Hamburg: Jugendliche berichten im Abendblatt. Chefredakteur bedauert Honorar an Jugendliche. Vorfall kommt vor Fernsehrat.
Hamburg. Das ZDF hat Fehler bei der Berichterstattung über den Hamburger Stadtteil Mümmelmannsberg eingeräumt. "Ich bedauere, daß die Produktionsfirma den Jugendlichen, die in dem Beitrag zu sehen waren, Geld gezahlt hat", sagte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender zum gestrigen Abendblatt-Bericht. "Das widerspricht den Grundsätzen des ZDF - und journalistischen Grundsätzen insgesamt." Brender kündigte an, das ZDF werde alle Produktionsfirmen noch einmal intensiv auf diese Grundsätze hinweisen.
Hintergrund: Jugendliche, die in einem Beitrag des Magazins "ZDF.reporter" am 29. März als extrem aggressive "Gang" dargestellt wurden, hatten für ihre Teilnahme 300 Euro bekommen. Dem Abendblatt sagten sie, sie seien von der für das ZDF tätigen Reporterin zu bestimmten Aussagen und zu Gewaltszenen angehalten worden.
Gestern hat sich das Abendblatt mit einigen der Jugendlichen den Film angesehen. Zwei in dem Beitrag als Feinde dargestellte junge Männer stellten sich dabei als gute Kumpel heraus. Sie hätten bestimmte Szenen erst ohne Kamera geübt. Die Reporterin habe immer gesagt "Mach mal mehr." Nicola Graef, Chefin der Produktionsfirma LonaMedia, deren Reporterin den Film drehte, bestritt, daß die Jugendlichen zu Gewalt oder zu bestimmten Aussagen angehalten worden seien. ZDF und Produktionsfirma räumten aber ein, daß eine "Aufwandsentschädigung" an die Jugendlichen und die Familie eines jungen Mannes gezahlt worden sei.
Der Vorgang wird nun auch den ZDF-Fernsehrat beschäftigen. Jan Henne De Dijn, Geschäftsführer der Hamburg Media School und Mitglied des Fernsehrates, sagte: "Der Vorfall wird definitv im Fernsehrat zur Sprache gebracht." Es sei "extrem bedenklich", wenn Journalisten in einer ohnedies angespannten Lage auf solche Weise arbeiteten. Im übrigen seien 300 Euro für Jugendliche als "Aufwandsentschädigung" eine völlig überhöhte Summe. Gerade das zunehmende "Outsourcing" - die Beauftragung von Fremdfirmen für Produktionen - berge Gefahren für die Qualität.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Olaf Scholz, ebenfalls Mitglied im Fernsehrat, sagte: "Die Vorwürfe sind so schwerwiegend, daß eine Stellungnahme des ZDF-Intendanten notwendig ist." Der Hamburger CDU-Medienpolitiker Roland Heintze forderte: "Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dürfen keine Beiträge gezeigt werden, die nicht seriös zustande gekommen sind." Es zeige sich, daß es nicht gut sei, bei solchen Dokumentationen auf Fremdanbieter zurückzugreifen. Auch der GAL-Medienpolitiker Farid Müller verlangte: "Gerade das ZDF als öffentlich-rechtlicher Sender muß an der Aufklärung ein besonderes Interesse haben."