So etwas darf in dieser Stadt nie wieder passieren. Eine klare Ansage der Politik, formuliert vor vier Jahren nach dem elenden Hungertod der...
So etwas darf in dieser Stadt nie wieder passieren. Eine klare Ansage der Politik, formuliert vor vier Jahren nach dem elenden Hungertod der siebenjährigen Jessica. Jetzt haben wir wieder ein totes Kind. Lara starb unterernährt, noch nicht einmal ein Jahr alt. Die Mutter, fast selbst noch ein Kind, überfordert, verantwortungslos, hilflos. Und ein Jugendamt, das die Geschichte dieser Familie ganz genau kannte, aber den Tod nicht verhindert hat. Ein zweiter Fall Jessica also? Um diese Fragen jetzt zu beantworten, ist es noch zu früh. Es ist eine Tragödie. Ob es auch ein Skandal ist, muss sich noch zeigen.
Doch ganz unabhängig davon wirft dieser Fall viele unangenehme Fragen auf. Wer dem Wilhelmsburger Kinderarzt zuhört, der berichtet, dass die meisten Eltern in seiner Praxis schlicht nicht wissen, welche Ernährung und Pflege ein Säugling braucht, der wird nachdenklich. Wer der Sozialarbeiterin zuhört, die berichtet, wie hoffnungslos überfordert sie mit ihren 120 Fällen ist, der wird fassungslos. Und wer hört, dass sie ganz genau weiß, dass viele Familien sie anlügen und eine heile Welt vorspielen, dass sie aber nichts dagegen tun könne vor lauter Überlastung, der wird wütend.
Eines muss klar sein: Es darf keinen totalen Überwachungsstaat in Hamburgs Kinderzimmern geben. Doch um weitere Tragödien zu verhindern, müssen die Anstrengungen verstärkt werden. Das heißt: mehr Personal, um jungen Müttern und Vätern zu helfen - und um sie im Zweifelsfall zu kontrollieren. Das kostet Geld. Wer das aber nicht ausgeben will, der wird sich daran gewöhnen müssen, dass auf Jessica und Lara noch weitere folgen könnten.
Es werden in diesen Tagen viele milliardenschwere Schutzschirme für Banken und Unternehmen gespannt. Doch die Schutzschirme für Kinder haben noch immer viele Löcher.