Hamburg. Gerade zog Rose Pauly (86) für die FDP in die Bezirksversammlung Altona ein – trotz geringer Chancen. Welches Thema sie jetzt anpackt.
Mit 86 Jahren würden sich andere aufs Sofa legen und Kreuzworträtsel lösen. Für Rose Pauly kommt das auf keinen Fall infrage. Ganz im Gegenteil. Die Hamburgerin hat sich zu den Bezirkswahlen im Juni dieses Jahres aufstellen lassen und genügend Stimmen auf sich vereint, um als eine von vier Liberalen in die neue Bezirksversammlung von Altona einzuziehen. Diese hat sich am Donnerstag konstituiert. Nun beginnt die aktive Arbeit.
In den kommenden fünf Jahren will Rose Pauly einiges bewegen und hat sich ausgerechnet das Thema Verkehr ausgesucht. Ein im Bezirk Altona zuletzt besonders umstrittener Bereich. Aber das passt zu Rose Pauly, die von sich sagt: „Wenn ich mir etwas vornehme, dann bleibe ich dran und mache es auch, egal gegen welche Widerstände.“
Politik in Hamburg: Beim Straßenwahlkampf spuckten Rose Pauly die Leute vor die Füße
Davon können Wegbegleiter ein Liedchen singen. Es gibt viele Momente im Leben der 86-Jährigen, bei denen sie bewiesen hat, dass sie hartnäckig an Sachen dranbleiben kann. Ein Beispiel ist auch ihre politische Karriere. Angefangen hat alles in den 1980ern. „Mein erster Straßenwahlkampf für die FDP war in Bergedorf“, erinnert sich Pauly an eine durchaus turbulente Zeit. „Damals haben die Leute vor mir ausgespuckt.“ Doch das schreckte sie nicht ab, sie machte weiter.
Es schreckte sie auch nicht ab, dass sie mit Listenplatz 31 für die FDP bei den vergangenen Bezirkswahlen relativ chancenlos war. Pauly macht kräftig Wahlkampf. Unter dem Titel „Aktion Morgenröte“ ging es beispielsweise sehr früh an die Bahnhöfe in ihrem Wahlkreis Blankenese/Sülldorf/Rissen. Ab 7 Uhr wurden die Flyer am Infostand verteilt. Ihr Credo dabei: „Auf ein Gespräch muss man warten.“ Die engagierte Liberale drängt sich nicht auf. Gesprochen wurde dann viel. „Allerdings drehte es sich viel um die Bundespolitik“, berichtet Pauly.
Bezirkswahlen 2024 in Hamburg: Rose Pauly holt Direktmandat für die FDP
Ob es ihre Gesprächsstrategie, die unermüdliche Flyerverteilung oder ihr Bekanntheitsgrad als langjährige Dehoga-Präsidentin, heutige Ehrenpräsidentin oder ihre Zeit in der Hamburger Bürgerschaft war, am Ende hat es sich für Pauly ausgezahlt. Mit 3423 Stimmen gewann sie ein Direktmandat für die FDP. Sie ist damit eine von vier Liberalen, die ab jetzt in der neuen Bezirksversammlung von Altona sitzen.
„Ich habe mit Verkehr angefangen und nun höre ich damit auf“, erklärt Pauly ihren Wunsch, in diesem Ausschuss tätig zu sein. Und sie hat bereits klare Vorstellungen, wofür, sie sich einsetzen will: „Was ich wahrscheinlich überhaupt nicht durchsetzen werde, was ich aber trotzdem versuche: weniger Ideologie und mehr Pragmatismus in Verkehrsfragen.“
Bezirk Altona: Für eine politische Mehrheit braucht es die kleinen Parteien jetzt
Durch solche Sätze wird klar, warum aus einem festen und von manchen gewünschten Jamaika-Bündnis (Grüne, CDU und FDP) im Bezirk Altona nichts wird. Es wird bei der Tradition der wechselnden Mehrheiten bleiben. Im Unterschied zu den vergangenen Jahren werden dabei zwei Parteien nicht mehr für eine Mehrheit ausreichen. Es braucht die kleinen Parteien, wie eben die FDP, Linke oder die neuen von Volt, die mit drei Vertretern in die neue Bezirksversammlung von Altona eingezogen sind.
Nach der Sommerpause wird es dann auch um die Personalie der Bezirksamtsleiterin gehen. Für Rose Pauly ist klar, dass es eine Ausschreibung der Stelle geben muss. Wie berichtet, hat sich die FDP sehr deutlich gegen eine Wiederwahl von Stefanie von Berg (Grüne) ausgesprochen. SPD und Linke auch. Somit bleibt für eine Mehrheit, wenn die CDU überhaupt mitmacht, noch die AFD und die neuen von Volt.
Hamburgs älteste Bezirksabgeordnete: „Politik ist mein Gehirnjogging“
Pauly selbst verbindet keine gute Erinnerung an die umstrittene Bezirksamtsleiterin aus Altona. „In einer Rede hat sie die Politiker einmal als verantwortungslos bezeichnet, nur weil wir anderer Meinung sind. Bis heute ärgere ich mich, dass ich nicht ans Pult gegangen bin und das zurückgewiesen habe“, sagt Pauly.
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So hart wie sie in der Sache sein kann, so streng ist sie auch mit sich selbst. „Ich möchte körperlich und geistig fit bleiben. Das kann man nur, wenn man sich fordert“, erklärt Pauly. Deshalb startet sie in jeden Morgen mit einer Einheit Sport, „Grufti-Gymnastik“ nennt sie das selbst lächelnd. „Und Politik ist mein Gehirnjogging“, sagt sie weiter. Offenbar ist sie damit nicht allein.
Auf den Kandidatenlisten zur Bezirkswahl 2024 in Hamburg finden sich einige Kandidaten, die sogar noch deutlich älter sind als Rose Pauly. Ebenfalls gewählt wurde in Hamburg-Mitte für die CDU Gerhard Imholz (Jahrgang 1937), der sogar auf Listenplatz 53 stand und 2400 Stimmen erhielt. Eine Politikerin in ihrem Alter gibt es jedoch nicht.
Zur Person Rose Pauly
Die gelernte Diplomkauffrau, die in Düsseldorf 1938 geboren wurde, studierte später Volkswirtschaft und dann Betriebswirtschaft. Zusammen mit ihrem Mann und den zwei Kindern ging es nach verschiedenen Stationen in den 1960ern nach Hamburg. Ihr Mann trat damals den Job als Restaurant-Direktor im Hotel Vier Jahreszeiten an. 1967 bekam das Paar die Chance, sich selbstständig zu machen und das Restaurant im Finnlandhaus zu führen.
Kein Grund für Pauly, sich auszuruhen. Mit zwei kleinen Kindern nahm sie ihr Studium wieder auf. Morgens brachte sie die Kinder in die Kita, ging studieren, holte sie nachmittags wieder ab. Wenn die Kinder abends schliefen, passten Nachbarn auf und es ging ins Restaurant. Schon ihre Eltern waren in der Hotellerie und Gastronomie tätig. „Ich hatte mir als Jugendliche geschworen, bloß das nicht“, erinnert sich Pauly. Doch der Liebe wegen änderte sie ihre Einstellung. Ihre Tochter macht es ihr übrigens nach. Sie ist Chefin des The Westin Hamburg in der Elbphilharmonie. Ihre politische Karriere startete Rose Pauly in den 1980ern bei der FDP in Bergedorf.