Der Ex-Projektleiter für das 323 Millionen Euro teure Bauwerk bezichtigt Herzog & de Meuron der Illoyalität: “Der Kostenrahmen wurde gesprengt“.
Hamburg. In ungewöhnlich scharfer Form hat Hartmut Wegener , der frühere Senatsbeauftragte für den Bau der Elbphilharmonie , die Schweizer Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron attackiert. Wegener, der von 2004 bis 2008 Projektkoordinator für das bislang 323 Millionen Euro teure Bauwerk gewesen ist, warf den Generalplanern vor, "nicht loyal" an der Seite des Bauherrn, also der städtischen Realisierungsgesellschaft ReGe, gestanden zu haben. "Sie sind den Weisungen des Bauherrn oft genug nicht nachgekommen und haben dadurch den Kostenrahmen gesprengt", sagte Wegener im Abendblatt-Interview.
+++ Das Abendblatt-Interview mit Hartmut Wegener +++
Der Baukonzern Hochtief und die Schweizer Architekten seien "von Anfang an sehr schwierige Partner in einem sehr schwierigen Projekt gewesen", sagte Wegener, der einen Moment nannte, an dem er an den Generalplanern gezweifelt hat. Als das Parlament dem Festpreis von 241 Millionen Euro zugestimmt hatte und er dieses in einer Bauherren-Besprechung freudig verkündete, habe ihn der leitende Architekt von Herzog & de Meuron gefragt: "Und wo sind die 50 Millionen Euro, die wir jetzt noch für unsere Änderungen brauchen?" Wegener sagte, dass es Überlegungen gab, den Vertrag mit den Architekten zu kündigen. Dazu sei es am Ende aber nicht gekommen. "Die Politik war dazu nicht bereit. Man wollte den Eklat nicht."
Hartmut Wegener räumte auch eigene Fehler ein: "Ich habe zu spät erkannt, dass dieser Architekt auf den Bauherrn, der ihn finanziert, letztendlich pfeift." Aufgrund seiner 30-jährigen Erfahrung im Baugeschäft war er der Meinung, dass sich ein Architekt als "rechte Hand des Bauherrn" versteht. "Ich habe zu spät realisiert, dass die sich als dritte, unabhängige Partei gesehen haben." Einmal habe Jacques Herzog zu ihm sinngemäß gesagt, Hamburg sei nur ein kleiner Bauherr, sie aber seien Weltarchitekten.
Wegener sparte auch nicht mit Kritik an den politisch Verantwortlichen. "Die Krux ist, dass sie oft nervös und nicht krisenfest handeln, wenn großer medialer oder politischer Druck entsteht", sagte er. Die Politiker verstünden wenig vom Bau, mischten sich aber dennoch ein und verschlechterten so massiv die eigenen Verhandlungspositionen. "Und nachher wissen sie von nichts", sagte Wegener, der namentlich dem damaligen Kulturstaatsrat Reinhard Stuth angriff. Der heutige Kultursenator sei "völlig überfordert" gewesen. Stuth und die damalige Senatorin Karin von Welck "wollten Frieden und eine Einigung um jeden Preis".
Die aber ist bis heute nicht in Sicht. Am Freitag will das Landgericht in der Auseinandersetzung zwischen derReGe und dem Generalunternehmer Hochtief entscheiden. Die ReGe will Hochtief in Regress nehmen, weil sich die Fertigstellung der Elbphilharmonie um ein Jahr verzögert. Im Raum stehen 13,5 Monate Bauzeitverlängerung und bis zu 40 Millionen Euro Vertragsstrafe.
Bisher kostet der spektakuläre Konzertsaal an der Elbe den Steuerzahler 323 Millionen Euro. Wegener kann sich vorstellen, dass das Projekt teurer wird, "weil es bis heute immer noch Nachträge gibt und Hochtief eben bisher keine Generalquittung unterzeichnet hat, wie ich es bei den ersten Nachtragsverhandlungen gefordert habe".