“Ich bin ein fast immer gut gelaunter Mensch, ich mach jeden Blödsinn mit, auch wenn man mich oft ärgert. Sonst gibt es über mich nicht viel, bin...

"Ich bin ein fast immer gut gelaunter Mensch, ich mach jeden Blödsinn mit, auch wenn man mich oft ärgert. Sonst gibt es über mich nicht viel, bin halt Mama und total glücklich mit meiner kleinen Pupsnase und glücklich vergeben." Das Selbstbild, das Jessica R. in einem Internetportal von sich zeichnet, ist sanft und liebevoll. "Windeln wechseln, auf Lara aufpassen, sonst nicht viel", seien ihre Hobbys, schreibt sie. Die "kleine Pupsnase", die neun Monate alte Lara, wurde vorgestern tot aus ihrer Wilhelmsburger Wohnung geborgen.

Es gibt auch eine andere Seite des Scheidungskindes Jessica R., Spitzname Jessy: jähzornig, stur, nur auf sich bedacht, Problemen aus dem Weg gehend, ohne Verantwortungsgefühl. Die Räume, die sie bewohnt, lässt sie zeitweise stark verdrecken. Fotos zeigen: Manchmal mischten sich Abfall, der Kot ihrer Kleintiere und Essensreste. "Jessica hat keinerlei Leidensdruck und keine Zielvorstellung. Sie erweckte nicht den Eindruck, dass sie die Schwangerschaft als Anstoß zu Veränderungen begreift", heißt es in einem Gutachten des Fachamtes Jugend und Familienhilfe des Harburger Bezirksamtes, das sich um die hochschwangere Jessica kümmern sollte. "Die Eltern haben keinerlei Einfluss auf Jessica", stellt das Fachamt darin weiter fest.

Neun Jahre alt ist Jessica, als sich ihre Eltern trennen. Die Verbindung zum Vater bricht völlig ab, bis sie mit 15 Jahren und auf eigenen Wunsch wieder Kontakt sucht. Wie stark die Trennung Jessicas Entwicklung bestimmt hat, kann nur vermutet werden. Stetigkeit jedenfalls fehlt in ihrem Lebenslauf: Den Hauptschulabschluss macht sie nicht. Allein in den letzten drei Jahren wechselt sie die Schule viermal. Geboren wurde sie im August 1990 im Harburger Krankenhaus Mariahilf. Die Familie zieht in den ersten neun Jahren dreimal um. Nach der Scheidung zieht sie zusammen mit ihrer Mutter, die das Sorgerecht hat, nach Wilhelmsburg. Gemeinsam mit dem neuen Freund der Mutter - ihrem späteren Stiefvater - folgen weitere Umzüge.

Später flüchtet Jessica zu ihrem Vater, dann in die Wohnung der Mutter ihres Verlobten Daniel C. 2008 bezieht sie dann ihre eigene Wohnung an der Weimarer Straße. "Jessica wollte immer auf eigenen Beinen stehen. Und sie wollte unbedingt Mutter sein", sagt ihr Vater. "Manchmal schien es so, als wolle sie sich durch ihre Mutterrolle von allen anderen Verpflichtungen, von der Schule und von ihrer Ausbildung, befreien."