Siebter EHEC-Toter in Hamburg gemeldet – Behörden gehen von Abflauen der Epidemie aus

Hamburg. Zehn Tage nach der Schließung des als Infektionsquelle geltenden Sprossenbetriebs haben Behörden in Norddeutschland weitere EHEC-Neuerkrankungen registriert. In Niedersachsen waren es 28 neue EHEC-Erkrankungen oder -Verdachtsfälle, wie das Gesundheitsministerium am Mittwoch in Hannover mitteilte. Die Gesamtzahl der gemeldeten EHEC-Erkrankungen oder -Verdachtsfälle habe sich damit binnen eines Tages auf 669 erhöht. Die Zahl der Patienten mit dem Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS) sei zeitgleich um 6 auf 134 gestiegen.

Man gehe dennoch weiter davon aus, dass der Scheitelpunkt der EHEC-Neuerkrankungen überschritten sei, sagte Ministeriumssprecher Thomas Spieker. Ärzte meldeten EHEC-Erkrankungen oft erst nach der Bestätigung des Erregers durch ein Labor den Behörden. „Die gemeldeten Patienten können dann bereits wieder gesund sein“, betonte er.

Auch die Hamburger Gesundheitsbehörde geht weiter von einer Stagnation bei akuten Neuerkrankungen mit dem gefährlichen Darmbakterium aus. Die in den vergangenen 24 Stunden neu gemeldeten 18 EHEC-Fälle traten bereits vor dem langen Pfingstwochende auf, wie die Behörde mitteilte. Bei den fünf neu verzeichneten HUS-Fällen seien die Erkrankungen bereits im Mai aufgetreten.

Die Zahl der gemeldeten EHEC-Fälle beziehungsweise Verdachtsfälle in der Hansestadt betrug am Mittwoch den Angaben zufolge 1.071. Die Zahl der schwer erkrankten HUS-Patienten lag bei 186.

Die Gesundheitsbehörde der Hansestadt verzeichnete indes einen siebten Todesfall in Zusammenhang mit EHEC. Ein 1920 geborener Mann mit einer EHEC-Infektion sei gestorben. Bundesweit stieg damit die Zahl der Toten im Zusammenhang mit dem gefährlichen Darmbakterium auf 37.

In Schleswig-Holstein stieg die Zahl der bestätigten Infektionen am Mittwoch im Vergleich zum Vortag um 22 auf insgesamt 828 Fälle. Die Zahl der gemeldeten HUS-Fälle in Schleswig-Holstein wuchs um zwei auf 190 Fälle.

Das schleswig-holsteinische Gesundheitsministerium rief erneut zum Blutspenden auf. Wegen der EHEC- und HUS-Behandlungen der letzten Wochen bestehe noch immer ein großer Bedarf an weiteren Blutspenden.

Göttinger Wissenschaftler fanden indes heraus, dass die EHEC-Erkrankungen in Norddeutschland auf einen besonders aggressiven Keim zurückgehen. Die Analyse des Blutes von zwei betroffenen Patienten aus Hamburg deute darauf hin, dass nicht der EHEC-Erreger, sondern ein mit dem Begriff EAEC (Entero-Aggregativer Escherichia coli) bezeichneter Keim die Krankheiten verursache, sagte der Leiter des Göttinger Laboratoriums für Genomanalyse, Rolf Daniel.

Der Keim binde sich besonders fest an Gewebe, bilde Zellansammlungen und spule dort sein krank machendes Programm ab. Mehr als 96 Prozent des nun untersuchten genetischen Materials aus Hamburg und eines EAEC-Stammes seien identisch, sagte Daniel.

„Die Ergebnisse erlauben wichtige Rückschlüsse darauf, weshalb das besonders in Norddeutschland grassierende Bakterium so aggressiv ist“, sagte er weiter. Die Wissenschaftler schlagen für den neuen Erreger die Bezeichnung EAHEC (Entero-Aggregativer-Hämorrhagischer E. coli) vor.

Der als EHEC-Quelle geltende Sprossenerzeuger in Bienenbüttel war vor zehn Tagen geschlossen worden. Zeitgleich wurde bundesweit vor dem Verzehr roher Sprossen gewarnt. Die Zeitspanne zwischen einer Infektion mit dem EHEC-Erreger und dem Ausbruch der Darmerkrankungen beträgt nach Angaben des Robert-Koch-Istitutes zwei bis zehn Tage.