Nicht nur Zimmermädchen, auch Friseure, Wachleute und Altenpfleger haben kaum Rechte. Ver.di-Chef Rose fordert Umdenken.
In der Diskussion um Dumpinglöhne werden neue Vorwürfe laut. So prangern die Gebäudereinigungsfirmen jetzt die Hotels an: "Die Betreiber wissen genau, dass die Arbeit zu Dumpinglöhnen geleistet wird", sagt Marc Peters (Name geändert), Objektleiter einer Hamburger Hoteldienstleistungsfirma.
Peters schildert folgenden Fall: Anfang vergangenen Jahres hatte sich seine Firma bei einem Hamburger Fünf-Sterne-Hotel beworben. Dort sagte man ihm, das Hotel würde maximal 4,50 Euro pro Zimmer zahlen. Wenn er das nicht annehme, hätte er erst gar keine Chance. "Ein unmögliches Angebot, für die Zimmer wären mindestens 45 Minuten Reinigungszeit nötig gewesen", sagt Peters. "Den Tariflohn hätten wir so nie zahlen können." Seine Firma lehnte ab - das Luxushaus habe kurz darauf eine andere Firma gefunden.
Peters weiter: "Die Hotels lassen Flure und Eingangsbereiche unbezahlt mitreinigen - das ist gängige Praxis." Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück. "Die Preise entstehen aus Verhandlungen", sagt Heida Lindtner, Direktorin des gleichnamigen Hotels in Heimfeld. "Wir zahlen mehr als 4,50 Euro pro Zimmer." Gesa Rohwedder vom Hotel Intercontinental räumt ein, dass auch die Hotels mit einem enormen Preisdruck zu kämpfen hätten. "Die Zimmerpreise sind in den vergangenen Jahren gesunken", sagt sie. Würde mehr für die Reinigung gezahlt werden, müssten auch die Zimmerpreise für die Gäste erhöht werden: "Wir sitzen mit den Unternehmen quasi in einem Boot."
Wolfgang Rose, Landesbezirksleiter von Ver.di Hamburg, fordert Politiker und Unternehmen auf, den Lohnverfall so schnell wie möglich zu stoppen: "Wir werden uns um die Leute kümmern - tun Sie es auch." Denn nicht nur im Hotelgewerbe, auch in anderen Dienstleistungsbereichen ist Lohn-Dumping üblich. Conrad Strehl (51), Lehrlingswart bei der Hamburger Friseur-Innung: "Wir haben in unserer Branche viele schwarze Schafe", sagt er. "Und es werden immer mehr."
Auch im Bereich der ambulanten Pflege erhalten Mitarbeiter durch Tricksereien häufig nicht das Geld, das ihnen zusteht. Ein Beispiel: Birgit Clasen (Name geändert) sollte laut Vertrag zwölf Euro pro Stunde bekommen. Doch schon am ersten Tag fand sie heraus: Ihr Arbeitgeber wollte nur die reine Arbeitszeit zahlen, weder Wartezeiten noch Ausfälle wurden angerechnet.
Für Ver.di sind Wach- und Sicherheitsmänner besonders häufig unterbezahlt. Der zuständige Fachbereichsleiter Peter Bremme (46) bearbeitet derzeit mehr als 50 Fälle, in denen Mitarbeiter unterbezahlt und von den eigenen Chefs erpresst würden. "Die Regel in dem Gewerbe ist einfach", sagt er. "Wer klagt, der fliegt."
Ähnlich wie bei den Gebäudereinigungsunternehmen herrsche bei den Wach- und Sicherheitsfirmen ein enormer Konkurrenzdruck. Der zwinge die Firmen dazu, sich bei Angebotsabgaben gegenseitig zu unterbieten - auf Kosten der Mitarbeiter. Die tariflich vorgegebene Lohnerhöhung von 6,10 Euro auf 6,14 pro Stunde würde einfach ignoriert. Bremme: "Das sind kriminelle Machenschaften, die gestoppt werden müssen - sofort."