Hamburg. Lange war die Zukunft der Traditionsgaststätte in der Schanze offen. Jetzt sind die neuen Betreiber am Ruder – und haben viel vor.

  • Das Kult-Lokal Erika‘s Eck hat neue Inhaber – und die haben große Pläne
  • Zurück zu den Wurzeln statt alles neu
  • In dem Restaurant in der Schanze geht es zukünftig wieder mehr um Tradition, auch bei den Öffnungszeiten

An seinen ersten Besuch im Erika’s Eck kann sich Marco Rütjes noch ziemlich genau erinnern. 2017 arbeitete er als Betreiber des „Treffpunkts“ auf dem Hamburger Dom und hatte nach einer anstrengenden Schicht richtig Granit. Also ab in die Schanze: „Ein paar Schausteller kannten Erika’s Eck und meinten, dass es auch noch zu später Stunde deftiges Essen in großen Portionen gibt. Ich bin von meinem Pfefferschnitzel definitiv satt geworden. Mir hat der Laden sofort gefallen.“

Seit dem 1. Januar – knapp sieben Jahre nach seinem ersten Schnitzel – ist er nun gemeinsam mit Lebensgefährtin Sandra Bagociunaite neuer Eigentümer des Kultlokals am Rande des Schlachthofs.

Erika‘s Eck in Hamburg: Das ändert sich im Kult-Restaurant in der Schanze

Gastronomie liegt dem in Kleve geborenen Rütjes in den Genen. Am Niederrhein übernahm er von seinen Eltern mehrere Imbisse. Es kamen Veranstaltungen und Volksfeste – wie der Dom – hinzu. 2017 verließ er die Heimat und zog nach Hamburg. Dort betreibt er als Franchise-Unternehmer neben Erika‘s Eck noch die Eisdiele Häagen-Dazs an den Landungsbrücken und das Immergrün in der Europa Passage.

Das Kultlokal Erika‘s Eck in der Schanze ist berühmt für seine Schnitzel und belegten Brötchen. Darauf wollen auch die neuen Eigentümer setzen.
Das Kultlokal Erika‘s Eck in der Schanze ist berühmt für seine Schnitzel und belegten Brötchen. Darauf wollen auch die neuen Eigentümer setzen. © HA | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Auch seine Lebensgefährtin Bagociunaite ist Gastronomin aus Leidenschaft. Gemeinsam mit Rutjes hat die gebürtige Litauerin vor anderthalb Jahren das Café Capo´s Coffee in Ottensen eröffnet. Nun liegt der Fokus aber auf Erika‘s Eck.

Kult-Restaurant Erika‘s Eck in der Schanze stand seit Juli 2023 zum Verkauf

Im vergangenen Juli hatte der ehemalige Eigentümer Stefan Wilms eine Online-Annonce auf dem Portal Immobilienscout24.de geschaltet. Wenig später wurde diese zwar wieder gelöscht. Die Gerüchte über einen Verkauf rissen aber nicht ab. Schnell wuchs gerade bei Stammgästen die Sorge, dass Erika‘s Eck womöglich bald Geschichte sein könnte. Über einen Zeitungsartikel wurden Rütjes und Bagociunaite auf die frei werdende Immobilie in Hamburg aufmerksam. Es folgte der Griff zum Telefon.

Die Kontaktaufnahme mit Stefan Wilms gestaltete sich im vergangenen Sommer zunächst etwas schwierig, doch das Duo blieb hartnäckig. „Ende des vergangenen Jahres hat es dann endlich geklappt. Wir haben uns getroffen, und am 31. Dezember konnten wir den Vertrag unterschreiben. So konnten wir gleich aus zweierlei Gründen an Silvester anstoßen“, sagt Rütjes, der sich am Ende gegen drei Mitbewerber durchsetzen konnte.

Erika‘s Eck kooperiert künftig mit Lieferdienst-Gigant Lieferando

Für Rütjes und Bagociunaite ist das Restaurant eine Herzensangelegenheit. Vor allem der urige Charme hat die beiden neuen Eigentümer von Tag eins an ebenso gepackt wie die lange Historie des Lokals. Man denke an die Zeit, als am frühen Morgen die Schlachthofmitarbeiter Schlange standen, um leckere Brötchen mit selbst gemachtem Mett vor der Schicht zu genießen.

Bereits ein eingespieltes Team: Sandra Bagociunaite, Marco Rütjes und die langjährige Mitarbeiterin Agnieszka Pranowitz (r.).
Bereits ein eingespieltes Team: Sandra Bagociunaite, Marco Rütjes und die langjährige Mitarbeiterin Agnieszka Pranowitz (r.). © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Mitarbeiterin Agnieszka Pranowitz ist seit knapp 15 Jahren angestellt und gehört fast schon zum Inventar. Sie erinnert sich gern an die guten alten Zeiten, in denen in der Spitze bis zu 2000 Brötchenhälften pro Tag über den Ladentisch gingen. Auch aktuell gehören belegte Brötchen – neben diversen Schnitzelvarianten und Roastbeef mit Bratkartoffeln – zu den Bestsellern.

