Hamburg. Öffentlicher Infotermin für den geplanten Standort am Botanischen Garten wird ein emotionaler Abend mit unerwarteter Botschaft.
- Neue Flüchtlingsunterkunft: Eine Welle der Unterstützung
- Befürworter warten darauf, dass es losgeht und sie helfen können
- Wellen der Empörung und Entrüstung blieben aus
„Bitte bleiben Sie sachlich und werden Sie nicht zu emotional“, bat Altonas Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne) zu Beginn der mit rund 250 Interessierten gut besuchten Infoveranstaltung. Der sich anschließende zweistündige Abend drehte sich um die geplante neue Flüchtlingsunterkunft auf dem Parkplatz des Botanischen Gartens am S-Bahnhof Klein Flottbek und blieb auch größtenteils erstaunlich sachlich für das Thema. Nur das mit der Emotionalität, das klappte so gar nicht.
Auch nicht für Stefanie von Berg selbst oder die anderen Vertreter der Hamburger Behörden, die zahlreich auf dem Podium vertreten waren. Sie alle ließ nicht kalt, welche Welle der Unterstützung sie an diesem Abend erreichte. Denn die überwältigende Mehrheit derer, die gekommen waren, machten deutlich, dass sie die Pläne befürworten. Vielen gingen diese sogar nicht weit genug.
Flüchtlinge Flottbek: Anwesende sprechen sich für größere Unterkunft aus
Auf dem Besucherparkplatz vom Loki-Schmidt-Garten sollen sechs Wohncontainer entstehen, die vom kommenden Jahr an 144 Geflüchteten Platz bieten sollen. Mit der Uni Hamburg, der das Grundstück gehört, wurde eine Nutzungsdauer von fünf Jahren vereinbart. Fördern&Wohnen soll die Einrichtung betreiben, in der voraussichtlich vorwiegend Familien untergebracht werden.
„Viel zu kurz, könnte man das nicht verlängern, damit die Menschen nicht wieder aus ihrem Umfeld gerissen werden?“, wollte eine Anwohnerin wissen. „Viel zu klein, ginge das nicht größer?“, fragte der Nächste. Als ein Vertreter der Sozialbehörde anhand einer Karte aufzeigte, dass es bislang keine Unterkunft in Osdorf, Groß Flottbek, Nienstedten oder Blankenese gibt und sagte: „Wir haben uns auch deshalb bewusst dafür entschieden, die Kapazität hier zu nutzen, die uns zur Verfügung steht“ brandete lang anhaltender Applaus auf.
Flüchtlinge Hamburg: Flottbek zeigt deutlich Flagge für neue Unterkunft
Während es anfangs viele kritische Stimmen auch aufgrund der späten Informationspolitik gab und die Kritiker der gegründeten „Bürgerinitiative Hamburg für adäquate Flüchtlingsunterkünfte“ das Wort führten, haben sich die Befürworter in verschiedenen Gruppen bereits organisiert und warten nur darauf, dass es losgeht und sie helfen können. Wenn man den Zahlen glauben darf, die am Donnerstag genannt wurden, sind es mehr Helfer als Flüchtlinge überhaupt kommen werden.
Untermauert wurde das auch durch eine Aktion der ebenfalls gegründeten Bürgerinitiative „Flottbek ist bunt“. Die hatte kräftig im Vorwege getrommelt, zahlreiche Anwohner waren gekommen, um Flagge zu zeigen. Im wahrsten Sinne. Denn die Initiative verteilte vor der Tür bunte Flaggen an ihre Anhänger. Darunter ist auch die neu ernannte Sprecherin der Gruppe: Marie Meyer.
Warum sich die direkte Anwohnerin hier engagiere? „Ich möchte, dass die Menschen, die Schutz suchen, hier gut aufgenommen werden. Ich habe selber Kinder und vielleicht gehen ihre Kinder mit meinen zur Schule. Sie sollen sich willkommen fühlen“, erklärt Meyer, die Interessierte zu einem gemeinsamen Picknick am 7. Juni ab 16 Uhr auf dem Parkplatz einlud, auch um sich über Sorgen auszutauschen.
Staatsrätin der Sozialbehörde: „Unterkunft zu bauen, ist nicht das, was wir wollen“
Wellen der Empörung und Entrüstung blieben aus. Die kritischen Nachfragen der Vertreter der „Bürgerinitiative Hamburg für adäquate Flüchtlingsunterkünfte“ nach besseren alternativen Standorten, wie beispielsweise an der Osdorfer Landstraße auf einem deutlich größeren Grundstück oder dem ehemaligen Baumarktgelände am Rugenbarg, entgegnete Petra Lotzkat als zuständige Staatsrätin in der Hamburger Sozialbehörde routiniert.
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Mit Hinweis auf die hohe Zahl der ankommenden Geflüchteten und die geringe Anzahl an freien Plätzen in der Stadt sagte sie: „Seien Sie gewiss, wir prüfen jeden Standort und wenn es möglich ist, dann greife ich zu. Aber zusätzlich zu diesem Standort. Wir brauchen einfach jeden einzelnen Platz.“
Und am Ende hatte sie sogar eine Gemeinsamkeit mit den Kritikern, denn Lotzkat stellte klar: „Eine Unterkunft zu bauen, ist nicht das, was wir wollen.“ Viel lieber würde sie richtigen Wohnraum schaffen, aber das reiche angesichts der schwierigen Lage nicht aus. „Und so müssen wir Unterkünfte bauen.“