Hunderte Leser sagen ihre Meinung. Bürger in “Gefahrengebieten“ einig: “Steine auf Menschen werfen geht gar nicht.“ Am Mittwochabend kam es auf St.Pauli wiederum zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Hamburg. Der Aufruf des Hamburger Abendblatts gegen Gewalt in der Stadt ist auf eine riesige Resonanz gestoßen. Hunderte Leser, die sich mit den verletzten Polizisten solidarisieren und ein Ende der Ausschreitungen fordern, haben sich gemeldet.
Das Gewaltmonopol liege beim Staat, schrieb etwa Christian Lamberti: „Eine Akzeptanz dieses Gewaltmonopols ist Voraussetzung für eine friedliche Auseinandersetzung.“ Heino Peters gab zu bedenken: „Die geschlossene, sich zur Gewaltfreiheit bekennende Bürgerschaft kann mehr ausrichten als die Polizei mit der Einrichtung von Gefahrenzonen.“ Und Anna Ch. Kuhtz mailte, sie sei in Gedanken „bei den Menschen in Altona, die die Lebensqualität in ihrem schönen Wohnbezirk allmählich mehr und mehr verlieren“.
Auch die Bürgerschaftsfraktionen unterstützen die Aktion „Hamburger gegen Gewalt“. Der Aufruf sei ein „sehr ermutigendes Zeichen“, sagte der SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Meinungsverschiedenheiten dürften nie Anlass für Gewalt sein. „Und es ist gut, dass dieser demokratische Konsens eines friedlichen und toleranten Miteinanders von ganz vielen Hamburgern in diesen Tagen bekräftigt wird.“
„Selbstverständlich unterstützen wir den Aufruf gegen Gewalt“, sagte auch CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Die Rote Flora könne die Stadt bereichern. „Aber von dort darf keine Gewalt ausgehen“, so Wersich, der zugleich betonte: „Der Aufruf gegen Gewalt allein reicht nicht.“ Es müsse zum Beispiel über Situation und Ausstattung der Polizei gesprochen werden.
„Wir freuen uns, dass unsere Idee für ein Bündnis gegen Gewalt so eine große Resonanz erfährt“, sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. „Es ist gut, wenn die größte Zeitung der Stadt sich ebenfalls für ein solches Bündnis einsetzt. Je mehr Menschen und Organisationen den Aufruf von Abendblatt und Grünen unterstützen, desto besser.“ „Politische Auseinandersetzungen müssen in der Demokratie immer mit friedlichen Mitteln geführt werden“, sagte auch FDP-Fraktionschefin Katja Suding. Das gelte ebenso für extremere politische Positionen. „Wir fordern alle Bürger unserer Stadt auf, sich dem Aufruf anzuschließen.“
„Politische Konflikte müssen politisch ausgetragen werden“, sagte Christiane Schneider, innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion. „Das heißt für uns: Gewaltfreiheit auf der einen, strikte Rechtsstaatlichkeit auch unter schwierigen Bedingungen auf der anderen Seite.“ Deshalb müssten die Vorfälle aufgeklärt, das Verhalten der Polizei transparent gemacht und die Gefahrengebiete aufgehoben werden. Die Bewohner dieser Gebiete zeigten sich genervt vom Ausnahmezustand. Dem Abendblatt sagten viele, sie verurteilten die Gewalt, hielten die Ausweisung als Gefahrengebiet aber für überzogen. Einig waren sie sich darin: „Steine auf Menschen werfen geht gar nicht.“
Am Mittwochabend kam es auf St.Pauli wiederum zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Beamten hätten Aufzüge unter anderem auf der Otzenstraße, der Budapester Straße, der Brigittenstraße und am Neuen Pferdemarkt gestoppt, sagte ein Polizeisprecher. Bei den unangemeldeten Demonstrationen seien erneut Böller geflogen.