Jede zweite untersuchte Stichprobe wies nach Angaben des BUND resistente Keime auf. Die Ursache sieht der BUND-Vorsitzende Weiger im „fortgesetzten Antibiotika-Missbrauch“. Bundesverbraucherministerin Aigner will nun das Arzneimittelgesetz ändern.

Hamburg. Bei der Auswertung von Hähnchen-Proben hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in der Hälfte aller Stichproben Belastungen mit resistenten Keimen nachweisen können. Eine Ursache hierfür sieht der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger in einem „fortgesetzten Antibiotika-Missbrauch“. In der Folge können für den Menschen wichtige Medikamente ihre lebensrettende Wirkung verlieren. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) kündigte derweil Gegenmaßnahmen an. Zudem will Aigner das Arzneimittelgesetz ändern.

Bei Testkäufen fand der BUND gegen Antibiotika resistente Keime auf 10 von 20 Proben aus Supermärkten und Discountern in Berlin, Hamburg, Köln, Nürnberg und der Region Stuttgart. Ende 2011 hatten Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen Studien veröffentlicht, die den Einsatz dieser Medikamente in der Intensivtierhaltung offenlegten. Demnach werden beispielsweise in Niedersachsen in 82 Prozent der Masthuhnbetriebe Antibiotika eingesetzt.

Die vom BUND gefundenen Keime – ESBL-produzierende Darmkeime (Extended Spectrum Beta-Lactamase) und MRSA-Keime (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) – können bei anfälligen Menschen zu schweren Erkrankungen bis hin zu Todesfällen führen. Antibiotika-Resistenzen gelten deshalb als so gefährlich, weil in der Humanmedizin verabreichte Medikamente ohne Wirkung bleiben können.

Weiger sagte, in der Intensivhaltung würden 22 bis 24 Masthähnchen pro Quadratmeter gehalten. Eine immer größere Zahl von Nutztieren auf zu wenig Platz zu halten, sei nur unter Einsatz großer Mengen von Antibiotika möglich. „Die industrielle Tierhaltung muss endlich zurückgedrängt werden“, forderte der BUND-Vorsitzende.

Die Bundesregierung hat inzwischen angekündigt, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung drastisch reduzieren zu wollen. Nach Änderung des Arzneimittelgesetzes sollen die Länder die Abgabe von Antibiotika besser kontrollieren können. Aigners Sprecher Holger Eichele sagte, Verstöße müssten auch geahndet werden. Die Kompetenzen dafür lägen bei den Länderbehörden.

Der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Wilhelm Priesmeier, forderte konkrete und eindeutige Zielvorgaben, um den Antibiotika-Einsatz in der Nutztierhaltung zu reduzieren. Grünen-Politikerin Bärbel Höhn warf Aigner vor, sie wolle nur kosmetische Änderungen vornehmen. „Sie scheut ein konsequentes Vorgehen, weil ihr klar ist, dass die industrielle Fleischproduktion ohne Antibiotika nicht funktioniert.“

FDP-Agrarexpertin Christel Happach-Kasan sagte, Verbraucher könnten durch ihre Bereitschaft, auf Qualität zu achten und sie auch zu bezahlen, zu einer tiergerechteren Tierhaltung beitragen. „Wer nur zu Hähnchen im Sonderangebot greift, unterstützt eine Tierhaltung, die auf Antibiotika angewiesen ist.“ Die Linksfraktion will im Bundestag eine umfassende und transparente Dokumentation der Medikamentenvergabe einfordern.

Starker Antibiotikaeinsatz in der Hähnchenmast

Polit-Strategie für weniger Antibiotika in Hähnchenmast

Die gesamte Analyse des BUND zu antibiotikaresistenten Keimen in Hähnchenfleisch finden Sie unter www.bund.net/antibiotika-resistenzen. Unter bund.net/das-haben-wir-satt können Verbraucher Handelsketten dazu aufrufen, belastetes Fleisch aus den Regalen zu nehmen.