Die Mäster wiegeln ab, Verbraucherschützer befürchten Resistenzen beim Menschen. Die Tiere bekommen im Schnitt 2,3 Mal Antibiotika.

Hannover. Niedersachsens Hähnchenmäster behandeln ihre Tiere häufiger mit Antibiotika. Das belegen Zahlen aus dem Agrarministerium. Eine Gefahr für die Verbraucher sehen die Experten jedoch nicht. Seit Jahren steigt der Appetit auf Hähnchenfleisch. Die Konsequenz sind riesige Ställe, schnellwachsende Superrassen – und offenbar mehr Antibiotika. Die Mäster in Niedersachsen, mit 50 Millionen Tieren Deutschlands größter Hähnchenproduzent, setzen einem Bericht von NDRInfo zufolge häufiger diese Medikamente ein.

Eine Gefahr für die Verbraucher besteht dem Agrarministerium in Hannover zufolge aber nicht. „Es ist alles ordnungsgemäß und rechtskonform“, sagte die Leiterin der Abteilung Verbraucherschutz und Tiergesundheit im Ministerium, Heidemarie Helmsmüller, am Montag. Das Ministerium hatte den Einsatz von Antibiotika von 25 der etwa 800 Betriebe aus dem Jahr 2008 ausgewertet. Danach erhielten die Tiere während der gesamten Aufzuchtphase durchschnittlich 2,3 Behandlungen mit Antibiotika, vor zehn Jahren waren es noch 1,7. Die Grünen im Niedersächsischen Landtag bezeichneten die Zahlen als Skandal. „Die Antibiotika lagern sich im Fleisch ab und können dazuführen, dass diese beim Menschen nicht mehr wirken“, sagte der Agrarexperte der Fraktion, Christian Meyer. Die Grünen fordern deshalb schärfere Vorschriften und Kontrollen beim Einsatz von Medikamenten. Kritik kam auch von der SPD-Fraktion. Sie spricht sich gegen den Bau weiterer großer Mastanlagen aus.

Das Ministerium sieht keinen Grund für striktere Regeln. Nach Angaben von Helmsmüller untersuchen Lebensmittelkontrolleure das Hähnchenfleisch regelmäßig auf Antibiotikarückstände. In den vergangenen Jahren hätten sie die Proben nie beanstanden müssen. Das Ziel sei, die Gesundheit der Tiere zu verbessern, damit weniger Medikamente nötig seien. „Wir sind dabei, die Wirksamkeit der Mittel und Instrumente, die wir entwickelt haben, zu erhöhen.“ Es gebe bereits Schulungen und auch ein runder Tisch mit den Mästern sei geplant. Diese weisen den gestiegenen Einsatz von Antibiotika vehement zurück. „Das halte ich nicht für belastbar“, sagte der Präsident des Landesverbandes der Geflügelwirtschaft, Wilhelm Hoffrogge, in Dötlingen (Kreis Oldenburg). Die Zahlen des Ministeriums seien fragwürdig. „Es wird nicht klar, ob dabei zwischen Impfungen und Medikamenten getrennt wurde.“ In den vergangenen zehn Jahren haben sich nach Angaben von Hoffrogge die Hygiene und die klimatischen Bedingungen in den Mastställen verbessert. „Die Gefahr, dass Tiere erkranken, ist wesentlich geringer geworden.“ Außerdem setzten die Landwirte zunehmend auf Impfungen. „Medikamente kommen nur im äußersten Notfall zum Einsatz und dann meist nur in kleinen Mengen“, sagte Hoffrogge.

Genaue Zahlen, wie viele Medikamente insgesamt in Deutschland eingesetzt werden, gibt es nicht. Von 2012 an soll einer Bundesverordnung eine Datei erfassen, in welche Postleitzahlenregion wie viele Medikamente geliefert werden. Eine Ausnahme wird es laut NDR Info in der Geflügelbranche geben.

Hier soll nicht aufgeschlüsselt, wohin die Medikamente geliefert werden. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind datenschutzrechtliche Bedenken der Grund dafür.