Manchmal sagt ein Schweigen mehr als 1000 Worte. So wie bei Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) in dieser Woche. Mit ihrem demonstrativen Schweigen zum Umzug ihrer Behörde von der Stadthausbrücke nach Wilhelmsburg machte sie deutlich, wie sehr ihr diese Entscheidung missfällt.
Blankau wollte lieber in die HafenCity ziehen. Dennoch musste sie den Beschluss hinnehmen, denn zu diskutieren gab es nichts mehr nach dem Treffen beim Bürgermeister. Am Donnerstagmorgen haben sich die beteiligten Senatoren in einem Arbeitsraum im Senatsgehege zum Gespräch beim Frühstück getroffen. "Der Bürgermeister hat die Entscheidung vorgegeben", sagte ein Teilnehmer der Runde. Dieser Beschluss von Olaf Scholz war unumstößlich, und so dauerte das Treffen auch nur etwas länger als eine Stunde.
Dass Jutta Blankau dennoch nicht begeistert gewesen ist, zeigte sich einige Stunden später an der öffentlichen Mitteilung über den Umzug. Ganze fünf Sätze widmete die Behörde dem Thema. Darin lediglich die Fakten: Wer zieht wann wohin. Das war's. Kein persönliches Wort der Senatorin. Im Gegenteil, Jutta Blankau hat sogar eigens dafür gesorgt, dass ein ursprünglich vorgesehenes Zitat aus der Pressemitteilung wieder gestrichen wurde. Wie aus ihrem Büro zu hören war, wollte sie das schlichtweg nicht. Sie soll sogar gesagt haben: "Am liebsten würde ich gar nichts veröffentlichen." Das musste sie aber, da der Bürgermeister ihr diese Rolle zugedacht hatte.
In einem internen Schreiben, in dem Blankau ihre Mitarbeiter über den Umzug informierte, machte sie aus ihrer Gemütslage keinen Hehl.
Die Entscheidung sei vor dem Hintergrund getroffen worden, dass die Hansestadt insgesamt deutlich mehr Büroflächen angemietet habe als tatsächlich benötigt würden. Angesichts der Haushaltslage erscheine dies nicht länger vertretbar. Zur Erläuterung: Aus dem Haus an der Stadthausbrücke muss die Behörde ausziehen, weil das Gebäude an einen privaten Investor verkauft wurde. Der Neubau in Wilhelmsburg ist Eigentum der Stadt und war vom schwarz-grünen Senat eigens für die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) in Auftrag geben worden.
Im Schreiben heißt es weiter: "Allerdings verkenne ich nicht, dass aus dem Kreis der Mitarbeiter gewichtige Argumente gegen einen Umzug nach Wilhelmsburg vorgebracht wurden und diese von mir sehr ernst genommen werden." Diese "gewichtigen" Gegenargumente sind - so sagen es Kollegen der Behörde - die Aussagen einiger Mitarbeiter, die Innenstadt nicht verlassen zu wollen, "allgemeine Vorurteile gegenüber Wilhelmsburg", sowie das Beharren auf den Istzustand. Der Sprung über die Elbe, der seit langer Zeit politischer Wille in der Stadt ist, hat aber auch Befürworter. Viele Mitarbeiter sehen die Chance, die der Umzug mit sich bringt - sowohl für Wilhelmsburg als auch für die Behörde, die erstmals gemeinsam in einem Gebäude arbeiten werde. Bisher waren die Mitarbeiter auf mehrere Standorte in der Stadt verteilt.
Wäre die Senatorin ebenfalls von den Chancen überzeugt, hätte sie diese für sich nutzen können. Als Fürsprecherin hätte sie ein Signal in Richtung Wilhelmsburg geben können. Anders als viele Senatoren vor ihr, hätte sie den Hamburgern südlich der Elbe das Gefühl geben können, nicht das ungeliebte Stiefkind zu sein. Stattdessen tat sie monatelang öffentlich ihren Unwillen kund. Das ganze gipfelte in der fast schon legendären und seitdem oft zitierten öffentlichen Aussage Blankaus: "Es ist mir ehrlich gesagt scheißegal, wer nach Wilhelmsburg zieht."
Die SPD scheint in Sachen Umweltpolitik derzeit einfach kein glückliches Händchen zu haben. Von den Umweltverbänden kommt der Protest, dass die Regierung nicht genug tut. Das Problem: Wenn sie etwas tut, gibt sie dabei oft eine unglückliche Figur ab. Da erklärt sich die weltberühmte Primatenforscherin Jane Goodall bereit, Botschafterin für die Umwelthauptstadt Hamburg zu werden, und was macht Olaf Scholz? Er überlässt die Ehrung der Frau, die von der Queen und Kofi Annan empfangen wurde, der Umweltsenatorin. Das Thema liege fachlich bei Blankau, hieß es aus dem Rathaus.
Selbst gut gemeint klappte in diesem Falle nicht. Hamburg hatte sich überlegt, Jane Goodall im Unileverhaus zu empfangen. Nicht ohne Grund: Das Gebäude hat acht Preise für Nachhaltigkeit gewonnen. Zudem ist Unilever Sponsor der Umwelthauptstadt. Die Stadt hatte die Rechnung ohne "Robin Wood" gemacht. Die prangerten den Konzerns an: Unilever sei einer der größten Palmöl-Einkäufer weltweit. Palmöl wird auf riesigen Plantagen gewonnen, die Regenwald verdrängen.
Aus Angst, die Umweltaktivisten könnten Protestaktionen planen, wurde die Veranstaltung ins Rathaus verlegt. Statt aber den prunkvollen Kaisersaal zu wählen, entschied man sich für den schlichten Sitzungssaal 151.
Beobachter können sich immer weniger des Eindrucks erwehren, dass dem SPD-Senat Umweltpolitik nicht wichtig ist. Fast wie ein Beleg dafür hieß es selbst von SPD-Umweltexperten, sie hätten von Goodalls Besuch aus der Zeitung erfahren. Es hätten so viele Ausschüsse in den vergangenen Wochen getagt, da sei für so etwas keine Zeit gewesen. Umweltpolitik à la SPD.