Essen. NRW weitet Rechte der Mieter auf 57 Städte aus. Warum Ministerin Scharrenbach dennoch sagt, dass die Mietpreisbremse nicht funktioniere.

Die NRW-Landesregierung weitet den Mieterschutz deutlich aus. Die Mietpreisbremse soll ab 1. März 2025 in 57 statt bislang 18 Städten greifen. Das hat das Landeskabinett beschlossen. Doch weder die zuständige Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) noch der Mieterbund zeigen sich wirklich zufrieden.

Von gesetzlich gedeckelten Mieterhöhungen können erstmals auch Menschen im Ruhrgebiet profitieren: Ab März soll die Mietpreisbremse auch in Dortmund greifen. Die westfälische Metropole ist allerdings auch die einzige Stadt im Revier, denen vom Land bestellte Gutachter einen „angespannten Wohnungsmarkt“ attestieren. Dortmund steht damit auf einer Stufe etwa mit Köln, Düsseldorf, Aachen, Münster, Bonn, Krefeld oder Leverkusen, wo das Wohnen im Vergleich zum durchschnittlichen Einkommen besonders teuer ist.

Mietpreisbremse soll in 57 NRW-Städten greifen

In insgesamt 57 NRW-Kommunen haben Mieterinnen und Mieter nun erweiterte Rechte:

  • In bestehenden Verträgen dürfen die Mieten maximal um 15 Prozent in drei Jahren angehoben werden. Regulär sind 20 Prozent.
  • Bei einer Neuvermietung darf die Miete nur maximal zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen. In der Regel sind es 15 Prozent.
  • Die sogenannte Kündigungssperrfrist wird von allgemein drei Jahren auf acht Jahre verlängert. Auf diese Weise sollen Mieterinnen oder Mieter nach der Umwandlung und dem Verkauf einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung vor einer Eigenbedarfskündigung durch die neuen Eigentümer geschützt werden. Der Eigentümerverband Haus & Grund beobachtet, dass Eigenbedarfskündigungen zunehmen, weil Kinder von Hausbesitzern auf dem Markt keine Wohnung finden.
Landesbauministerin Ina Scharrenbach (CDU) weitet die Mietpreisbremse in NRW aus und fordert den Bund auf, die Regeln zu novellieren.
Landesbauministerin Ina Scharrenbach (CDU) weitet die Mietpreisbremse in NRW aus und fordert den Bund auf, die Regeln zu novellieren. © dpa | Gianni Gattus

Alle diese Errungenschaften gelten zunächst einmal aber nur auf dem Papier. Mieterschützer beklagen die hohen Hürden, um die Mietpreisbremse zu betätigten. So müssten die Mieter den Vertrag mit der höheren Miete erst einmal unterschreiben, um den Vermieter anschließend zur Einhaltung der Mietpreisbremse aufzufordern. Sie könne zudem umgangen werden, wenn die Wohnung zum Teil mit Möbeln ausgestattet ist oder der Mietvertrag für einen befristeten Zeitraum geschlossen wird.

Diese Probleme kennt freilich auch NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach. Mit der Verabschiedung der Mietpreisbremse im Landeskabinett folgt im gleichen Atemzug ihre Kritik. „Die Mietpreisbremse in ihrer bestehenden Form funktioniert nicht. Um Mieterinnen und Mieter etwa vor Mietwucher zu schützen, bedarf es bundesgesetzlich mehr Anstrengungen als bisher“, sagt sie und spielt den Ball nach Berlin.

Einen Ansatz sieht die CDU-Politikerin darin, die Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetzbuch zu überarbeiten. „Nordrhein-Westfalen und weitere Länder haben dazu im Bundesrat einen Vorstoß gemacht. Die im Amt befindliche Bundesregierung hat diesen Ansatz bisher nicht aufgegriffen“, moniert Scharrenbach, die als mögliche Bundesbauministerin unter einem Kanzler Friedrich Merz gehandelt wird.

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Der Mieterbund NRW hatte bereits in der vergangenen Woche bemängelt, dass im Ruhrgebiet nur Dortmund unter die Mietpreisbremse fallen soll. „Angespannte Wohnungsmärkte“ mit hohen Wohnkosten und zahlreichen Transferleistungsempfängern gebe es vielmehr auch Essen, Duisburg und Bochum. Gleichwohl begrüßt er, dass das Land der NRW die Mietpreisbremse zunächst für ein Jahr verlängere und ausweite.

Mieterbund-Landesvorsitzender Hans-Jochem Witzke fordert dennoch wie Ministerin Scharrenbach vom Bund Reformen. „Bei der Mietpreisbremse fordern auch wir weniger Schlupflöcher und mehr Sanktionsmöglichkeiten“, sagt Witzke unserer Redaktion. „Allerdings darf sie auf gar keinen Fall beerdigt und sollte stattdessen von der nächsten Bundesregierung umgehend verlängert werden.“

Vonovia-Chef Buch: Manager brauchen keine subventionierten Wohnungen

Auch Rolf Buch, Chef des Bochumer Dax-Konzerns Vonovia, hatte sich jüngst nicht generell gegen eine Verlängerung der Mietpreisbremse ausgesprochen, aber eine Reform angemahnt. Seine Tochter, die in Frankfurt am Main einen guten Job habe, profitiere dort von der Mietpreisbremse: „Ehrlich gesagt bin sogar ich der Mieter, weil die Vermieterin an Berufsanfänger nicht vermietete“, sagte Buch in Berlin. Warum der Vorstandsvorsitzende von Vonovia (Jahresgehalt: zuletzt mehr als vier Millionen Euro) eine preisgedeckelte Wohnung mieten müsse, sei nicht ersichtlich, sagte Buch vor rund 200 Unternehmern. „Und für die meisten von ihnen hier im Raum gilt das auch, sie alle brauchen keine subventionierten Wohnungen, weder für sich noch für ihre Kinder“.

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