Hamburg. Nach einer dramatischen Abstimmung setzten sich Grüne und Linke im Bezirk Altona durch. Was in der Einkaufsstraße jetzt alles geplant ist.

  • Auf der Waitzstraße kam es in jüngster Vergangenheit immer wieder zu Unfällen
  • Deshalb soll jetzt die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 10 km/h gesenkt werden
  • Außerdem soll es vor Ort einen Shuttle-Service zu den Arztpraxen geben

Findet das monatelange Gezerre um eine Lösung für den Unfallschwerpunkt Waitzstraße nun sein Ende? In der Bezirksversammlung Altona wurde am späten Donnerstagabend ein Antrag von Grünen und Linken mit der Mehrheit beider Fraktionen angenommen, in dem diverse technische und organisatorische Veränderungen für die beliebte Einkaufsstraße in Groß Flottbek, in der es immer wieder kracht, gefordert werden.

Verkehr Hamburg: Waitzstraße – künftig soll Tempo 10 gelten

Die wichtigsten Änderungen: Die umstrittenen Schrägparkplätze vor den Geschäften an der Nordseite der Waitzstraße bleiben zwar erhalten. Sie sollen aber durch weitere Vollstahlpfosten (umgangssprachlich: „Poller“) ergänzt werden.

Außerdem sollen mögliche „Engstellen für den Fußverkehr“ identifiziert und behoben werden – möglicherweise durch „Querungshilfen“. Überraschend soll in der Waitzstraße die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von jetzt Tempo 20 auf Tempo 10 abgesenkt werden – was für einige kurios erscheint, da die Unfälle an der Straße nichts mit zu hoher Durchfahrtsgeschwindigkeit zu tun hatten.

Waitzstraße: Shuttleservice mit Modellcharakter soll kommen

Außerdem soll es vor Ort einen „Bringdienst“ (auch: Ride-Sharing Service beziehungsweise Shuttleservice) primär für ältere Menschen geben. Dieser soll in Zusammenarbeit mit den örtlichen Arztpraxen und der IG Waitzstraße angeschoben werden, „um die Akzeptanz und die Nachfrage des Angebots zu unterstützen“. Bei Erfolg soll dieser Service auch Modellcharakter für andere Stadtteile haben. Zudem wird es vor Ort neue Parkplätze für Lastenfahrräder geben.

Die Diskussion rund um die „Waitze“ ist damit aber nicht beendet. Denn mit den Stimmen von Grünen und Linken wurde auch ein „Sicherheits-Audit“ beschlossen, also eine erneute Überprüfung durch Fachleute.

Waitzstraße: Aufregung um weitere Sicherheitsüberprüfung

Dabei soll geklärt werden, welche baulichen Besonderheiten genau vor Ort die hohe Zahl an „Einparkunfällen“ in den vergangenen Jahren begünstigt haben und wie dort Abhilfe geschaffen werden kann.

Die Antragsteller sprechen explizit von möglichen Verbesserungen „bevorzugt durch kleinere Eingriffe“, was also – sollte die Notwendigkeit gesehen werden – auch weitere Umbauten nicht ausschließt.

Abstimmung über die Waitzstraße mit denkbar knappem Ergebnis

Das Abstimmungsergebnis war denkbar knapp ausgefallen: Nach hitziger Debatte stimmten 25 Abgeordnete für den Antrag von Grünen und Linken, 23 dagegen. Zuvor war in der Sitzung zum zweiten Mal ein Antrag von CDU, SPD und FDP (unterstützt von der AfD) knapp gescheitert, in dem nur die ergänzende „Verpollerung“ der Schrägparkplätze gefordert wurde.

Die Einrichtung eines Shuttleservice sollte in diesem Antrag als Prüfauftrag vergeben werden. Zwei Abgeordnete aus diesem Lager fehlten krankheitsbedingt.

Dass nun der im Vergleich dazu viel weitreichendere Antrag von Grünen und Linken auf den Weg gebracht wird, sorgt bei CDU und FDP für Verbitterung. „Für mich ist der jetzt beschlossene Antrag ganz klar ein gut getarnter Vorstoß, um aus der Waitzstraße Stück für Stück eine Kommunaltrasse zu machen“, sagt die FDP-Fraktionschefin Katarina Blume.

„Den Grünen ist jedes Mittel recht, um ihre ideologische Verkehrspolitik durchzusetzen.“ Großflächige Parkplätze für Lastenräder, Querungshilfen für Fußgänger und eine erneute Sicherheitsüberprüfung seien nur Maßnahmen, um die Waitzstraße „durch die kalte Küche“ autofrei und so letztlich tot zu machen.

Verkehr Hamburg: Tempo 10 für Waitzstraße – für CDU „absoluter Blödsinn“

Ähnlich der CDU-Fraktionsvorsitzende Sven Hielscher: „Nun wird nach dem Besuch der Unfallkommission schon wieder die Sicherheit der Waitzstraße überprüft“, sagt Hielscher. „Nach meinem Eindruck soll so lange geforscht werden, bis irgendein ,Experte‘ die Straße für gefährlich erklärt, damit sie sukzessive für Autos dichtgemacht werden kann.“

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Laut Hielscher stehe dann der Bestand zahlreicher Läden vor Ort „auf der Kippe“. Die Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 10 nennt Hielscher „absoluten Blödsinn“.

Verkehrsexperte der Grünen: „Kommunaltrasse wird es nicht geben“

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Holger Sülberg, weist die Vorhaltungen zurück. „Unser Antrag ist kein Schleichweg für einen heimlichen Riesenumbau der Waitzstraße“, sagt Sülberg. „Eine Kommunaltrasse wird es nicht geben.“

Nach der Begutachtung der Waitzstraße durch die Unfallkommission hätten sich allerdings weitere Detailfragen zur Sicherheit vor Ort ergeben, die nun beantwortet werden müssten. Im Idealfall sollte das laut Süllberg von „externen Experten“ geleistet werden. Sollte diese externe Begutachtung dann doch „tiefergreifende Maßnahmen“ empfehlen, werde das weitere Vorgehen „auf jeden Fall neu diskutiert“.

Waitzstraße: Geschäftsleute fürchten „Parkplatzabbau durch Hintertür“

Wie berichtet, sammeln zahlreiche Geschäftsleute entlang der Einkaufsmeile unter dem Motto „Hände weg von der Waitzstraße“ seit Monaten Unterschriften gegen tiefgreifende bauliche Veränderungen. „Durch das angestrebte Sicherheitsaudit und weitere mögliche Streichungen von Schrägparkplätzen bleibt das Risiko eines Parkplatzabbaus durch die Hintertür bestehen“, sagt der Sprecher der Interessengemeinschaft (IG) Waitzstraße, Andreas Frank.

Und Geschäftsmann Arne Ehlers sagt: „Die IG wird die weitere Entwicklung intensiv verfolgen, und wir erwarten die Einbeziehung in die konkrete Ausgestaltung.“