Wandsbeker Familien müssen zehn Wochen auf ihr Elterngeld warten. Grund für die Verzögerung ist der hohe Krankenstand in der Behörde.
Wandsbek. Die kleine Kimara, die am 26. Juli zur Welt kam, ist ihr ganzes Glück. Einen unbeschwerten Start in die Elternzeit haben Stefanie Dähling und Torsten Bonke jedoch nicht. "Wir wissen nicht, wie wir die kommenden Wochen finanziell über die Runden kommen sollen", sagt die Mutter. "Weil wir noch wochenlang auf unser Elterngeld warten müssen." Schon bei der Antragstellung habe es nur Probleme gegeben. "Wir haben eine wahre Odyssee hinter uns und sind wütend auf die Wandsbeker Elterngeldstelle."
Damit steht die junge Familie nicht allein da. Rund 740 Eltern warten auf ihr Geld. Schon seit Monaten kommt es in der Eltergeldstelle des Bezirksamts Wandsbek zu erheblichen Verzögerungen bei der Bearbeitung der Anträge und der Auszahlung des Elterngeldes. "Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Wochen", sagt Frank Schwippert, stellvertretender Bezirksamtsleiter.
Uwe Lohmann, Vizebezirksfraktionschef der Wandsbeker SPD, ist empört: "Das Bezirksamt lässt die Eltern hängen. Das ist ein Skandal." Die Elterngeldstelle sei derzeit geschlossen und auch telefonisch nicht erreichbar. "Besucher werden durch einen Aushang an das Soziale Dienstleistungszentrum (SDZ) verwiesen, wo allerdings nur Anträge abgegeben werden können", sagt Lohmann, der zu dem Thema eine Kleine Anfrage gestellt hat. Für Nachfragen bekämen die Eltern eine E-Mail-Adresse in die Hand gedrückt.
In der Antwort der Bezirksamtsleitung heißt es jedoch: Die Elterngeldstelle ist nicht geschlossen. Aufgrund von erheblichen und seit November 2009 anhaltenden Krankheitsausfällen werden seit dem 19. April jedoch keine allgemeinen Sprechzeiten angeboten.
"Allein der seit Monaten andauernde Krankenstand der Abteilung zeigt, dass im Bezirksamt generell etwas schiefläuft" sagt Uwe Lohmann. "Dort scheint das pure Chaos zu herrschen." Zudem kritisiert er, dass die Telefone der Elterngeldstelle nicht auf einen Anrufbeantworter geschaltet werden, auf dem die Eltern informiert werden. In der Antwort des Bezirksamts heißt es, dass eine "kurzfristige technische Lösung" derzeit geprüft werde.
Ungewiss ist, wann in der Elterngeldstelle wieder ein normaler Betrieb herrschen wird. "Wir versuchen, die Sprechzeiten in den kommenden Wochen wieder anzubieten", sagt der Vizebezirkschef Frank Schwippert. "Es gibt sieben Mitarbeiter in der Abteilung, aber das ist nicht das körperliche Jetzt", sagt er. Eine Stelle werde zum 1. Oktober nachbesetzt. Wie viele Mitarbeiter noch krank sind, will er nicht sagen. Nur so viel: "Eine Praktikantin und eine Auszubildende werden zur Unterstützung eingesetzt." Insgesamt sei es eine verfahrene Situation. "Aber wir tun alles, was wir können."
Dem Bezirkspolitiker Uwe Lohmann reicht das nicht. "Dieser Zustand muss sofort abgestellt werden, damit Familien eine finanzielle Verlässlichkeit haben", sagt er. "Und wenn die Bezirksamtleiterin Cornelia Schroeder-Piller die Anträge selbst bearbeitet."
Wer ihren Elterngeldantrag bearbeitet, ist Stefanie Dähling egal. Hauptsache, es geht schnell. Nachdem sie bei der Elterngeldstelle niemanden angetroffen habe, habe sie beim SDZ eine E-Mail-Adresse erhalten. "Ich habe am 18. August um einen dringenden Rückruf gebeten", sagt Dähling. Die Antwort: eine Abwesenheitsnotiz. "Aufgrund von akuten Personalausfällen können Anfragen derzeit leider nicht immer sofort beantwortet werden. Wir sind bemüht, die Anträge schnellstmöglich zu bearbeiten. Wir bitten Sie daher von Sachstandsanfragen abzusehen." Einen Rückruf hat Stefanie Dähling erst am vergangenen Freitag erhalten. "Jetzt können wir zwar unseren Antrag abgeben, aber auf das Geld müssen wir immer noch warten." Um die Lebenshaltungskosten bezahlen zu können, bliebe ihnen nichts anderes übrig, als sich von ihren Arbeitgebern Geld zu leihen.
Auch Familie Griesing musste mehrere Stationen durchlaufen, bis sie ihren Elterngeldantrag abgeben konnte. "Ich fühle mich von der Elterngeldstelle veräppelt", sagt Wolfgang Griesing, der am 1. Juli zum dritten Mal Vater geworden ist. Mindestens zwei Monate muss die Familie die Lebenshaltungskosten überbrücken. "Zum Glück sind wir finanziell dazu in der Lage", sagt er. "Aber für andere Familien ist die Situation bedrohlich." Dass es auch unkompliziert gehen kann, beweisen die Elterngeldstellen anderer Bezirke. In Bergedorf dauert die Bearbeitungszeit eines Antrags zwei bis drei Wochen, in Harburg drei und in Eimsbüttel rund vier Wochen. Schneller geht es auch in Altona. "Bei uns dauert die Bearbeitung im Durchschnitt 29 Tage", sagt Sprecher Nils Fischer. 2009 seien es noch 38 Tage gewesen. "Wir konnten die Wartezeit verkürzen, da wir einen weiteren Mitarbeiter eingestellt haben."