Immer neue Tricks: Gezahlt wird erst, wenn ein “NegativKonto“ abgearbeitet ist.

Hamburg. Die illegale Praxis, Dumpinglöhne von zum Teil nur 2,50 Euro brutto pro Stunde und damit deutlich unter Tarif zu bezahlen, ist nach Abendblatt-Informationen in vielen Dienstleistungsbranchen weit verbreitet. So bekommen zum Beispiel nicht nur Hotel-Zimmermädchen, sondern auch Friseure, Wach- und Pflegepersonal häufig deutlich weniger Geld, als ihnen laut Arbeitsvertrag zusteht.

"Der volle Lohn wird nur bezahlt, wenn extrem hohe Leistungsvorgaben erfüllt werden", sagt Hamburgs Ver.di-Chef Wolfgang Rose. Er kündigte eine Gewerkschaftskampagne an, um den Mitarbeitern besser helfen zu können.

Das Abendblatt hatte exklusiv über den Fall des Zimmermädchens Antonia H. berichtet, die trotz Festanstellung nur 2,46 Euro brutto pro Stunde bekommen hatte. Ihr Arbeitgeber, die Reinigungsfirma Lieblang, hatte sie für den Tariflohn von 7,87 Euro angestellt, zahlt tatsächlich aber nur eine Pauschale von 3,50 Euro pro gereinigtem Zimmer.

Mit welchen Methoden gearbeitet wird, schildert Conrad Strehl (51), Lehrlingswart bei der Hamburger Friseurinnung: "Viele Betriebe richten den Angestellten ein Minuskonto, beispielsweise mit 1200 Euro, ein. Pro Kunde wird etwas draufgerechnet, und erst bei null wird der Lohn ausbezahlt." So gibt es manchmal nur alle zwei Monate Lohn.

Die Abendblatt-Berichte über den Fall Antonia H., den die "Bild"-Zeitung bundesweit zur Titelgeschichte machte, haben in Deutschland eine Debatte, auch über Mindestlöhne, ausgelöst. Sprecher von CDU, SPD und FDP verurteilten die Praxis scharf. "Das ist überhaupt nicht akzeptabel, Menschen so auszubeuten", sagte Ralf Brauksiepe, sozialpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Er lehnte aber wie auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel gesetzliche Mindestlöhne ab (siehe Kasten unten).

Hamburgs Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) trifft sich heute mit Branchenvertretern zum Krisengipfel. Ziel ist ein gemeinsamer Appell gegen Dumpinglöhne.

Zahlreiche Unternehmer meldeten sich bereits beim Abendblatt. "Manche Hotels, auch in der Luxusklasse, erpressen die Reinigungsfirmen geradezu. Es ist eine Lüge, wenn die Hoteldirektoren behaupten, sie wüssten davon nichts", sagte Marc Peters (Name geändert), Objektleiter eines Anbieters.