Warum die neuen Eigentümer von Erika‘s Eck auf eine Modernisierung verzichten

„Wir machen die Salate und das Mett selbst. Viele Bäcker nutzen inzwischen Margarine, weil es günstiger ist. Bei uns gibt es das nicht. Wir nehmen Butter, wie es sich gehört“, sagt Pranowitz.

„Es wird immer seltener, dass gutbürgerliche und selbst gemachte Hausmannskost angeboten wird. Veganes Essen bekommt man gerade hier in der Schanze an jeder Ecke, aber ein echtes, selbst geschnittenes und handgeklopftes Schnitzel mit selbst gemachten Beilagen gibt es nicht mehr oft“, sagt Pranowitz mit Stolz in der Stimme.

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Daher überrascht es nicht, dass die neuen Eigentümer an Konzept, Einrichtung und Personal festhalten. „Bis auf eine Kollegin sind alle an Bord geblieben. Einige hatten auch schon gekündigt, aber wir konnten sie umstimmen“, erklärt Rütjes.

Lediglich in der Küche wird in einen neuen Grill und eine Dunstabzugsanlage investiert. Mittelfristig soll auch energieeffizientere Technik eingesetzt werden. Für den Kunden wird sich aber nichts ändern. „Viele Gastronomen ändern nach dem Kauf gleich alles, wollen alles moderner gestalten, aber wir wollen, dass es so original bleibt, wie es ist. Moderne Läden findet man gerade in der Schanze überall. Einen Laden wie Erika‘s Eck habe ich in Hamburg jetzt nicht so oft gesehen“, erklärt Bagociunaite.

Erika‘s Eck: Restaurant in Hamburg soll seinen Charme von früher behalten

Das Motto der neuen Besitzer: Zurück zu den Wurzeln. Rutjes und Bagociunaite haben sich unmittelbar nach der Übernahme dazu entschieden, die Biermarke zu wechseln. Ratsherrn Pils wird durch Duckstein und vor allem Astra ersetzt. „Das wurde hier früher schon ausgeschenkt“, erklärt der neue Inhaber. Traditionen muss man eben pflegen.

Viel wichtiger als die Marke des „kühlen Blonden“: die Öffnungszeiten. Diese haben Erika‘s Eck über Jahrzehnte von der Masse abgehoben und sollen das auch künftig wieder tun. Nach und nach werden wieder mehr Tage hinzukommen, in denen hungrige Nachtschwärmer und Frühaufsteher in den Genuss von deftiger Hausmannskost kommen können.

„Gerade so Richtung Frühling, wenn es wärmer wird, werden wir sukzessive weitere Tage mit den alten Öffnungszeiten testen. Wir hoffen, dass wir von den Einnahmen her wieder an die Zeit vor der Corona-Pandemie anknüpfen können. Ich bin überzeugt, dass wir weiterwachsen können, wenn wir den Qualitätsstandard beibehalten“, sagt Rütjes.

Erika‘s Eck – das sind die aktuellen Öffnungszeiten:

  • Montag: 17 bis 22 Uhr
  • Dienstag und Mittwoch: 6 bis 22 Uhr
  • Donnerstag: 6 bis 15 Uhr und 17 bis 0 Uhr
  • Freitag: 0 bis 15 Uhr und 17 Uhr bis 0 Uhr
  • Sonnabend: 0 bis 9 Uhr und 17 bis 0 Uhr
  • Sonntag: 0 bis 9 Uhr und 17 bis 22 Uhr

Um noch mehr Menschen mit Schnitzel, Roastbeef und belegten Brötchen zu erreichen, wird die Kooperation mit dem Lieferdienst Wolt fortgesetzt. Darüber hinaus arbeitet Erika‘s Eck darüber auch noch mit Lieferando zusammen. „Davon erhoffen wir schon noch mal einen Schub“, sagt Rütjes.

Darüber hinaus wolle man auch vermehrt auf Social Media stattfinden. „Es ist wahnsinnig schwer, Erika‘s Eck noch bekannter zu machen. Daher wollen wir einfach noch präsenter werden“, sagt Rütjes. Da passt es ins Bild, dass sich die neuen Inhaber mit einem Video auf der Instagramseite der Öffentlichkeit vorgestellt haben.

Seit der Übernahme Anfang des Jahres nimmt der Gastronom eine zunehmende Verjüngung seines Publikums wahr. Viele Start-ups sind in der Schanze angesiedelt, auch Studentengruppen kommen immer häufiger zum Frühstück in die rustikale Lokalität an der Sternstraße 98. Demnächst haben sich 25 Personen der Online-Marketingagentur OMR, die ihre Büros in unmittelbarer Nähe haben, angekündigt.

Erika‘s Eck: In dem Lokal in der Schanze soll es auch Mittagstisch geben

„An einem meiner ersten Tage hier kam ich in den Laden, es waren alle Plätze belegt, und kaum ein Gast war älter als 25 Jahre. Das hat mit gewundert, aber auch gefreut“, sagt Rütjes. Als zusätzlichen Service wird es in Kürze einen Mittagstisch geben.

Mit jeder Schicht mehr steigt auch die Chance, dass Marco Rütjes selbst anpacken muss. „Meine Leidenschaft wäre der Posten hinter der Bar, aber wenn Not am Mann ist, dann packe ich auch in der Küche mit an.“