Durch die Umstellung werden 300.000 Euro gespart. Umweltverband protestiert. Unternehmen verspricht Reduzierung des Energieverbrauchs.
Hamburg. Erst sieben Tage ist es her, dass Hamburg den Titel als "Europäische Umwelthauptstadt 2011" abgelegt hat. Jetzt wird bekannt: Gleichzeitig verabschiedet sich auch die stadteigene Hochbahn vom Ökostrom. Das bestätigte Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum dem Abendblatt.
Bisher hatte die Hamburger Hochbahn beim Energieanbieter Vattenfall Ökostrom aus norwegischen Wasserkraftwerken bezogen, verbrauchte im vergangenen Jahr rund 150 Millionen Kilowattstunden. Die Kosten dafür betrugen rund 16 Millionen Euro - der Aufschlag für den Ökostrom wurde mit 300 000 Euro angegeben. Die Entscheidung des Unternehmens, einen neuen Anbieter zu suchen, trifft auch den Hamburger Senat, der den grünen Hochbahn-Strom in sein Klimaschutzprogramm aufgenommen hatte.
Der Hamburger Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) protestierte scharf: "Die Hochbahn sendet als öffentliches Unternehmen ein völlig falsches Signal aus. Kaum ist das Jahr der Umwelthauptstadt vorbei, gibt es eine Kehrtwende im öffentlichen Strombezug. Richtig wäre es gewesen, wenn die Hochbahn ähnlich konsequent wie die Hamburger S-Bahn bei der Neuausschreibung auf 100 Prozent Ökostrom setzt", sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Diese "unglaubliche Absage an den Klimaschutz" habe letztlich auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) als Aufsichtsratsvorsitzender der Hochbahn mitzuverantworten.
+++ Scholz mit Hamburg als Umwelthauptstadt zufrieden +++
+++ Ein Jahr europäische Umwelthauptstadt Hamburg +++
+++ Besser als ihr Ruf +++
Horch selbst wollte sich am Freitag nicht zu dem Vorgang äußern. Er habe von dem Beschluss der Hochbahn bis dato nichts gewusst, hieß es.
Offiziell begründet das Unternehmen seine Entscheidung mit der Unzufriedenheit über die sogenannten Ökostrom-Zertifikate. Das Problem: Sobald Strom in europäische Übertragungsnetze eingespeist ist, kann nicht mehr unterschieden werden, ob er aus regenerativen Energiequellen stammt oder konventionell erzeugt wird. Deshalb wurden Zertifikatsysteme eingeführt, die den Nachweis ermöglichen sollen, aus welchen Quellen Strom ins Netz gelangt - etwa die europaweit anerkannten RECS-Zertifikate (Renewable Energy Certificate System). Doch die Hochbahn zeigt sich skeptisch. "Wir wissen nicht, was mit dem Geld aus dem Zertifikatehandel passiert", sagte Sprecher Kreienbaum. Statt weiter Ökostrom-Zertifikate zu kaufen, wolle das Unternehmen die eingesparten rund 300 000 Euro in firmeneigene Projekte zur Energieeinsparung stecken.
Seit Jahren arbeitet die Hochbahn bereits mit einem System, das die beim Bremsen der U-Bahnen entstehende Energie zurück ins Stromnetz führt. Entweder nehmen Bahnen in der Nähe diese Energie für das Anfahren gleich wieder auf, oder die Energie wird in Speichern aufgefangen. Jährlich spart die Hochbahn nach eigenen Angaben so bis zu 472 000 Kilowattstunden Energie.
BUND-Chef Braasch bezweifelt die Begründung der Hochbahn. Das Energiesparprogramm habe mit der Entscheidung gegen den Ökostrom gar nichts zu tun, sondern laufe seit Jahren unabhängig davon. "Sollte noch eine Chance existieren, die Entscheidung zum Ausstieg aus dem Ökostrom rückgängig zu machen, dann wird es höchste Eisenbahn", sagte Braasch.
Wer der neue Stromlieferant der Hochbahn sein wird, ist noch unklar. Das Ausschreibungsverfahren, das eigentlich Ende 2011 abgeschlossen sein sollte, wurde gerade bis zum 31. Januar verlängert. Beworben hat sich auch das städtische Unternehmen Hamburg Energie. Die Unterlagen sind laut Sprecher Carsten Roth bei der Hochbahn eingereicht worden. Als reiner Ökostromanbieter dürfte es für Hamburg Energie nun allerdings schwer werden, den Zuschlag zu bekommen.