ABENDBLATT: Herr Senator, eine fleißige junge Frau bekam für ihre Arbeit in einem Hamburger Hotel knapp 1,92 Euro Stundenlohn netto. Was sagen Sie als Wirtschaftssenator dazu?

ULDALL: Diese Angelegenheit ist auf das Schärfste zu verurteilen. Für ordentliche Arbeit muss auch ein ordentlicher Lohn bezahlt werden. Im Übrigen schadet dieses Verhalten allen Beteiligten - der jungen Frau, aber auch den Unternehmen.

ABENDBLATT: Die Gewerkschaften fordern jetzt Mindestlöhne gegen Lohndumping.

ULDALL: In der Tat werden in allen möglichen Bereichen die tariflichen Vereinbarungen unterlaufen. Das ist ein sehr ernstes Thema. Für einen Mindestlohn müsste es eine bundesgesetzliche Regelung geben, wir müssen aber jetzt konkret in Hamburg reagieren. Ich halte einen gesetzliche Mindestlohn für wenig hilfreich, weil er die Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zerstören würde. Was wäre denn, wenn ein Kleinunternehmer jemanden zu einem Lohn beschäftigt, der unter dem gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohn liegt und den er aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht anheben kann. Soll er den Mitarbeiter dann entlassen?

ABENDBLATT: Sie treffen sich heute mit Vertretern der Gewerkschaften, Hoteliers und Gebäudereinigern zu einem Krisengipfel. Welche Lösungsvorschläge werden Sie mitbringen?

ULDALL: Wir wollen heute einen gemeinsamen Appell auf den Weg bringen, wonach die Gebäudereiniger-Innung ihre Kontroll- und Prüfstellen auch für Private öffnen soll. Wenn das funktioniert, lautet mein Appell an die Reinigungsunternehmen: "Lasst euch zertifizieren", und an die Auftraggeber wie zum Beispiel Hotels: "Vergebt eure Aufträge nur an Zertifizierte." Natürlich würden nur Unternehmen zertifiziert, die kein Lohndumping betreiben. Das Ganze wäre aber nicht als Gesetz formuliert, so etwas muss auf freiwilliger Basis geschehen.

ABENDBLATT: Im konkreten Fall wurde aber auch deutlich, dass sich niemand für das Lohndumping verantwortlich fühlte.

ULDALL: Bei diesem Thema sind alle Beteiligten in der Pflicht. Das gehört zu einem ehrbaren Kaufmann.

ABENDBLATT: Hätte es in diesem Bereich nicht schon früher strengere Kontrollen geben müssen?

ULDALL: Man hätte das Problem schon früher mit anpacken müssen. Aber mein Eindruck ist, dass dieses Problem in den vergangenen Jahren überproportional gewachsen ist. Das hat viele Gründe, dazu gehört offenbar auch die EU-Osterweiterung.

ABENDBLATT: Im Bereich Gebäudereinigung sind nach Schätzungen von 38 000 Beschäftigten 10 000 in Vollzeit. Was tut die Behörde, um das zu ändern?

ULDALL: Dieses Problem beschäftigt mich sehr intensiv, denn es ist natürlich auch in unserem Interesse, die Menschen in Vollzeitstellen zu bekommen. Wir haben dazu mit der Innung der Gebäudereinigung vereinbart, zu prüfen, wo konkret eine solche Umwandlung möglich ist. Die Innung hat eine Arbeitsgruppe gebildet, die im April Vorschläge unterbreiten wird.