Escheburg. Der neue Träger SterniPark stößt in Escheburg auf Widerstand - und spaltet den Ort. Dabei geht es auch um „Holocaust-Unterricht“.

Die Escheburger Kita „Strolche“ erlebte zum 1. August 2023 einen Trägerwechsel. Statt einer Elterninitiative übernahm SterniPark, ein freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe, die Regie. Mit den Hamburgern kehrte ein Konzept ein in den beiden Häusern am Schulweg, das in Teilen der Elternschaft auf heftigen Widerstand stößt. Da gehe es um einen Holocaust-Unterricht und Nacktheit, die nicht unterbunden würde, wenn sich ein Kind ausziehe, berichtet eine Mutter.

Sie möchte ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Sie sagt, sie habe Angst vor möglichen Nachteilen. „Eine andere Kita zu finden, ist so gut wie unmöglich“, meint die Mutter. Der neue Träger spalte die Elternschaft, erzählt sie. Offenbar prallen Welten aufeinander. „Mittlerweile geht ein Riss durch das Dorf. Ein Großteil der Eltern lehnt das Konzept ab, ein anderer Teil findet es aber auch gut. Das führt dazu, dass einige Kinder nicht mehr mit anderen Kindern spielen dürfen“, berichtet sie.

Kita SterniPark: Konzept zur Nacktheit sorgt für Wirbel in Escheburg

Die Gegner dieses Konzeptes beraten sich untereinander. Die Sorgen beziehen sich vor allem auf zwei Punkte: eine mögliche schockartige Wirkung einer Holocaust-Erziehung auf die kleinen Kinder und zudem eine befürchtete Sexualisierung. „Wir haben große Sorge, wie sich das alles weiterentwickelt. Warum muss man das forcieren?“, fragt die Escheburger Mutter. Einige Eltern würden rechtliche Schritte prüfen. Sie selbst wolle die Situation genau beobachten, als letztes Mittel dann eben doch ihr Kind herausnehmen.

Der Kita-Aufsicht des Kreises lägen Beschwerden über das Konzept vor, bestätigt Kreissprecher Tobias Frohnert auf Anfrage unserer Redaktion. Ihnen sei nachgegangen worden. „Es gibt aber von uns aus nichts zu bemängeln“, sagt er. Verständnis für die Eltern klingt aus seinen Worten aber auch durch: „Wir erkennen durchaus an, dass das Konzept ungewöhnlich ist für unseren ländlichen Raum“.

Informationsabend für die Eltern konnte nicht alle Wogen glätten

Ein Informationsabend in der vergangenen Woche mit der Kinderschutzbeauftragten Dr. Danuta Weigelt von SterniPark konnte nicht alle Wogen glätten. Immerhin soll es in Sachen Holocaust-Erziehung Entspannung geben für besorgte Eltern. „Der soll nur dann stattfinden, wenn Kinder aktiv fragen würden“, berichtet die Mutter aus Escheburg.

„Für SterniPark ist der Holocaust auch rund 80 Jahre nach Kriegsende Thema der Erziehung. Selbstverständlich müssen dafür dem Alter der Kinder entsprechende Formen gefunden werden. Die Grundlagen legt man nicht mit der möglichst frühzeitigen Information über die Geschichte, sondern mit der Erziehung zur Toleranz und gegen das Vorurteil. Auf dieser Basis wird man dann auch auf Tatsachen, die kaum zu verstehen sind, zu sprechen kommen können“, erläutert SterniPark-Geschäftsführerin Leila Moysich den pädagogischen Ansatz.

Neuer Kita-Träger wurde per Ausschreibung gesucht und gefunden

Zur Kita am Schulweg gehören Krippe-, Elementar- und Waldgruppe, insgesamt rund 110 Kinder werden betreut. Der älteste Kita-Standort in Escheburg besteht seit 1987. „Die Strolche“ gehen zurück auf eine private Elterninitiative, die zu einer Vereinsgründung für die Trägerschaft führte. Im vergangenen Jahr wurde nach einer Ausschreibung ein neuer Träger gefunden. Der zeitliche Aufwand, auch bedingt durch das neue Kita-Gesetz in Schleswig-Holstein, war für die Ehrenamtlichen nicht mehr zu leisten gewesen.

Das neue Hinweisschild zur Kita SterniPark ist sachlich nüchtern. Auf niedliche Bezeichnungen in der Art von „Kita Käferchen“ wird grundsätzlich verzichtet.
Das neue Hinweisschild zur Kita SterniPark ist sachlich nüchtern. Auf niedliche Bezeichnungen in der Art von „Kita Käferchen“ wird grundsätzlich verzichtet. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Am Ende des Verfahrens blieben zwei Bewerber übrig, SterniPark erhielt den Zuschlag. Damit ist auch der Name der „Strolche“ passé. Auf dem Straßenschild am Stubbenberg mit dem Hinweispfeil für die Anfahrt steht jetzt nur noch nüchtern „Kita SterniPark“. Auf niedliche Namenszusätze aus dem Reich der Pflanzen oder Tiere, wie bei Kitas meist üblich, wird grundsätzlich verzichtet.

SterniPark verteidigt sich gegen die Vorwürfe der Sexualisierung

SterniPark - gegründet 1990 als Kita im Hamburger Sternschanzenpark, daher der Name - ist laut Eigenauskunft mittlerweile der zweitgrößte Träger in der Hansestadt mit Verantwortung für 21 Kitas in Hamburg und nunmehr auch zweimal in Schleswig-Holstein vertreten. Neben der Kita in Escheburg gibt es noch eine weitere im Kreis Schleswig-Flensburg.

Leila Moysich verteidigt die Einrichtung auf Nachfrage unserer Redaktion gegen die Vorwürfe der Sexualisierung. Für sie sei die Kritik aus Escheburg ein einmaliger Vorgang, entsprechendes habe es in den anderen Häusern nicht gegeben. Zumal andere Träger ganz ähnliche Konzepte verfolgten, wundert man sich bei SterniPark „Es geht um die Entwicklung des Selbstbewusstseins. Die Neugierde des Kindes bezieht sich auf alles, selbstverständlich auch auf den eigenen Körper. SterniPark lehnt Einschränkung von Kindern auch in diesem Bereich ab“.

Kinder sollen positives Verhältnis zum eigenen Körper aufbauen

Ausgenommen seien Formen der Entfaltung, bei denen Kinder sich selbst gefährdeten oder keine Rücksicht auf die Bedürfnisse und Interessen anderer Kinder genommen würden. Nur Kinder, die ein ungebrochenes, positives Verhältnis zu ihrem eigenen Körper hätten, seien mit sich selbst zufrieden.

Durch die Pädagoginnen würden die Kinder lernen, klar Nein und Stopp zu sagen, diese würden zudem darauf achten, dass es zu keinen Grenzüberschreitungen komme, sagt Leila Moysich zur Befürchtung, dass Kinder von anderen Kindern zu Handlungen genötigt werden könnten, die sie eigentlich ablehnten.

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Sie verweist auf das eigene Kinderschutzkonzept zum Thema Nacktheit. „Kinder haben ein Recht auf Achtung ihrer Intimsphäre. Sie dürfen in der Kita nackt herumlaufen, wenn es warm genug und ihnen danach ist. Es ist aber auch unbedingt zu akzeptieren, wenn sie es nicht mögen.“ Die Escheburger Mutter überzeugt der erlaubte freizügige Umgang mit dem Dresscode bis hin zur Nacktheit nicht. „Wenn die Kinder in die Schule kommen, müssen sie bis dahin auch gelernt haben, angezogen zu bleiben“.