Der SPD-Senat habe die Chancen des Titels nicht genutzt. Statt zusätzlicher Maßnahmen seien City-Maut und Stadtbahn gestrichen worden.

Hamburg. Hamburgs SPD-Regierung hat nach Ansicht von Umweltverbänden aus dem Titel Europäische Umwelthauptstadt kaum etwas gemacht. NABU, ADFC und der Botanische Verein werfen dem Senat in einer Bilanz verpasste Chancen und Rückschritte in der Umweltpolitik vor.

Umweltverbände haben am Engagement des SPD-Senats für Hamburg als Europäische Umwelthauptstadt kein gutes Haar gelassen. „Was enttäuschend war, war der Einsatz unserer Landesregierung“, zog der Vorsitzende des Hamburger Naturschutzbundes (NABU), Alexander Porschke, am Donnerstag eine Bilanz zum Abschluss des Umwelthauptstadtjahres 2011. Statt zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, habe die SPD nach der Regierungsübernahme im März bereits geplante Umweltschutzprogramme wie die Stadtbahn, die City-Maut oder den Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe wieder gestrichen. Ähnlich kritisch äußerten sich Vertreter des Fahrradclubs ADFC und des Botanischen Vereins. Hamburg ist nach Stockholm (2010) bislang die zweite Umwelthauptstadt Europas. Im kommenden Jahr darf sich das nordspanische Vitoria-Gasteiz „Grüne Hauptstadt Europas“ nennen.

Die EU-Kommission hatte Hamburg am 23. Februar 2009 in Brüssel den Titel „Umwelthauptstadt Europas 2011“ verliehen. Die Jury begründete ihre Entscheidung damals mit den großen Leistungen der Hansestadt, welche auf der ganzen Bandbreite exzellente Umweltstandards erreicht habe. Hinzu komme: „Die Stadt hat sehr ehrgeizige Pläne für die Zukunft, die zusätzliche Verbesserungen versprechen.“ Von Anfang an gab es aber auch Kritik. So zog der Umweltverband BUND sein Teilnahme zurück, weil Siemens als Erbauer von Atomkraftwerken Hauptsponsor wurde. Auch Greenpeace nahm nicht teil. Der Bund der Steuerzahler wiederum kritisierte den „Zug der Ideen“. Die durch 18 europäische Städte gerollte Ausstellung habe für vier Millionen Euro keine neuen Ideen, sondern nur Althergebrachtes wie Mülltrennung präsentiert.

Die in der Gruppe Hamburg Umweltverbände-Initiative (UHU) zusammengefassten Umweltaktivisten sehen dies nicht so streng. Hamburg habe mit dem „Zug der Ideen“ einen Beitrag geleistet, die Grundidee der Umwelthauptstadt in ganz Europa zu verbreiten, sagte Porschke. Überhaupt sei der Titel Umwelthauptstadt etwas Gutes. Viele Metropolen könnten so lernen, wie ihre Nachbarn bestimmte Themen angingen – etwa Stockholm die City-Maut, Brüssel die autofreien Tage oder Kopenhagen den Radverkehr. „Gut war auch das Engagement der Bevölkerung in Hamburg“, sagte Porschke. Es gebe zwar noch reichlich Luft nach oben. „Aber es hat sich zum Positiven entwickelt. Das hat uns gefreut.“

Anders sieht die Bilanz der Umweltschützer für die SPD-Regierung aus. „Wir Hamburger Umweltverbände haben deutlich gespürt, dass dem Senat (...) das Engagement für die Umwelt nicht wirklich am Herzen liegt“, erklärte der Vorsitzende des Botanischen Vereins, Hans-Helmut Poppendieck. Auch im Verkehrsbereich habe sich der Senat nicht mit Ruhm bekleckert. Von den ursprünglichen Plänen sei so gut wie nichts umgesetzt worden, sagte ADFC-Vorstand Susanne Elfferding. „Insofern sind wir von einer Verkehrswende, wie sie heute eigentlich für die großen Städte nötig wäre, weit entfernt.“ (dpa)