Es geht um die Aufklärung einer Serie von Sachbeschädigungen. Einige Anwohner sind empört, SPD stellt eine Senatsanfrage.
Eine Überwachungsaktion der Polizei sorgt für Empörung im Schanzenviertel: Mit Videokameras, installiert auf Balkonen und in Geschäften, observiert die Polizei seit einiger Zeit Teile des Schanzenviertels, insbesondere das Schulterblatt. Brisant: Im Gegensatz zu den videoüberwachten "Verbotszonen" Reeperbahn und Hansaplatz fehlt auf dem Schulterblatt jeder Hinweis auf die Kameras. Die SPD will jetzt die rechtlichen Voraussetzungen des Einsatzes klären lassen.
Nach Informationen des Abendblatts will die Polizei mithilfe der Kameras die Serie von Anschlägen auf Läden im Schanzenviertel aufklären. Mehrfach waren in den vergangenen Monaten Geschäfte Ziel von Schmierereien und Steinwürfen (das Abendblatt berichtete). Hintergrund ist ein Streit über die "Yuppisierung" des Szeneviertels. Aufgeklärt wurde kein einziger Fall. Das will die Polizei ändern. Mehrfach wurden Bewohner des Viertels angesprochen, ob sie bereit seien, Kameras in ihrer Wohnung installieren zu lassen, sagen Schanzenbewohner. Eine Stadtteilinitiative bestätigte den Einsatz der Kameras auf Balkonen und Vordächern. Unklar ist, wie viele Kameras bereits im Einsatz sind und was sie zeigen.
Die Videoüberwachung sorgt jedenfalls für Unruhe. Einige vermuten, die Polizei habe nicht die Schäden, sondern viel mehr die linke Szene im Visier. In einem Text der sogenannten "Antirepressionsgruppe" heißt es: Was die Polizei versuche, sei "die flächendeckende und andauernde Überwachung eines Stadtteils, um die andauernde ökonomische Aufwertung der Stadt auch sicherheitspolitisch durchzusetzen."
Schon seit Längerem rumort es in der Schanze: wegen des Schanzenfestes am 4. Juli, bei dem die Polizei vor dem Hintergrund der alljährlichen Ausschreitungen diesmal durchgreifen will. Linke Gruppen fürchten zudem, dass mit der "Yuppysierung" einkommensschwächere Anwohner verdrängt werden sollen.
SPD-Innenexperte Andreas Dressel sagt, dass mit der versteckten Überwachungsaktion die Bemühungen um das Schanzenfest torpediert würden: "Ist das der Beitrag des Innensenators zur Vertrauensbildung und Konsensfindung für ein rechtmäßiges Schanzenfest?", fragt Dressel. Er will die rechtlichen Voraussetzungen des Videoeinsatzes in einer Senatsanfrage klären lassen, die am Dienstag eingebracht wird. "Eine Videoüberwachung des öffentlichen Raums unterliegt aus gutem Grund hohen datenschutzrechtlichen Anforderungen, die nicht umgangen werden dürfen."
Die Polizei selbst will sich aus "kriminaltaktischen Gründen" weder zu der Überwachungsaktion äußern, noch den Einsatz der Kameras bestätigen: "Die Strafprozessordnung ließe den Einsatz der Videoüberwachung zur Beweissicherung zu", sagte Polizeisprecher Ralf Meyer. Es wäre absurd, wenn die Polizei eine solche Maßnahme bestätigte, sagte Meyer. Die gesamte Ermittlungsarbeit würde dann keinen Sinn mehr machen.
Wie das Abendblatt erfuhr, sollen in den nächsten Wochen nur "einzelne Geschäfte in gezielten Maßnahmen" observiert werden. Diese Aktionen dienten nicht der Gefahrenabwehr, sondern allein der Ermittlungsarbeit und seien deshalb mit der Videoüberwachung auf St. Pauli und in St. Georg nicht zu vergleichen. Sie müsse deshalb nicht ausgewiesen werden.