Hamburg. Nach jahrelangem Leerstand starten Bauarbeiten auf dem Grundstück an der Reventlowstraße. Aber wer einziehen wird, ist unklar.
Ein riesiger Kran ragt in den Himmel, auf dem Gehweg steht ein Baucontainer, es wird auch kräftig gebuddelt: An der Reventlowstraße in Othmarschen wird offensichtlich gebaut. Dabei geht es allerdings nicht um den derzeit so heiß diskutierten Bereich, der fahrradfreundlicher werden soll, sondern es geht um ein anderes Projekt nahe dem S-Bahnhof, das allerdings seinerzeit auch sehr umstritten war: Die vom Träger SterniPark geplante und von Nachbarn abgelehnte Kita in einer Villa im hiesigen Wohnviertel.
Nach jahrelangem Stillstand tut sich plötzlich etwas auf dem Gelände. Bauherr und weiterhin Besitzer der Immobilie ist SterniPark. Das bestätigt Geschäftsführerin Leila Moysich auf Abendblatt-Anfrage. Sie erläutert auch, was derzeit für Arbeiten auf dem Areal vonstattengehen. Doch wenn es um die zukünftige Nutzung der Villa geht, also wann denn wie viele Kinder hier betreut werden sollen oder wie die neue Kita dann heißen soll, wird es plötzlich sehr unkonkret.
Othmarschen: Nachbarn klagten gegen Kita, das sorgte bundesweit für Schlagzeilen
Rückblick: 2008 eröffnete die Kita in der kleinen grünen Villa in Othmarschen. Nur kurz darauf musste sie aufgrund von klagenden Nachbarn wieder schließen. Das ging bundesweit durch die Presse.
Da es sich bei dem Gebiet damals um ein besonders geschütztes Wohngebiet handelte, in dem laut Ansicht der Richter vom Hamburger Oberverwaltungsgericht eine Kita dieser Größe so nicht verträglich ist, änderten die Bezirkspolitiker eigens den B-Plan. Der Betreiber SterniPark veränderte kurzfristig den Nutzungsantrag, verkleinerte die Gruppen. Und so ging die umstrittene Kita mit Verspätung und unter Auflagen doch an den Start. Eine Zeitlang.
Langer Leerstand: Kinder wegen geplanter Umbauarbeiten vor sieben Jahren ausquartiert
Denn 2017 wurden die Kinder ausquartiert. Grund: SterniPark plante einen Umbau- beziehungsweise Erweiterungsbau an der Villa. Dann passierte lange nichts. Das Gebäude stand leer, mehfach fragten auch Politiker nach.
Unter anderem wollte die FDP vor drei Jahren wissen, was denn mit den in Zusammenhang mit dem Kita-Betrieb gezahlten Fördermitteln sei. Für die Flächenfinanzierung, die Baukosten und die Ersteinrichtung wurden demnach 715.600 Euro bewilligt, allerdings wurde das Gutscheinentgelt (Pauschale) um die investiven Anteile abgesenkt, um eine Doppelförderung zu vermeiden. Laut Förderrichtlinien ist der Träger für 50 Jahre verpflichtet, auf den geförderten Plätzen Kita-Kinder zu betreuen.
Laut aktuellen Angaben von SterniPark wurde die Summe von 715.500 Euro zwar bewilligt, ausgezahlt worden seien 500.000 Euro. Solange die Kita betrieben wurde, sei das Gutscheinentgelt (Pauschale) um die investiven Anteile abgesenkt worden. Die Differenz habe SterniPark an die Stadt HH zurückgezahlt und es bestehe daher auch keine Verpflichtung mehr, die Plätze 50 Jahre aufrechtzuerhalten.
Villa in Othmarschen wird umgebaut und durch Anbau vergrößert – doch wofür?
