CDU-Finanzsenator Carsten Frigge macht im Übersee-Club weit reichende Sparvorschläge. Seine Idee: Hamburg braucht nur fünf Behörden.
Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) hat sich angesichts der Finanzprobleme der Stadt für eine drastische Verkleinerung des Senats ausgesprochen. "Brauchen wir bei 1,8 Millionen Einwohnern wirklich neun Behörden? Reichen nicht auch fünf?", fragte der gelernte Unternehmensberater gestern Abend in seiner Rede "Staatsfinanzen in schwerer See - Zeit für einen neuen Kurs?" vor dem Übersee-Club. Die Antwort gab er selbst: "Eindeutig ja!" Das Problem seien weniger die großen Behördenleitungen samt Referenten, Sprechern, Fahrern und Sekretärinnen. "Das Problem ist, dass die Senatoren jeden Tag Ideen haben", so Frigge. Das belege der schwarz-grüne Koalitionsvertrag: "Das reicht für fünf Legislaturperioden." Da unmöglich alles umgesetzt werden könne, agierten die Behörden wie "neun kleine Konzerne", die sich Konkurrenz machen.
Frigge, der erst seit 83 Tagen im Amt ist, analysierte schonungslos die aktuelle Lage, in der die Stadt pro Tag (!) 1,55 Millionen Euro und pro Jahr rund 560 Millionen Euro mehr ausgebe, als sie einnehme, und öffnete ein Füllhorn an Vorschlägen, das zu ändern. Beispiel Bezirke: "Warum hat jedes Bezirksamt eine eigene Rechtsabteilung?", fragte der Finanzsenator. 16 Rechtsämter in sieben Bezirken und neun Behörden seien viel zu viel, ein zentrales für alle genüge. Beispiel Baugenehmigungen: Wer einmal im Leben ein Haus baue, brauche nicht zwingend ein Bauamt um die Ecke. Frigge: "Das könnte man locker zentralisieren." Beispiel Standesämter: Für eine Eheschließung sollte es nur einen Stempel geben, jede weitere Dienstleistung sollte dem Ehepaar in Rechnung gestellt werden. Beispiel Polizeieinsätze bei Fußballspielen des HSV oder des FC St. Pauli: "Warum muss ich das bezahlen", fragte der Finanzsenator. Beispiel Kultur: "Müssen wir die Oper bezuschussen?", fragte Frigge und rechnete vor, dass ein Opernbesuch 154 Euro koste, wovon der Besucher nur 40 Euro zahle, aber 114 Euro die Stadt. "König der Löwen kostet 117 Euro und die Besucher zahlen auch 117 und müssen trotzdem ein halbes Jahr auf Karten warten", so das Gegenbeispiel des Senators. Für seine Lust am Querdenken und Provozieren erhielt er viel Applaus im Übersee-Club.
Als Provokation empfindet der Beamtenbund (dbb) die geplante Kürzung des Weihnachtsgelds und verlangt jetzt ein Gespräch mit Bürgermeister Ole von Beust (CDU). "Der Bürgermeister hat immer gesagt, dass die Beamten nicht die Melkkuh sein dürften", sagte der dbb-Landesvorsitzende Rudolf Klüver dem Abendblatt. "Nun werden wir doch gemolken, deswegen wollen wir um einen Gesprächstermin bitten." Er finde es bedauerlich, dass Beust vor seiner Regierungserklärung nicht mit der Gewerkschaft über die Sparbeschlüsse des Senats gesprochen hat. Von denen sind die Beamten in erster Linie betroffen. 100 Millionen Euro sollen ab 2011 dadurch eingespart werden, dass in den oberen Gehaltsgruppen kein Weihnachtsgeld, in den anderen nur noch ein Teilbetrag gezahlt wird: Bis zur Besoldungsgruppe A 8 gibt es 840 Euro, von A 9 bis A 12 noch 710 Euro, darüber nichts mehr. Heute will sich der dbb-Landesvorstand damit befassen. Klüver: "Die Beschäftigten sind ziemlich auf Zinne."