Wasser der Este drückt durch den Deich, in den Vier- und Marschlanden stauen sich die Dove Elbe und die Gose Elbe auf. Aber keine Orkanschäden.
Hamburg. Obwohl Orkan "Andrea" mit Spitzenwindgeschwindigkeiten über Norddeutschland hinwegbrauste, richtete das Tief in der Hansestadt weniger Chaos an als befürchtet: Die Berufsfeuerwehr vermeldete insgesamt 123 wetterbedingte Einsätze - zumeist wegen abgebrochener Äste, umgestürzter Bäume oder überfluteter Straßen. "Es blieb lediglich bei Sachschäden", resümierte ein Sprecher am Freitagmorgen. Auf dem Fischmarkt stand das Wasser in der Nacht etwa 1,25 Meter hoch, Autos mussten jedoch nicht aus den Fluten gezogen werden. "Wir haben hier zwar schon relativ viel Wasser, aber noch lange keine schwere Sturmflut", sagte ein Polizeisprecher. Der Pegel stand bei 2,24 Metern über dem mittleren Hochwasser.
Im Alsterpark mussten Jogger und Spaziergänger am Morgen häufig ihre geplante Route ändern, weil mehrere Bäume abgebrochen waren und sich quer gelegt hatten. Zudem trat die Alster an mehreren Stellen über die Ufer und überflutete Teile des Wanderwegs und der angrenzenden Wiesen.
+++ Ruhe nach dem Sturm: "Andrea" geht die Puste aus +++
+++ Überschwemmungen: So' n Schiet, dieses Wetter! +++
+++ Sturmtief "Andrea" pustet weiter mit Rekordstärke +++
Dramatischer war die Situation in den Vier- und Marschlanden: Dove und Gose Elbe drohten in der Donnerstagnacht über die Kronen der Binnendeiche zu treten. Aufgrund der hohen Elbwasserstände auch bei Niedrigwasser war nicht genug Wasser aus den beiden Nebenarmen über die Tatenberger Schleuse abgelaufen. Sie stauten sich auf die höchsten Stände seit mehr als 14 Jahren auf. Hinzu kam der anhaltende Regen, erklärte der Sprecher des Bezirks Bergedorf, Andreas Aholt. Der Bezirk richtete einen Katastrophenstab ein, Anwohner wurden geweckt, Sandsäcke bereitgehalten. Letztlich kamen sie aber nicht zum Einsatz, lediglich ein paar Keller liefen voll.
Auch die Este, die bei Cranz in die Elbe fließt, wies Rekordpegelstände auf. Zahlreiche Grundstücke entlang des Flusslaufes wurden überschwemmt. Die Situation entspannte sich erst, als das Este-Sperrwerk am Morgen geöffnet werden konnte. In einigen Häusern stand das Wasser einen Meter hoch. Es sollen die schwersten Überschwemmungen seit 2002 sein, berichteten Anwohner. Das Problem hier: Aufgrund des hohen Wasserstands der Elbe blieben die Fluttore des Este-Sperrwerks in Cranz gesperrt, die Wassermassen stauten sich auf, so Stefan Heinrichs, Ortsbrandmeister in Estebrügge. "Die Deiche sind durch den anhaltenden Regen der vergangenen Tage so voll gesogen, dass durch den Druck der Este das Hochwasser im Bereich Estebrügge und Moorende auf die Straßen und in die Grundstücke sickerte."
Noch schwerer traf es Teile Schleswig-Holsteins. In Kellinghusen nordöstlich von Itzehoe trat die Stör über die Ufer und überschwemmte Teile der Innenstadt. Zahlreiche Straßen standen bis zu 30 Zentimeter tief unter Wasser, der Linienbusverkehr musste stark eingeschränkt werden. 16 Freiwillige Feuerwehren waren im Einsatz, pumpten Keller aus und verstärkten die Deichkronen mit Sandsäcken. Auch Flensburg meldete im Bereich des Hafens teilweise Land unter. In Wilster (Kreis Steinburg), Gelting (Kreis Schleswig-Flensburg) und Lübeck drohten Überschwemmungen.
Entlang des Nord-Ostsee-Kanals mussten die Durchfahrtshöhen für Brücken wegen des extrem hohen Wasserstandes von 42 Metern auf 39,60 Meter gesenkt werden. Die Schleusenanlagen in Brunsbüttel und in Kiel seien vier Stunden lang vorrangig zur Entwässerung der etwa 100 Kilometer langen Wasserstraße genutzt worden, so das Schifffahrtsamt.