Sieben Lieferungen an 25 Futterhersteller in mindestens vier Bundesländer: Ein Bericht des Landwirtschaftsministeriums offenbart neue Zahlen.
Im Dioxin-Skandal sind nach Erkenntnissen der Bundesregierung bis zu 3000 Tonnen verseuchtes Tierfutterfett hergestellt worden. Es seien vom 12. November bis 23. Dezember 2010 nach derzeitigem Kenntnisstand sieben verdächtige Lieferungen an 25 Futterhersteller in mindestens vier Bundesländer verkauft worden. Dies geht aus einem Bericht des Landwirtschaftsministeriums an den Agrarausschuss des Bundestages hervor, der am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Eine Lieferung der mit Dioxin belasteten Futtermittel an andere EU-Staaten sei nicht erfolgt.
Die Rufe nach schnellen Konsequenzen werden immer lauter. Thüringens Landwirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) kündigte ein Sondertreffen der Agrarminister der Länder noch im Januar an und forderte härtere Strafen für die „Scharlatane der Branche“. Die Ernährungsindustrie verlangte, es müsse rasch alles unternommen werden, damit sich solch ein Fall nicht wiederhole.
Die Agrarminister der Länder würden am Rande der Grünen Woche in Berlin über Folgen aus dem Dioxinskandal beraten, sagte Reinholz, der Vorsitzender der Agrarministerkonferenz ist, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Notwendig seien „in erster Linie deutlich schärferer Strafen bei Verstößen gegen das Lebens- und Futtermittelrecht“. Nur mit harten, abschreckenden Sanktionen seien schwarze Schafe in der Branche zu beeindrucken. Bisher drohen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe, wenn Lebens- oder Futtermittel mit gesundheitsschädlichen oder verbotenen Zusätzen versehen werden.
Bei dem Treffen der Minister auf der Grünen Woche, die vom 21. bis 30. Januar geht, werde es zudem darum gehen, den Informationsaustausch zwischen den Ländern weiter zu verbessern und die Spielregeln für den Vertrieb von Futtermitteln zu verschärfen, sagte Reinholz weiter. Bei den Kontrollen der Futter- und Lebensmittelbranche sieht er hingegen keinen Handlungsbedarf. „Das Kontrollniveau ist bereits sehr hoch.“
Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat die Bundesländer aufgefordert, bei den Verbrauchern für Klarheit über die mit Dioxin belasteten Eier zu sorgen. Die Verbraucher müssten erfahren, „ob mit Dioxin belastete Eier bei ihrem Lebensmittelhändler verkauft wurden“, sagte Aigner den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“.
Das Verbraucherinformationsgesetz habe „optimale rechtliche Möglichkeiten für eine umfassende Verbraucherinformation“ zur Verfügung gestellt, sagte sie. Diese rechtlichen Grundlagen ermöglichten den Ländern, die klare und schnelle Nennung der verantwortlichen Firmen sowie der betroffenen Betriebe und Chargen.
Bisher hat lediglich Nordrhein-Westfalen zwei Betriebe genannt, von denen Eier in wohl sechsstelliger Zahl in den regionalen Handel gebracht wurden. Das Bundesland hatte dabei die sogenannten Stempelnummern veröffentlicht. Mit diesen Nummern, die auf jedem Ei aufgedruckt sind, lässt sich jedes Ei bis zu dem Hof zurückverfolgen, auf dem es gelegt wurde. Die meisten betroffenen Höfe liegen in Niedersachsen.
Nordrhein-Westfalen veröffentlichte als erstes betroffenes Bundesland Kennnummern, anhand derer die Verbraucher dioxinbelastete Eier erkennen können. Sie sind jeweils auf die Schale gestempelt.
Der Deutsche Bauernverband begrüßte die Ankündigung von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), die Regeln für die Zulassungsbedingungen von Futtermittellieferanten zu überprüfen. „Betriebe, die technische Fette herstellen, müssen vollständig ausgeschlossen werden von Lieferungen in den Futter- und Nahrungsmittelbereich“, sagte der Generalsekretär des Verbandes, Helmut Born, der „Passauer Neuen Presse“.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) verurteile „in schärfster Form jede Verwendung unzulässiger Bestandteile in der Futtermittelproduktion“, sagte ihr Vorsitzende Jürgen Abraham der „Bild“-Zeitung. Verstöße gegen geltendes Recht müssten „umfassend aufgeklärt und bestraft werden“.
Verbraucherschützer des Landes Niedersachsen hätten eine „außerordentlich hohe“ Dioxin-Belastung des in den Handel gelangten Tierfutters festgestellt, berichtete die „Hannoversche Allgemeinen Zeitung“ unter Berufung auf das Landesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (Laves). In einer Probe seien 123 Nanogramm Dioxin pro Kilogramm Fett ermittelt worden.