Unterstützung diverser Künstler dagegen. Man brauche im Stadtteil günstigen Wohnraum und Platz für kleine Betriebe und keinen riesigen Bürobau, so das Argument.

Dennoch beschloss die mit Politikern besetzte städtische Kommission für Bodenordnung mit großer Mehrheit den Verkauf an die Immobilienunternehmen Procom Invest und Quantum, die mit WPP bereits einen Mietvertrag über 15 Jahre abgeschlossen haben. Argument von Politik und Behörden: Damit würden Arbeitsplätze in Hamburg gesichert. Die Ansiedelung von Unternehmen in Ottensen sei zudem ausdrücklich erwünscht.

Ob nun ein Bürgerentscheid diesen Plan durchkreuzen kann, dürfte reichlich zweifelhaft sein: Weil der gültige Bebauungsplan aus den 90er-Jahren eine gewerbliche Nutzung durch Bürogebäude an der Stelle ausdrücklich vorsieht, haben die Investoren nun faktisch eine Art Rechtsanspruch, der sich schwer aushebeln lässt.

Was die Sache allerdings für die Politik kompliziert macht: Der alte Bebauungsplan sieht eine massive Bebauung vor, die dicht an die historischen Zeisehallen heranreicht. Würden die Investoren anders und so wie heute vom Bezirk gewünscht bauen, muss es eine Ausnahme vom Bebauungsplan geben – dann aber verfällt der alte Rechtsanspruch und faktisch müsste sich die Verwaltung nach dem Votum des Bürgerentscheids richten.

Sollte es bei einem Bürgerentscheid eine Mehrheit gegen den Bürokomplex geben, werde der Senat die Entscheidung daher wohl an sich ziehen, vermuten Bezirkspolitiker wie CDU-Fraktionschef Uwe Szczesny oder auch Grünen-Fraktionschefin Gesche Boehlich. „Das wäre nicht das erste Mal, zumal der Senat den Verkauf ja schon beschlossen hat“, so Boehlich. Tatsächlich hat ein etwa 150.000 Euro teurer Bürgerentscheid auf Bezirksebene in Hamburg nur soviel Wirkung wie der Beschluss einer Bezirksversammlung. Und auch dabei hat der Senat immer das letzte Wort, wenn er andere Pläne verfolgt.