Als Grund für den Umzug der Kinder gab Geschäftsführerin Moysich damals an, dass man einen Anbau mit einem barrierefreien Übergang plane. Insgesamt solle die Kita dann Platz für 60 bis 70 Kinder bieten. Warum dann bis heute nichts passierte, erklärt die Geschäftsführerin so: „Die Abstimmungsprozesse für unseren An- und Umbau haben ihre Zeit gebraucht. Mittlerweile liegt eine Bau- und Nutzungsgenehmigung vor, von der wir Gebrauch machen.“
Das Haus werde derzeit umgebaut und durch einen Anbau vergrößert. „Dabei setzen wir auf Nachhaltigkeit und energetische, ökologische Sanierung. Wann die Arbeiten abgeschlossen sind, ist noch nicht vorhersehbar“, so Moysich. Wann und ob dann wieder eine Kita hier eröffnet oder eine andere Nutzung angedacht ist? Dazu gibt es keine konkrete Aussage, nur Anhaltspunkte.
SterniPark Hamburg: Kinderschutzhaus statt Kita in Othmarschen geplant?
Unter anderem verschwand jetzt das lange an der Villa angebrachte Banner, auf dem sich der Schriftzug befand: „Hier entsteht eine neue Kita.“ Auch auf der Internetseite des Trägers findet sich der Standort nicht unter geplante Kitas. Hier können sich Eltern über die neuen Projekte Baakenhafen in der Hamburger HafenCity, in Steilshoop und am Saseler Weg in Volksdorf informieren, wo der laut Eigenauskunft zweitgrößte Träger der Hansestadt sich weiter vergößert.
Gleichzeitig war in der Bezirksversammlung öffentlich Thema, dass SterniPark am Standort in Othmarschen eine Umnutzung anstrebe. Statt Kindergarten soll eine Wohngruppe entstehen. Darauf angesprochen, antwortet der Träger: „Zu etwaigen Kinderschutzeinrichtungen nehmen wir zum Schutz der Kinder grundsätzlich keine Stellung.“
Bezirk Altona: Ersteinrichtung in der Theodorstraße wird ebenfalls von SterniPark betrieben
Bei Altonas Bezirkspolitikern kommt die Idee nicht ganz so gut an. Grund sind die Probleme in der Ersteinrichtung Theodorstraße in Bahrenfeld, wo SterniPark ebenfalls eine Jugendhilfeeinrichtung mit laut Sozialbehörde 48 Plätzen betreibt. Aufgrund des großen Bedarfs wurde die Einrichtung allerdings zeitweise überbelegt, was zuletzt zu Schwierigkeiten und Beschwerden der Minderjährigen führte und die Politiker beschäftigte.
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„Die Sozialbehörde ist in allen Fragen der vorgebrachten Vorwürfe zur Theodorstraße im intensiven Austausch mit dem Träger zur vollständigen Klärung und Aufhebung jedweder festzustellender Mängel, die eine gute Unterbringung junger Schutzsuchender stören könnte“, erklärt der Sprecher der Behörde auf Anfrage. Das würden viele Bezirkspolitiker aber erst geklärt wissen, bevor weitere Standorte geöffnet werden.
Othmarschen: SterniPark betreibt bereits Unterkünfte für Kinder-Wohngruppen in Altona
Laut Sozialbehörde besteht ein Bedarf an Betreuungsplätzen für die Altersgruppe null bis sechs. Aufgrund der hohen Zuströme unbegleiteter minderjähriger Ausländerinnen und Ausländer in den vergangenen Monaten wurde die Nutzung zusätzlicher Betreuungskapazitäten erforderlich, um die Unterbringung Schutzsuchender zu gewährleisten. Ein weiterer Standort für solch eine Unterbringung in Altona ist in der Planckstraße geschaffen worden, wie die Sozialbehörde bestätigt. Auch hier ist der Träger SterniPark.
FDP-Politikerin Katarina Blume, die in der Vergangenheit SterniPark kritisiert hatte, sagt dazu: „Wir müssen als Bezirk Altona zu einer besseren Zusammenarbeit mit dem Träger finden.“ Denn es gebe keine anderen Anbieter, und der Bedarf sei nunmal groß.